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e-politik.de - Home  Kultur & Politik  Politisches Kabarett   Archiv: Politisches Kabarett   CD-Kritik


Helmut Schleich

Helmut Schleich: Brauereifrei. Der Rausch packt aus

Autor :  Nikolaus Röttger
E-mail: nroettger@e-politik.de
Artikel vom: 01.05.2001

"Da moan ich scho die ganzen Schwulen, und die ganzen Homosexuellen, wias heutzutage kreuz- und quer in der Gegend umanand karnickeln - das a Sau graust." Der Rausch des Helmut Schleich – rezensiert von Nikolaus Röttger.


Helmut Schleich ist Kabarettist. Aber Helmut Schleich ist nicht Helmut Schleich. Schleich ist der personifizierte und alkoholisierte Rausch - dies jedenfalls auf seiner neuen CD Brauereifrei - Der Rausch packt aus.

Der Rausch an sich ist adrett gekleidet und nimmt seinen Beruf sehr ernst. Mit Krawatte um den Hals steht er auf der Bühne. Doch piepst sein Alarm, so muss er weg - zum Einsatz vor Ort in den Kopf des nächsten Besoffenen. Kein leichter Job und auch nicht immer ein Spaß. Hinein in den Trunkenen, vorbei am Mund, aus dem nur Blödsinn kommt, bis in den Schädel, auf der Suche nach dem Gleichgewichtssinn. Und dann gilt für das Opfer nach ein paar rauschigen Manipulationen nur noch: Taxi heim, schlafen gehen, weg.

Sensation: Der Sündenfall - ganz anders

Der Rausch packt aus: Endlich erfährt die Welt die wahre Geschichte der Menschheit. Seit Jahrhunderten erfüllt der Rausch seine Aufgabe. Als Orakel von Delphi: Was er da für einen Schmarr´n erzählt habe. Auch der Sündenfall im Paradies war sein Werk. Denn: es war nicht nur ein Apfel, es waren viele Äpfel. Und es waren auch nicht grüne Äpfel: es waren braune, vergorene, die Adam und Eva so besoffen gemacht haben. Kein Wunder, dass ER sauer wurde.

Auf die Vergangenheit folgt die Gegenwart. Thema: Deutschlands Stammtischbrüder. Der Zuhörer muss einiges an Stammtischparolen ertragen. Schnörkellos, ohne Umschweife und political correctness gibt Schleich den Stumpfsinn der Bierhallen zum Besten.

Heimatabend mit jüdischem Großkapital

Schleich wird auf der Bühne zum Parolen schreienden Saufschädel von nebenan. Und so was nennt sich Heimatabend: Ein "angeheiterter" Moderator redet sich in Rage, spricht über Schwule, denen er am liebsten die Genitalien abschneiden würde, über allein erziehende Mütter mit ihren Bälgern, über Amerika und das jüdische Großkapital - "Aber des darf man ja heut´ nimmer sagen - und warum?" Er würde schon einen kennen, der sich dagegen wehren würde - auch wenn das kein Bayer war.

Scharf und mit bissiger Satire führt Schleich den besoffenen Stammtischbruder vor. Mit den eigenen Waffen macht er ihn lächerlich und gibt ihn der Dummheit preis. Und gekonnt entschärft der Kabarettist die angespannte Atmosphäre mit einer ganz anderen Situation in der nächsten Nummer. Der Rausch - wieder rausgefahren aus dem Körper - trifft den Kater und verjagt ihn. Schließlich hätten sie das letzte Mal vereinbart, dass der Kater erst nach dem zwölften Bier kommen solle.

Besoffenes Donnerwetter gegen den Faschismus

Der Kater symbolisiert in Schleichs Werk den Fitness-Jünger, der seine Tabletten schluckt und vorrechnet wie schlecht für den Körper Bier und Schweinsbraten sind. Doch der Rausch liebt den Kater nicht. "Das Beste wäre, wir würden uns trennen", sinniert er. "Ich ins Bierzelt, er zur Polizei, ich zur CSU, er ins Finanzamt". Mit ihm im Schlepptau sei er einfach zu unflexibel. Der Kater sei so trocken. Irgendwie bunter müsse er werden. Mit eigener Homepage. Und globaler: "Heute in Rio saufen, morgen in Kapstadt kotzen". Doch dann gelingt es dem Rausch den Kater abzuhängen und so schlüpft er in den nächsten Trunkenbold mit Beziehungskrise. Doch dieser Ausflug bleibt der einzig mehr oder weniger unpolitische auf Schleichs CD. Wenn der Rausch zuschlägt, dann zeigt er den alltäglichen normalen Faschismus von nebenan.

Fazit: Helmut Schleich spielt mit seinen Zuhörern. Die Übergänge sind logisch und kommen leicht daher. Nur zwischendurch, wenn sich statt des Rausches plötzlich der Innere Schweinhund zu Wort meldet, ist man zunächst ein wenig verwirrt. Aber nicht lange. "Schlechte" Scherze verirren sich nur selten in das Programm. Verweise auf Harald Juhnke und ähnliches bleiben zum Glück die Ausnahme. Schleich verlässt sich nicht auf fade Wortwitze, er spielt viel lieber Typen und Figuren. Mit brachialer Stimmgewalt bringt er sie zum Leben. So werden sie zum eigentlichen Witz. Ganz in der Tradition eines Gerhard Polts.

Auch wenn es sich der Rausch des Helmut Schleich ein wenig einfach macht: "In jedem Kopf sitzt irgendwo der kleine Faschist" - und diese Aussage von Anfang an zum Programm erhebt, um die meisten seiner besoffenen Protagonisten genau dort - und zwar nur dort zu packen, gelingt es Schleich trotzdem seine politische Botschaft gewitzt zu präsentieren: Ein besoffenes satirisches Donnerwetter gegen Rechts! Ein engagiertes und hochprozentiges Programm zum "immerwiederanhören". Denn: einen Rausch wirds immer geben. Einen Helmut Schleich hoffentlich noch so lange wie möglich. Prost!


CD Daten:

Helmut Schleich: "Brauereifrei - Der Rausch packt aus"
Aufgenommen am 10.April 2000 im Münchner Lustspielhaus
WortArt Verlag

Foto: Copyright liegt bei www.helmutschleich.de

Weiterführender Link:
   Homepage von Helmut Schleich


   


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