Sowohl der US-Zeitungsmarkt als auch das Angebot an Fernsehsendern in den Vereinigten Staaten bemühen sich um Volkstümlichkeit. Insgesamt erscheinen täglich knapp 1.400 Zeitungen in den USA. Nur die wenigsten hiervon landesweit. Während lokal erscheinende Zeitungen ein sehr hohes Ansehen und einen regelrechten Vertrauensvorschuss genießen, wissen nur die wenigsten amerikanischen Leser, dass knapp 75 Prozent aller Zeitungen großen Verlegerkonsortien gehören und dabei 99 Prozent aller in den Umlauf kommenden politischen Nachrichten von den Presseagenturen UPI und AP stammen.
Gewaltige Medienkonzentration
Ähnlich verhält es sich auch mit dem US-Fernsehen. Die gewaltige Zahl von 1.400 Fernsehsendern täuscht über die Wirklichkeit hinweg: Nur 300 Stationen sind unabhängig geblieben. Sie bedienen allerdings in erster Linie Minderheiten und Special-Interest Gruppen, während das Gros der US-Fernsehstationen den großen Networks von ABC, CBS oder NBC angeschlossen ist. Diese Stationen sind es denn auch, die in der amerikanischen Medienlandschaft das größte Vertrauen genießen, gefolgt von den - nur im Kabelprogramm empfangbaren - Cable Network News (CNN).
Einerseits ist das tiefgehende Vertrauen der US-Mediennutzer in lokale Nachrichten, lokale Radiosender und lokale Zeitungen mit der schieren Größe des Landes erklärbar. Andererseits auch mit einem strukturellen Konflikt, der sich zwischen Peripherie und Zentrum abspielt. Denn die wenigen "nationwide" erscheinenden Zeitungen sowie die großen Networks, die das mediale Leben des ganzen Landes bestimmen, sind urbane Metropolenmedien, die an der Ost- und der Westküste der USA produziert werden.
Staatliche Zensur
Es ist fast unnötig geworden, das Bonmot des britischen Schriftstellers Rudyard Kipling zu zitieren, der anmerkte, dass die Wahrheit immer das erste Opfer des Krieges sei. Tatsächlich aber ist die Wahrheit in der US-Presse heute ein gefährdeteres Gut als je zuvor. Dafür verantwortlich ist einerseits die staatliche Zensur, andererseits aber auch der extreme Patriotismus innerhalb der Medien.
So kommt es zu der paradoxen Situation, dass die massivste Medienpräsenz aller Zeiten die denkbar geringst mögliche Berichterstattung liefert. Denn die Zensur, die amerikanische Behörden den - durch das 1st Amendment in ihrer freien Pressearbeit eigentlich geschützten - Medien auferlegen ist strenger, als es die Behinderungen im zweiten Golfkrieg 1991 je waren.
Propaganda
Der Kampf an der Informationsfront hat in den US-Streitkräften mit der Figur General Richard B. Myers auch ein menschliches Antlitz bekommen. Der ehemalige Chef des US-Space Command hat mit der Doktrin "JP 3-13" im Jahr 1998 eine Strategie für Informationsoperationen vorgelegt, in der es heißt: "Informationsoperationen beinhalten die Beeinflussung gegnerischer Informationen und Informationssysteme, während die eigenen Informationen und Informationssysteme verteidigt werden."
Eine beschönigende Aussage für das, was gemeinhin Propaganda genannt wird.
Neben der alltäglichen medialen Polemik und der Vereinfachung politischer Grundtatbestände, bildet der übersteigerte Patriotismus jedoch das gefährlichste Moment im Ringen um die Wahrheit. Journalistische Ursachenforschung im Hinblick auf den Terror ist in den USA zur Zeit die wohl einfachste Methode, Bekanntschaft mit dem Arbeitsamt zu machen. Zwei Lokalreporter wurden nach Kritik an US-Präsident George W. Bush einfach entlassen. Die wohl aufsehenerregendsten Fälle aber sind die Skandale um Susan Sontag und Bill Maher.
Aus für "Political Incorrect"
Ausgehend von der Aussage des US-Präsidenten, die Terroristen von New York und Washington seien "Feiglinge" gewesen, meinte Bill Maher, Moderator der bekannten Show "Political Incorrect", dass jemand, der sich an das Steuer einer Boeing setze, um sich selbst in ein Gebäude zu fliegen, mit dem Wort "Feigling" kaum treffend beschrieben sei. "Vielmehr sind wir die Feiglinge, wenn wir Cruise Missiles aus 2000 Meilen Entfernung in ein Ziel schießen."
In ähnlichen Worten reagierte auch Susan Sontag in ihrer Kolumne im "New Yorker" auf die semantische Begriffsstutzigkeit des US-Präsidenten. Beide Reporter erhielten hunderte von hasserfüllten E-Mails, Werbekunden sprangen ab und Bill Maher sah sich gar zu einer offiziellen Entschuldigung genötigt. Diese wurde von den Kollegen verschiedener Zeitungen mit beißendem Zynismus aufgenommen. Susan Sontag erhielt Rückendeckung von ihrer Redaktion - die Sendung "Political Incorrect" dagegen wird in Washington D.C. mittlerweile überblendet.
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Hier geht es zum Überblick über das e-politik.de Dossier "Die Terroranschläge in den USA".
Hier geht es zum Überblick über das e-politik.de Dossier "Der Krieg in Afghanistan".