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Tony Blair

Tony Blair vor seiner schwersten Prüfung

Autor :  Michael Kolkmann
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 09.06.2001

Eigentlich war es klar, aber das tatsächliche Ergebnis überrascht dann doch: die britischen Unterhauswahlen am vergangenen Donnerstag endeten mit einem imposanten Wahlsieg New Labours. Michael Kolkmann analysiert.


Großer Sieg

Zum ersten Mal in der über hundertjährigen Geschichte Labours ist ein Premier zu einer zweiten Amtszeit wiedergewählt worden - und das mit einer Mehrheit (von 413 Mandaten), die keiner der vorhergehenden Premiers, einschließlich Margaret Thatcher, erreicht hat.
Die Niederlage der Tories, die zwar einen Sitz hinzugewinnen konnten und auf 166 Mandate kommen, ist mehr als deutlich. Parteichef William Hague hat die entsprechenden Konsequenzen bereits gezogen und ist zurückgetreten. Für die unterlegenen Konservativen heißt es nun, neben der personellen Neuordnung auch eine programmatische Erneuerung auf den Weg zu bringen. Die Geschichte Labours seit den achtziger Jahren hat gezeigt, was für ein mühseliges und schwieriges Unterfangen das ist.

Das deutliche Wahlergebnis kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wahlkampagne eher uninspirierend war. Ausgerechnet der Faustschlag von Blairs Vize John Prescott, der einen Eierwerfer niederstreckte, zählte zu den Höhepunkten des Wahlkampfes. Das sagt eigentlich mehr als genug über die Qualität des Wahlkampfes aus.

Warum ist Blair erfolgreich?

Tony Blair hat die Wahl gewonnen, weil er es in den letzten Jahren sehr effektiv geschafft hat, den Tories die politischen Themen wegzunehmen, so dass jene politisch weit nach rechts getrieben wurden: sei es in Fragen der nationalen Identität oder die unsägliche "Save-the-pound"-Kampagne gegen einen Beitritt Großbritanniens zum EURO-Gebiet.
Diese Strategie lässt Erinnerungen an Bill Clinton aufkommen: durch Besetzung republikanischer Themen wie Staatsfürsorge, Außenpolitik etc. hatte Bob Dole in der Wahl von 1996 nicht den Hauch einer Chance.

Herausforderungen

Aber die wirklichen Herausforderungen liegen noch vor Tony Blair. Da ist neben der dringenden Sanierung der Schulen und des Gesundheitssystems die wohl größte Herausforderung in den nächsten Jahren: der EURO.
Hier dürften es die Konservativen durch ihren eigentümlichen und dümmlichen Anti-EURO-Wahlkampf Blair sogar erleichtert haben, in absehbarer Zeit, also in den nächsten zwei bis drei Jahren, das Thema EURO-Referendum auf die Agenda zu setzen.

EURO-Beitritt

Den EURO-Beitritt raten ihm seine europäischen Kollegen und die Banker in der Londoner City schon lange. Um in Sachen europäische Geld- und Finanzpolitik mitreden zu können, macht es in der Tat allen erdenklichen wirtschaftlichen Sinn, der EURO-Zone beizutreten und an allen relevanten Entscheidungen teilzuhaben. In den letzten beiden Wochen vor der Wahl hat Blair die Frage eines EURO-Referendums schon mal probeweise als Versuchsballon ausprobiert. Die öffentliche (und veröffentlichte) Reaktion war deutlich positiver als von den Labour-Strategen befürchtet.

Wahlbeteiligung

Bedenkenswert ist aber die niedrige Wahlbeteiligung. Nicht einmal 60 Prozent der wahlberechtigten Briten beteiligten sich an der Unterhauswahl. Das ist der schlechteste Wert seit vielen Jahrzehnten. Schien das Wahlergebnis bereits im Vorfeld als zu eindeutig?

Mandat für Führung

Tony Blair hat in den letzten Jahren wiederholt gezeigt, was für ein guter politischer Stratege er ist. Nach der gewonnenen Wahl wünschte man sich nun etwas mehr politische Führung und mehr politisches Risiko. Das Mandat dazu haben ihm am Donnerstag die Wähler erteilt. Herzlichen Glückwunsch, Tony Blair, aber jetzt geht es zurück an die Arbeit!

