Die legislative Funktion des Bundestages- Der Gesetzgebungsprozess
Formale Grundlagen
Verhältnis Bund-Länder:
„das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungs-befugnisse erteilt" obliegt den Ländern (Art. 70), d.h de facto besitzt der Bund in allen wichtigen Gebieten das Gesetzgebungsrecht (Art. 73-75)
Es existiert eine Unterscheidung zwischen ausschließlicher (Art. 73, z.B. Auswärtige Angelegenheiten), konkurrierender (Art. 72 bzw. Art. 74, z.B. Strafrecht) und Rahmengesetzgebungskompetenz (Art. 75, z.B. Hochschulwesen) des Bundes.
Weiterhin gibt es eine Unterscheidung zwischen
- Zustimmungsgesetzen, die eine Zustimmung des Bundesrates benötigen.
- Einspruchsgesetzen, d.h. der Einspriuch des Bundesrates kann mit gleicher Mehrheit im Budnestag überstimmt werden.
Gang der Gesetzgebung:
- Gesetzesinitiative (Bundesrat, Bundesregierung, 5% d. Abgeordneten; Art. 76), Gesetzentwurf
- Erste Lesung
- Weiterleitung an Ausschuss (>> Mischform: Arbeits-/Redeparlament)
- Berichterstattung
- Zweite Lesung mit der Möglichkeit von Änderungsanträgen
- Keine Änderungen: Dritte Lesung und Schlussabstimmung unmittelbar nach d. zweiten Lesung
- Bei Änderungen: Dritte Lesung am 2. Tag nach Verteilung beschlossener Änderungen
- Weiterleitung an Bundesrat
- Ggfls. Anrufung des >Vermittlungsausschusses
- Gegenzeichnung durch Bundeskanzler, zuständige Minister und Bundespräsident
- Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt
Für Streitsituationen gibt es den Vermittlungsausschuss, der durch den Bundesrat, bei Zustimmungsgesetzen auch von Bundestag und/oder Regierung angerufen werden kann. Er ist ein nicht öffentlich tagendes, permanentes Gremium aus je einem Vertreter d. Landesregierungen und insgesamt 16 Bundestagsabgeordneten (auf Vorschlag d. Fraktionen nach Verhältnis gewählt).
Die Beratung ist im Vermittlungsausschuss weisungsfrei, die Vorberatung erfolgt aber nach Parteiblöcken getrennt.
Der Kompromissvorschlag muss von BT und BR unverändert angenommen oder abgelehnt werden.
Weitere mögliche Hürden auf dem Weg eines Gesetzesentwurfs:
Anrufung des Bundesverfassungsgerichts (Regierung, Landesregierung, 1/3 d. Mitglieder d. Bundestages); Aufgabe: Überprüfung des Gesetzes durch abstraktes Normenkontrollverfahren.
Zustimmungsverweigerung der Bundesregierung zu ausgabenwirksamen od. einnahmenmindernden Gesetzen
Haltung d. Öffentlichkeit, anstehende Wahlen
Diskontinuität:
Ist ein Gesetz bei Ende der Legislaturperiode nicht endgültig verabschiedet worden, muss es im folgenden BT neu eingebracht u. beraten werden
Gesetzgebung in der Praxis: Prozesscharakter und Kritikansätze
Bei Gesetzesinitiativen gibt es eine Unterscheidung zwischen Regierungsinitiativen (Ministerialbürokratie)und Mehrheitsinitiativen, d.h.auf Vorschlag d. Regierung, um den gesetzlich vorgeschriebenen Weg über den Bundesrat zu umgehen.
Diese Mehrheitsinitiativen erfolgen auf Vorschlag der Mehrheitsfraktionen selbst, aber meist unter Mitarbeit nahestehender Ministerialbeamter.
Gesetzesinitiativen der Opposition
Bei populären Vorschlägen werden diese oft von der Mehrheit in den Ausschüssen blockiert, um sie später selbst einbringen zu können, oder sie werden oftmals als unfundiert attackiert, da sie ohne Vorarbeit von Regierung oder Ministerien erstellt wurden.
Daher scheitern sie meist an der Mehrheit.
Kritikpunkte:
- Hohes Eigengewicht der Ministerialbürokratie, da die Mehrheit, die die Regierung gestellt hat, nur in seltenen Fällen deren Gesetzesinitiativen ablehnt.
- Kompromissbildung bereits zwischen Partei- und Fraktionsvorsitzenden, daher ein schwindender Einfluss von Plenum und Ausschüssen.
- Der Bundestag und die von parteipolitischen Vorgaben abhängigen Abgeordneten haben auf die Vorarbeiten kaum mehr Einfluss, dürfen dadruch an bereits von der Ministerialbürokratie getroffenen Entscheidungen kaum mehr zweifeln.
- Fehlende Transparenz f. Öffentlichkeit u. Abgeordnete
- Das führt zu geringerer Kontrollfähigkeit.
- Zu wenig Initiativen des Bundestages (allerdings werden über 60% der Regierungsentwürfe noch durch den Bundestag verändert oder er gibt einen Entwurf aus Zeitmangel bei der Regierung in Auftrag)
- Frühzeitige Einbindung von Interessenverbänden
- Kompromisspakete ohne inneren Zusammenhang, um die Entscheidungsfindung zu erleichtern
Bei der Betrachtung der Abstimmung im Bundesrat sollte weiterhin berücksichtigt werden, dass diese Abstimmung häufig auch nach spezifischen Länderinteressen und evtl. abweichenden Koalitionen der Länderregierungen stattfindet.
Grenzen parlamentarischer Entscheidung
- Normsetzung unterhalb d. parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens
- Verstärkte Exekutivsteuerung d. Gesetzgebungsprozesses durch die Entwicklung i.d. EU (Bundestag muss EU-Entscheidungen annehmen.)
- Bereich der internationalen Beziehungen
- Ausrufung des „Gesetzgebungsnotstandes"
- Verteidigungsfall, Bildung eines „Gemeinsamen Ausschuss"
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