Die Grünen haben den Gesetzentwurf zur Änderung des MAD-Gesetzes (Militärischer Abschirmdienst) in der Koalition zu Fall gebracht, weil die SPD nicht wie gefordert als Gegenleistung das Informationsfreiheits- und das
Anti-Diskriminierungsgesetz forciert hat. Mit der Novelle sollten die rund
1.300 Mitarbeiter des MAD der Bundeswehr
ermächtigt werden, zum Schutz der Truppe auch im Ausland aktiv zu werden.
MAD gegen BND
Der MAD war bisher ein reiner Inlandsnachrichtendienst, der sich um
extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen sowie feindliche
Spionage innerhalb der Bundeswehr kümmerte. Die Bundesregierung kam jedoch
unter Einfluss der Militärs zu der Meinung, mit der steigenden Anzahl von
Auslandseinsätzen müsse der MAD deutsche Soldaten auch im Ausland schützen
und vor allem Aufklärung, also Spionage betreiben.
Aufklärungsarbeit im Ausland ist jedoch Ur-Domäne des Bundesnachrichtendienstes (BND), der zu
diesem Zweck auch 560 Militärs beschäftigt. Während der BND Deutschlands "klassischer" Auslandsgeheimdienst ist, ist das Bundesamt für den Verfassungsschutz (BfV) zuständig für Informationen über Links-, Rechts- und Ausländerextremismus, Terrorismus und Spionageabwehr - diejenigen Kompetenzen also, die der MAD innerhalb der Bundeswehr ausübt.
Unklare Kompetenzen
Das BfV arbeitet theoretisch mit den Verfassungsschutzbehörden der
Länder zusammen, in der Praxis ergeben sich jedoch oft Kompetenzrangeleien. Auch mit
dem Bundeskriminalamt, das teilweise ebenfalls für Terrorismusbekämpfung und
Staatsschutz zuständig ist, gestaltet sich die Kooperation häufig
schwierig. Der beim Bundeskanzler angesiedelte Geheimdienstkoordinator führt
eher ein Schattendasein. Der Konkurrenzkampf unter den
Geheimdiensten hat auch anderswo Tradition, zum Beispiel in den USA, wo es
gar 13 Dienste gibt. Immer wieder kommt es mangels Absprache zwischen
Bundespolizei FBI und Auslandsdienst CIA zu Skandalen. US-Präsident Bush hat
jüngst Gegenmaßnahmen angekündigt: In einem neuen "Heimatschutz-Ministerium"
soll auch ein Zentrum für geheimdienstliche Aufklärung errichtet werden, in
dem alle relevanten Informationen zusammenlaufen.
Mehr Befugnisse
Noch im vergangenen Jahr hatte das neue "Terrorismusbekämpfungsgesetz" in
Deutschland die bislang zumindest öffentlich strikt eingehaltenen Grenzen
zwischen Geheimdiensten und Polizei aufgeweicht. Zusammen mit dem
Verbrechensbekämpfungsgesetz von 1994 dürfen die Geheimdienste, also auch
der MAD, verstärkt Telefone abhören und auf Bank-, Post- und
Luftverkehrsdaten zurückgreifen.
Staatsanwaltschaftliche oder richterliche Genehmigungen sind dabei nicht erforderlich. Exekutivfunktionen bleiben jedoch weiterhin den Polizeibehörden überlassen. Eine Kontrolle durch den Bundesdatenschutzbeauftragten ist zwar vorgeschrieben, bei Geheimdiensten
wegen der "Natur ihrer Sache" aber problematisch. Die Kontrolle durch das
Parlament erfolgt in erster Linie durch ein so genanntes Parlamentarisches
Kontrollgremium.
Minimallösung als Kompromiss?
Der Plan, aus dem MAD einen militärischen Auslandsdienst nach dem Vorbild
der US-Defense Intelligence Agency zu machen, ist also vorerst gescheitert. Dem
Verteidigungshaushalt mag dies ganz gut tun, denn der MAD hätte sich erst
ein eigenes kostspieliges Agentennetz aufbauen müssen. Als Minimallösung
könnte sich die Regierung allerdings noch darauf einigen, dem MAD im Ausland
wenigstens den Schutz der Friedenstruppe vor direkten äußeren Bedrohungen
oder innerer Kriminalität anzuvertrauen. Die verdeckte Aufklärungsarbeit
wird sich jedoch weiter der BND vorbehalten. So können die Grabenkämpfe
quasi nur von oben beendet werden. Eine effektivere Koordination ersetzt
dies gerade in Zeiten der Terrorismusbekämpfung freilich nicht.