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e-politik.de - Home  Kultur & Politik  Politisches Kabarett   Archiv: Politisches Kabarett   Programm-Kritik


Georg Schramm

Georg Schramm - Der böseste Polit-Kabarettist der Republik

Autor :  Claus von Wagner
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 11.06.2001

Ein Kabarettist, der seinesgleichen sucht. Bösartig, treffend. Brilliant. Georg Schramm holte "das Beste" aus seinem Satirekeller und ging ans Eingemachte. Claus von Wagner durfte probieren.


Er hat schon so manchem einen harmlos lustigen Kabarett-Abend vermiest. Hochachtung. Wenn erboste Zuschauerbriefe an Kabarettisten adressiert werden, hat Satire Geburtstag. Wieder einmal, wie Dieter Hildebrandt vermutlich spöttisch bemerken würde. Einer, der solche Briefe immer noch bekommt ist Georg Schramm.
Kabarettist und ausgebildeter Diplom Psychologe. Schramm legt die deutsche Psyche auf den Seziertisch. Was er da zu Tage befördert, ist alles andere als appetitlich. Dass den Leuten das Lachen trotzdem nicht vergehen will, liegt nicht zuletzt an der Klasse eines Georg Schramm: Zu perfide die Pointen, zu perfekt das Timing, zu geschliffen die Sprache. Kurz: Gegen Schramm ist man wehrlos. Ein Abend in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft voller Niveau, Hinterlist und bemerkenswerter Geistesschärfe.

Das Ergebnis von Politik

Spätestens seit der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises 1992 spielt der geborene Bad Homburger in der ersten Kabarett Liga. Seine Stärke sind ausgefeilte Charaktere, die auf der Bühne ein faszinierendes Eigenleben entwickeln. Komplex, bestürzend real und meisterhaft verkörpert. Ob Offizier, Geschäftsmann oder Senior - stets halten Aussage, Parodie und Pointe das Gleichgewicht. Schramm führt vor, führt auf und an der Nase herum. Dabei vergisst er nie das tragische Element seiner Figuren. Im Gegenteil, er arbeitet es heraus. Stellt es nackt und zitternd auf die Bühne und lässt die Menschen lachen bis sie weinen müssen.

Schramm ist politisch. Aber er ist nicht interessiert an vordergründiger Parteipolitik oder oberflächlicher Tagesaktualität. Er zeigt die Menschen, die von der Politik geformt werden. Er zeigt das Ergebnis von Politik und politischem Diskurs - ohne auch nur einen einzigen Politakteur zu benennen. Und trifft damit härter ins Schwarze als viele andere. Schramm interessiert sich für die Menschen innerhalb der Strukturen. Mit ihren Schwächen, ihren Hässlichkeiten, aber auch mit ihrer Verletzlichkeit. Eindimensionalität sucht man bei Schramm vergebens.

Lustig machen über Krankheit, Krieg und alte Menschen

Auch das deutsche Kabarett wird einer selbstkritischen Betrachtung unterzogen. Eine von Schramms pointierten Conférencen zwischen den "alten Nummern" entlarvt sich und seinen Berufsstand. Lesungen und Best of's sind für Schramm nur die Hilfeschreie einer untergehenden Künstlerseele. Warum er dann selbst nicht um Hilfe rufen muss? Sein neues Programm "Mephistos Faust" ist bereits auf den Spielplänen zu finden. Keine Zeit für Lorbeeren.

Schramm entzaubert. Aber eben auch sich selbst - und bleibt doch zauberhaft. Er verrät genau, was er gleich tun wird und bleibt doch überraschend. Er werde sich vor der Pause über Krankheit, Krieg und Tod - nach der Pause über Arbeitslose und alte Menschen lustig machen. Das Schreckliche: Er kann seine Versprechen fast gänzlich erfüllen: Es wird zum Brüllen komisch. Eine Mordsgaudi - aber nahe an der Verzweiflung. Die Trauer im Duell mit dem Zwerchfell: Man lacht. Abwehr? Eigenschutz? Schramm erlöst nicht: fordert, kitzelt, reizt. Man lacht wieder. Gegen Schramm? Gegen sich selbst. Unglaublich.

Von der Bundeswehr ins Altersheim

Als wehrhafter Senior beklagt Schramm sich über die haarsträubenden Zustände in deutschen Altersheimen. Wer dort einmal Zivildienst geleistet hat - weiß wie groß die Wunde ist, in die Schramm da mit gesalztem Finger hineinbohrt. Und doch: Schon liegen wir vor Lachen wieder unterm fein gedeckten Tisch. Jauchzen, klatschen und hoffen, dass das alles nicht so schlimm sein kann, wie vorne auf der Bühne geschildert. Mitnichten - es ist vermutlich schlimmer. Überall: Ob bei Vorstellungsgesprächen oder bei der Bundeswehr. Überall wo wir hinkommen, wird Schramm schon sein. Auf uns warten in der Gestalt eines fiesen, ekelerregenden Gegenübers. Oder als bemitleidenswerte Person. Oder beides. Als Lothar Dombrowski oder als Oberstleutnant Sanftleben. Dann wird er schwadronieren über den Soldaten im 21. Jahrhundert, dessen Aufgabe mit dem Begriff "bewaffneter Sozialarbeiter" klar definiert scheint. Er wird uns die Vorteile von leergeschossenen Stränden glaubhaft schmackhaft machen. Er wird uns einen Job besorgen, indem er uns unsere Menschlichkeit nimmt.

Kritik - Satire - Kabarett

Werner Schneyder hat einmal geschrieben, Satire sei die artistische Ausformung von Kritik. Und Kabarett die szenische Darstellung von Satire. Der Kabarettist Georg Schramm ist ein begnadeter Artist. Er ist konsequent. Er ist ein Kabarettist aus Verzweiflung. Wenn Lachen Schuld beweist, sind wir alle schuldig. Soviel wie wir bei Schramm gelacht haben. Doch selten hat das Lachen so weh getan, wie das über einen älteren selbstmitleidigen Menschen, dessen Frau mit Krebs im Krankenhaus liegt. Er will ihr eine Postkarte schreiben. Sprachlos stammelnd sucht er nach den richtigen Worten - und vergisst vor lauter Selbstbespiegelung den Grund der Karte: seine todkranke Frau. Ganz große Tragikomik. Ganz große Kleinkunst. Aufrichtigen Dank, Georg Schramm.


   

Weiterführende Links:
   Bericht der Mainzer Rheinzeitung zu Schramm



Leserkommentar von Florian Robert
am 14.06.2001
Ernsthaftigkeit

Georg Schramm ist wirklich einer der ernstzunehmendsten Kabarettisten dieser Republik. Mit Leuten wie ihm könnte das Kabarett seine einstmalige "Ernsthaftigkeit" zurückgewinnen.

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