Promises
Autor : Maria Pinzger E-mail: redaktion@e-politik.de Artikel vom: 23.10.2002
Der Nahost-Konflikt durch die Augen von Kindern gesehen, davon handelt Promises, ein außergewöhnlicher Dokumentarfilm. Maria Pinzger hat ihn gesehen.
Ultra-orthodox oder Hamas-Anhänger
Yarko und Daniel wachsen ohne großen religiösen Hintergrund auf. An der Klagemauer haben sie Angst vor den orthodoxen Juden und würden lieber in ein arabisches Stadtviertel gehen als in die Viertel ihrer orthodoxen Glaubensgenossen. "Wenn man etwas macht, was ihnen nicht gefällt, dann essen die einen bei lebendigem Leib auf" malen sich die beiden Jungen aus.
Shlomo gehört zu diesen ultra-orthodoxen Juden, 12 Stunden am Tag widmet er sich religiösen Studien.
Nur durch einige Straßenzüge von ihm getrennt lebt Mahmoud, ein blonder und blauäugiger Junge, der Hamas-Anhänger ist. Nie würde er mit einem Juden reden oder ihm gar die Hand geben, verkündet er mit erschreckendem Ernst.
Und dann sind da noch Sanabel, ein palästinensisches Flüchtlingsmädchen, deren Vater seit Jahren im Gefängnis sitzt, Faraj, ebenfalls ein Flüchtling, der mit 5 Jahren sah, wie ein Freund von einem israelischen Soldaten getötet wurde und Moishe, das Kind rechter jüdischer Siedler, der den Konflikt aus seiner Sicht auf einen Punkt bringt: "Gott gab Abraham das Land, aber dann kamen die Araber und haben es weggenommen." Als Premierminister würde er alle Araber "aus Jerusalem rauswerfen".
Kinder, die wie Kinder reagieren
Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist in den Köpfen der Kinder, er beherrscht zu einem gewissen Grad auch ihr Leben. B.Z. Goldberg zeigt aber auch, dass, egal auf welcher Seite, Kinder die gleichen Sorgen und Freuden haben. Auf die Tränen Yarkos und Daniels, als sie ein Volleyball-Spiel verlieren, folgt die Enttäuschung Mahmouds über den zweiten Platz bei einem Leichtathletikwettbewerb - auch er kann die Tränen nicht zurückhalten.
Promises zeichnet ein eigenes Bild des Nahost-Konflikts, jenseits der harten Fakten, die beinahe allabendlich über die Nachrichtenkanäle flimmern, Es gelingt ihm, den Ernst der Situation einzufangen, die Probleme, diesen Konflikt zu lösen, der von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Gleichzeitig zeigt er aber auch die Menschlichkeit und die Chancen, die in den Kindern der neuen Generation liegen: Goldberg organisiert - nicht nur für den Film - ein Treffen zwischen den Juden Daniel und Yarko und dem palästinensischen Mahmoud. Die Kinder sind sich auf Anhieb sympathisch und verleben einen ganz "normalen" Tag, mit Fußball, Essen und viel Lachen.
Zu den bewegendsten Momenten des Filmes zählt zweifelsohne, als Mahmoud bei diesem Treffen in Tränen ausbricht und erklärt, er weine, weil Goldberg bald weg sein werde und damit auch diese Freundschaft zwischen ihm und den jüdischen Zwillingen zu einem Ende kommen werde.
Promises macht keine Versprechungen
Autor und Regisseur B.Z. Goldberg ist selber Jude, lebt seit Jahren in Amerika und ist für die Dreharbeiten das erste Mal in einige besetzte Gebiete gefahren. Die meisten Aufnahmen für Promises entstanden zwischen 1997 und 2000, zu einer Zeit relativer Ruhe in Israel. Kurz danach begann die zweite Intifada und solche Bilder, wie der Regisseur sie in seinem Film zeigt, sind mittlerweile wohl unmöglich zu machen.
Promises wurde verdientermaßen auf zahlreichen Festivals mit Preisen ausgezeichnet, u.a. dem großen Preis der Jury und dem Publikumspreis beim San Francisco Film Festival und dem Canal Plus Preis des Filmfestival Rotterdam - als erster Dokumentarfilm seit 30 Jahren. 2002 war Promises auch für den Oscar als bester Dokumentarfilm nominiert.
Promises vermittelt neue Eindrücke und auch ein bisschen Hoffnung, dass vielleicht die neue Generation der israelischen und palästinensischen Kinder es schafft, den Konflikt zu einem friedlichen Ende zu bringen.
Promises, Versprechungen, können dafür aber nicht gegeben werden.
"Promises" (USA 2001)
ab dem 24. Oktober in den deutschen Kinos
Buch, Produktion und Regie: Justine Shapiro, B.Z. Goldberg
Länge: 106 min.
Foto: Copyright liegt bei Promises Film Project
Kontakt: mecfilm Frau Irit Neidhardt Meppener Straße 9 48155 Münster
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