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e-politik.de - Artikel ( Artikel-Nr: 1217 )
Tony Blair vor seiner schwersten Prüfung
Autor : Michael Kolkmann
E-mail: redaktion@e-politik.de
Eigentlich war es klar, aber das tatsächliche Ergebnis überrascht dann doch: die britischen Unterhauswahlen am vergangenen Donnerstag endeten mit einem imposanten Wahlsieg New Labours. Michael Kolkmann analysiert.
Großer Sieg
Zum ersten Mal in der über hundertjährigen Geschichte Labours ist ein Premier zu einer zweiten Amtszeit wiedergewählt worden - und das mit einer Mehrheit (von 413 Mandaten), die keiner der vorhergehenden Premiers, einschließlich Margaret Thatcher, erreicht hat.
Die Niederlage der Tories, die zwar einen Sitz hinzugewinnen konnten und auf 166 Mandate kommen, ist mehr als deutlich. Parteichef William Hague hat die entsprechenden
Konsequenzen bereits gezogen und ist zurückgetreten. Für die unterlegenen Konservativen heißt es nun, neben der personellen Neuordnung auch eine programmatische Erneuerung auf den Weg zu bringen. Die Geschichte Labours seit den achtziger Jahren hat gezeigt, was für ein mühseliges und schwieriges Unterfangen das ist.
Das deutliche Wahlergebnis kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wahlkampagne eher uninspirierend war. Ausgerechnet der Faustschlag von Blairs Vize John Prescott, der einen Eierwerfer niederstreckte, zählte zu den Höhepunkten des Wahlkampfes. Das sagt eigentlich mehr als genug über die Qualität des Wahlkampfes aus.
Warum ist Blair erfolgreich?
Tony Blair hat die Wahl gewonnen, weil er es in den letzten Jahren sehr
effektiv geschafft hat, den Tories die politischen Themen wegzunehmen, so dass jene
politisch weit nach rechts getrieben wurden: sei es in Fragen der nationalen
Identität oder die unsägliche "Save-the-pound"-Kampagne gegen einen Beitritt
Großbritanniens zum EURO-Gebiet.
Diese Strategie lässt Erinnerungen an Bill Clinton aufkommen: durch Besetzung republikanischer Themen wie Staatsfürsorge, Außenpolitik etc. hatte Bob Dole in der Wahl von 1996 nicht den Hauch einer Chance.
Herausforderungen
Aber die wirklichen Herausforderungen liegen noch vor Tony Blair. Da ist neben der dringenden Sanierung der Schulen und des Gesundheitssystems die wohl größte Herausforderung in den nächsten Jahren: der EURO.
Hier dürften es die Konservativen durch ihren eigentümlichen und dümmlichen Anti-EURO-Wahlkampf Blair sogar erleichtert haben, in absehbarer Zeit, also in den nächsten zwei bis drei Jahren, das Thema EURO-Referendum auf die Agenda zu setzen.
EURO-Beitritt
Den EURO-Beitritt raten ihm seine europäischen Kollegen und die Banker in der Londoner City schon lange. Um in Sachen europäische Geld- und Finanzpolitik mitreden zu können, macht es in der Tat allen erdenklichen wirtschaftlichen Sinn, der EURO-Zone beizutreten und an allen relevanten Entscheidungen teilzuhaben. In den letzten beiden Wochen vor der Wahl hat Blair die Frage eines EURO-Referendums schon mal probeweise als Versuchsballon ausprobiert. Die öffentliche (und veröffentlichte) Reaktion war deutlich positiver als von den Labour-Strategen befürchtet.
Wahlbeteiligung
Bedenkenswert ist aber die niedrige Wahlbeteiligung. Nicht einmal 60 Prozent der wahlberechtigten Briten beteiligten sich an der Unterhauswahl. Das ist der schlechteste Wert seit vielen Jahrzehnten. Schien das Wahlergebnis bereits im Vorfeld als zu eindeutig?
Mandat für Führung
Tony Blair hat in den letzten Jahren wiederholt gezeigt, was für ein guter politischer Stratege er ist. Nach der gewonnenen Wahl wünschte man sich nun etwas mehr politische Führung und mehr politisches Risiko. Das Mandat dazu haben ihm am Donnerstag die Wähler erteilt. Herzlichen Glückwunsch, Tony Blair, aber jetzt geht es zurück an die Arbeit!
Foto: Copyright liegt beim Online-Angebot "10 Downing Street" (http://www.number-10.gov.uk/)
Weiterführende Links:
Interaktive Election Map des Independent: http://election.independent.co.uk/election_maps/
Downing Street No. 10: http://www.number-10.gov.uk
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