Foto: Copyright liegt beim Online-Angebot "10 Downing Street" (http://www.number-10.gov.uk/)


   

Weiterführende Links:
   Interaktive Election Map des Independent
   Downing Street No. 10



Leserkommentar von Cornelia Schoeler
am 10.06.2001
Von wegen Pruefung

Ich studiere zur Zeit in England und habe den Wahlkampf hautnah verfolgt, war selbst als Aktivstin fuer die Socialist Alliance unterwegs. Das Bild von Tony Blair ist etwas verzerrt dargestellt. Das Problem der Tories mit New Labour und Tony Blair ist nicht nur, dass sie an den rechten Rand gedraengt wurden, sondern schlicht, dass New Labour die Tories ueberfluessig macht, weil vollstaendig ersetzt! Wenn sogar die Financial Times fuer Blair votieren, kann doch was nicht stimmen. Das ist diese unsaegliche Logik, die ja beispielsweise auch Stoiber in Bayern faehrt bezueglich der Rechten dort. Klar, wenn Stoiber die Politik der Rechten vertritt, freuen die sich und brauchen nicht NPD oder REPs zu waehlen, um ihre Interessen gewahrt zu sehen. Das Gesundheitssystem in Britannia ist kaputt gespart, die Schulen und Universitaeten sind in einem schlimmen Zustand (was ich ja auch hautnah miterleben darf). Wir hatten vor der Wahl Diskussionsforen, u.a. auch an der Uni. Die Strategie von Labour wurde mir nie so offen und direkt ins Gesicht geknallt wie von dem Labourkandidat vor Ort: die Schulen sind in einem schlechten Zustand, wieso sollten sie dann in die Unis investieren? Da kann doch nichts bei rauskommen, wenn die Leute vorher nicht genug gelernt haben. Und sowohl Labour als auch die Libdems sind im Wahlkampf sehr bewusst auf die Pensionaere eingegangen, wissen sie doch, dass dort die meisten Stimmen zu holen sind. Das ist blanker Opportunismus! Das hat mit alten Werten von Sozialdemokratie nichts mehr zu tun. Interessant sind hierzu die Parallelen zu Deutschland, wobei die Briten mit ihren Privat-Public-Partnerships (PPPs) bereits weiter vorangeschritten sind, sodass auch private Companies mittlerweile Schulen leiten. Was den leidigen Euro anbelangt - das war sicherlich ein klares Eigentor der Tories, sich darauf reduzieren zu lassen, und die Themen Education und Health scheinbar links liegenzulassen. Thatcher hat Hague hier ja noch den Baerendienst erwiesen, und hat sich hier, in Plymouth, generell und kompromisslos gegen einen Beitritt ausgesprochen. Die Tories waegten sich sicher, weil die Mehrheit der Briten tatsaechlich nicht den Beitritt wuenscht. Das wirkliche Problem hier ist doch die Apathie der Waehler, die Gruppe der Nichtwaehler ist groesser als die Gruppe derer, die ueberhaupt fuer diese Regierung gestimmt haben. Das in diesem run-off Wahlsystem, das sowieso demokratische Defizite aufweist, gekoppelt mit Wahlregistern, wodurch wiederum Leute gehindert werden zu waehlen (wenn sie sich nicht rechtzeitig registriert haben). New Labour legt eine Arroganz an den Tag, die ihresgleichen sucht. Moeglich war das, weil der "Glatzkopf" Hague von Anfang an eher als Witzfigur anstatt als ernst zu nehmender Gegner angesehen wurde. Die UK Independence Party und die British Nationlist Party haben je nach Wahlkreis erschreckende Ergebnisse erzielt. In Oldham kam die BNP auf 11% und 16%!! Tony Blair hat um das Mandat gebeten, weiter machen zu duerfen, um den Job fortzufueren, den er begonnen hat. Er hat in Interviews verkuendet, dass er kein Problem, keine Gefahr fuer die Demokratie sieht, selbt wenn seine Partei 60% oder mehr Sitze bekommt. Zwei Tage vor der Wahl hat er oeffentlich verkuendet "nicht alles von der Thatcher Aera sei schlecht gewesen". Die schwerste Pruefung steht dem Land bevor und der Bevoelkerung.

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