"Die Presse ist frei für den, dem sie gehört." Es ist ein vernichtendes Urteil, dass Lowell
Bergmann, alias Al Pacino, der Produzent des bekanntesten und seriöstesten amerikanischen
Nachrichtenmagazins "60 minutes" fällt. Und diese seine Desillusion ist wahrlich kein Wunder,
denn obwohl er eine richtig fette Story am Haken hat, will sein Sender CBS sie nicht bringen.
Denn der fürchtet eine Klage, die ihn in den Ruin treiben könnte.
Und das scheint im Bereich des Möglichen, steht für Brown-Williamson, einen großen
amerikanischen Tabak-Multi doch einiges auf dem Spiel. Denn deren ehemaliger Mitarbeiter Dr.
Jeffrey Wigand, hat sich nach langem für und wider dafür entschieden, als Informant für
Bergmann zu fungieren. Er, der selbst jahrelang in der Forschungsabteilung des Tabak-Konzerns
gearbeitet hat, weiß, dass die amerikanische Zigaretten-Industrie entgegen ihrer Aussage vor
dem Kongress sehr wohl von der süchtig machenden Wirkung ihrer Produkte weiß, ja diese
Wirkung sogar extra mit chemischen Tricks gesteigert hat: "Der Ammoniak-Trick".
Tabakboss Thomas Sandefur, gespielt von Michael Gambon, mobilisiert natürlich alles in seiner Macht stehende um die Aussage zu verhindern, er lässt sogar Wigands Familie einschüchtern und
terrorisieren. Das wird dann für dessen Frau zuviel, sie verlässt ihn. Nun steht Wigand also da,
hat wegen der Aussage alles verloren, was er hatte, inklusive seiner Familie und CBS will die
Story nicht bringen, bzw. nur in einer entschärften Version. Dem Selbstmord nahe treibt er in
Apathie und Alkohol.
Doch Bergmann, ein alter Fuchs in der Medien-Szene, gibt nicht auf und hält weiter zu ihm. Bis
er eines Tages auf den Gedanken kommt, er könne dieses korrupte, ängstliche System, in dem
die Wahrheit weniger zählt als finanzielle Interessen, gegen sich selbst ausspielen...
Wahre Geschichte, an Originalschauplätzen gedreht
Die Story basiert auf einer wahren Geschichte, das Drehbuch auf dem Artikel 'The Man Who
Knew Too Much' von Marie Brenner, erschienen im 'Vanity Fair' im Jahre 1996. Regisseur
Michael Mann drehte sogar teilweise an Originalschauplätzen. Die Kameraführung ist sehr gut,
wenn auch nicht revolutionär, viele Close-Ups und Slow-Motions sorgen in Verbindung mit der
omnipräsenten Hintergrundmusik für spannende Atmosphäre. Al Pacino, nun ja, ist halt Al
Pacino. Damit wäre auch schon alles Notwendige sowie das größte Kompliment über die
schauspielerischen Fähigkeiten dieses Mannes gesagt. Er wirkt agil, rastlos, ist der Treibende in
der Handlung, sieht mindestens zehn Jahre jünger aus als in "Any given Sunday". In Russell
Crowe hat er einen tollen Gegenpol, denn diesem gelingt die Metamorphose vom angesehenen
Wissenschaftler, einem Mittelstandstraum in weiß, zum besoffenen, melancholischen
Selbstmordkandidaten nahtlos. Er verkörpert einen Menschen, der sich bis zu einem gewissen
Punkt das System zu eigen macht, bis ab einem gewissen Level dann doch sein Gewissen siegt.
Seine innere Unruhe kann man schier riechen, die Gegensätzlichkeit zu Bergmann und doch die
Koppelung ihrer Schicksale ist beeindruckend.
Doch so spannend der Film ist, er war immerhin für sieben Oscars nominiert, so nachdenklich
macht er auch.Denn das System der Presse kommt nicht allzu gut weg, Edelmut und Prinzipien
haben - laut diesem Film - in der Medienlandschaft weitgehend an Bedeutung verloren. Ab einem
gewissen Punkt an Risiko zumindest. Und dass das Ende dann doch keine Tragödie wird,
verdankt die Story nicht den journalistischen Prinzipen der Herren und Damen in den
Vorstandsetagen, sondern der Listigkeit des alten Fuchses Bergmann. Ist das die Realität? Und
gilt das auch in Deutschland?
Kinostart: 27. April
Die Pressefreiheit ist als eines der wesentlichen Grundrechte im Artikel fünf des Grundgesetze
der BRD verankert. Frommer Wunsch oder Realität? Inwieweit haben allein die
Anzeigenkunden eine Zeitung im Griff? e-politik.de lädt ein, darüber zu diskutieren,
selbstverständlich auch anonym: Wie frei oder abhängig von kommerziellen Interessen ist die
Presse heutzutage?