Deutschland im UN-Sicherheitsrat – mit Sicherheit bedingt selbständig
Autor : e-politik.de Gastautor E-mail: redaktion@e-politik.de Artikel vom: 05.10.2002
Am Freitag, den 27. September ist Deutschland als nichtständiges Mitglied in
den UN-Sicherheitsrat gewählt worden. Ab Januar 2003 beginnt die
Mitgliedschaft. Markus Kink über die Herausforderungen.
Es werden schwere erste Monate, denn eines ist sicher: Gerade die USA werden
ihrem aufsässigen Verbündeten genau auf die Finger schauen, wenn Deutschland
im Januar seinen Sitz als nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates
einnimmt.
Nach den Verstimmungen in der Irak-Frage und der peinlichen Affäre um den
vermeintlichen Bush-Hitler-Vergleich der ehemaligen Justizministerin, werden
die internationalen Beziehungen Deutschlands erneut auf eine Probe gestellt.
Deutschland auf Schmusekurs
In einer Presseerklärung des Auswärtigen Amtes heißt es, Deutschland wolle
sein „nachhaltiges Engagement für multilaterale Zusammenarbeit“ fortsetzen.
Ausgerechnet jene Politik, die der Kanzler in der heißen Phase des
Wahlkampfes über Bord geworfen hatte.
Die Bundesregierung hat nun alle Hände voll zu tun, die Irritationen und das
„vergiftete Klima“, wie aus Washington zu hören war, zu bereinigen.
Bundeskanzler Schröder reiste einen Tag nach seiner Wiederwahl nach
Großbritannien, um in Tony Blair einen Fürsprecher bei den USA zu suchen.
Außenminister Fischer wird sofort nach Vereidigung des neuen Parlaments nach
Washington fahren und Deutschland wird die Führung der ISAF-Truppe in
Afghanistan übernehmen.
Mit der Führung der Schutztruppe erkauft Deutschland sich quasi ein Stück
des guten Klimas vergangener Tage zurück. Regierungssprecher Uwe-Karsten
Heye geht davon aus, dass die Schutztruppe sich auf längere Einsatzzeiten
einstellen müsse. Da stelle sich die Frage nach der Führung nicht nur
einmal, sondern sicherlich immer wieder. Solche Töne hört man gern jenseits
des großen Teichs.
Nach allen Bemühungen, die Normalität wieder herzustellen, kann Deutschland es
sich nicht erlauben, Vorhaben der Amerikaner, die eine Zustimmung auch der
nichtständigen Mitglieder im Sicherheitsrat bedürfen, mit Ablehnung zu begegnen.
Keine eigene Linie möglich
Das Auswärtige Amt betont, Deutschland werde eine eigenständige Politik
verfolgen. Eigenständig jedoch nur auf vergleichsweise unspektakulären
Themengebieten. Unter anderem will Deutschland ein weltweites Verbot
reproduktiven Klonens erörtern.
Brisanter sind da schon, die laufenden Bemühungen zur Reform des
Sicherheitsrates, fortzusetzen. Es geht um Transparenz und Effizienz. Die
effizienteste Reform bestünde jedoch darin, das Veto-Recht der fünf
ständigen Mitglieder abzuschaffen. Keine USA-freundliche Reform, weil gerade
sie dieses Instrument auch dazu gebrauchen, ihre eigene Interessenpolitik zu
verfolgen.
Klare Vorgaben
Deshalb ist zu erwarten, dass diese Pläne – übrigens von allen Mitgliedern –
hinten angestellt werden. Auch wenn die Entscheidung über eine schärfere
Resolution gegen den Irak schon vor Beginn der deutschen Mitgliedschaft
ansteht, wird das Thema im Sicherheitsrat präsent bleiben.
Ein Krieg gegen den Irak scheint unvermeidlich. Wenn er kommt, dann muss sich
der Sicherheitsrat auch längerfristig mit der Thematik auseinandersetzen.
Und: Deutschland wird Stellung beziehen müssen. Die Linie ist klar
vorgegeben, denn einen erneuten Bruch mit der amerikanischen Politik kann
die Bundesregierung sich in absehbarer Zeit nicht leisten ohne
bleibenden Schaden anzurichten.
Copyright Foto liegt bei den Vereinten Nationen (UN/DPI Photo #UNE 571 by
Mark Garten)
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Weiterführende Links:
Wahl der nichtständigen Sicherheitsratsmitglieder
ISAF-Einsatz
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