Mit der Ernennung von Colin Powell zum Außenminister und von Condoleezza Rice zur nationalen Sicherheitsberaterin tritt der designierte Präsident in die Fußstapfen seines Vaters. Beide, Powell und Rice, haben unter Bush dem Älteren gedient und sich hier herausragendes Ansehen erworben. Dennoch greift der Vergleich mit der letzten republikanischen Administration allein zu kurz. Die Diskussion um die außenpolitische "Vision" Amerikas ist ein gutes Beispiel. Obwohl sich Bush der Ältere ("that vision thing") hiermit notorisch schwertat, ist es gerade das Fehlen einer außenpolitischen "Vision", das die Republikaner, und an erster Stelle auch Rice, der Regierung Clinton vorwarfen.
Im Entwurf einer solchen Vision argumentiert Rice, dass Amerika sich nicht von schwammigen internationalen Normen, sondern von einem klar definierten nationalen Interesse leiten lassen solle. Dies beinhalte einerseits eine Stärkung des Militärs um "Kriege abzuschrecken, Macht zu projizieren und amerikanische Interessen zu verteidigen, wenn die Abschreckung versagt". Andererseits sollten aber auch die Beziehungen zu den wichtigsten Alliierten, an erster Stelle den NATO-Verbündeten, gestärkt und der freie Welthandel (als Teil amerikanischer Interessen) gefördert werden. Zuletzt beinhalte das amerikanische Interesse eine "comprehensive relationship" mit Russland und China sowie "entschiedenes Handeln" gegenüber "Schurkenstaaten" ("rogue states") wie Nordkorea oder dem Irak.
Weiterhin kritisiert die designierte nationale Sicherheitsberaterin, dass sich die Vereinigten Staaten in der Verfolgung ihrer Interessen bisher weltweit zu sehr verzettelt hätten, anstatt klare Prioritäten zu setzten. Dies gilt besonders im Bezug auf den Einsatz der militärischen Macht der USA, die in Zukunft weniger, dafür aber gezielter eingesetzt werden sollte. Hierin spiegelt sich vor allem auch die sogenannte "Powell Doctrine". Der ehemalige Generalstabschef Colin Powell hatte in den achtziger Jahren gefordert, jeder amerikanische Militäreinsatz müsse ein klares Ziel haben, mit überwältigender Kraft ausgeführt werden ("overwhelming force") und es müsse ein klarer Ausweg ("Exit Strategy") bestehen.
In Bezug auf internationale Abkommen schließlich, besonders im Bereich Klimaschutz, dürfte die neue Regierung weit weniger kompromissbereit sein als die bisherige. Sowohl das Abkommen von Kyoto als auch der Atomwaffensperrvertrag sind einigen Republikanern schon lange ein Dorn im Auge. Zwar steht Rice internationalen Verträgen und Organisationen nicht prinzipiell ablehnend gegenüber. Doch sieht sie diese primär als Instrument, nicht als Ziel amerikanischer Politik. Wie viele ihrer Parteifreunde hält die zukünftige Chefkoordinatorin amerikanischer Außen- und Sicherheitspolitik der Regierung Clinton vor, diese habe zu viele Verträge unterzeichnet, die nicht Amerikas Interessen dienten. Öfter noch als bisher ist daher zu erwarten, dass sich die USA über internationale Abkommen und Organisationen hinwegsetzen werden, wenn diese als hinderlich erscheinen.
"Weniger Intervention, mehr Unilateralismus" also scheint das Motto der republikanischen Außenpolitik zu werden. Die USA werden mit dem Einsatz ihres Militärs zurückhaltender umgehen. Zugleich aber wird die Supermacht sich mehr auf "ihre Interessen" konzentrieren. Auf internationale Verträge und Organisationen wird sie nur dann zurückgreifen, wenn dies den amerikanischen Interessen förderlich ist.
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