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e-politik.de - Home  Brennpunkt  e-politik.de-Kontroverse   Israel und Palästina - (Alb)Traum vom Frieden?


Abdallah Frangi, PLO-Generaldelegierter in Deutschland

Die drei großen Fehler von Amos Oz

Autor :  e-politik.de Gastautor
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 07.09.2000

Wollen Palästinenser die Zerstörung Israels, sind sie schuld am Scheitern von Camp David, wie Amos Oz glaubt? Nein, sagt Abdallah Frangi in seinem Beitrag für e-politik.de. Drei Fehler findet der Generaldelegierte der PLO in Deutschland bei Oz.


Amos Oz ist ein mutiger Vorreiter und Vorkämpfer der Friedensbewegung in Israel. Er ist einer der besten Schriftsteller Israels. In seinem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung hat er aber drei große Fehler gemacht.

Fehler Nummer eins

Seine Feststellung, dass Präsident Jassir Arafat in Camp David Nein zum Friedensabkommen gesagt haben soll, ist nicht wirklich durchdacht. Oz müsste wissen, dass Arafat den Friedensnobelpreis erhalten hat, gerade weil er für den Frieden zwischen Israel und Palästina eingetreten ist und eintritt. Und weil er das Abkommen von Oslo unterzeichnet hat. Es ist schlicht falsch, wie Oz die Haltung von Arafat beschreibt. Arafat hat Nein zur Annektion des palästinensischen Teils von Ost-Jerusalem gesagt. Nein zur Forderung Israels, die es an den Friedensschluß geknüpft hatte: dass Israel die Souveränität über den palästinensischen Ostteil Jerusalems behält. Arafat hat nicht Nein zum Frieden gesagt. Da ist ein gewaltiger Unterschied zwischen dem was Oz behauptet und dem was Arafat tatsächlich gesagt hat.

Arafat versuchte deutlich zu machen, dass er auf das legitime Recht der Palästinenser auf Ost-Jerusalem nicht verzichten kann und nicht verzichten darf. Dennoch war Arafat bereit, selbst darüber weiter zu reden, damit Palästinenser und Israelis zu einem Kompromiss kommen können, der für beide Seiten befriedigend ist. Israel leugnet die moralische Verantwortung für die Vertreibungen.

Der zweite Fehler von Oz

Er verneint das Rückkehrrecht der vertriebenen Palästinenser und droht damit, falls die Palästinenser auf dieses Recht beharren, zur Waffe zu greifen. Oz hatte anscheinend nicht mitbekommen ­ was vielleicht am mangelhaften Informationsaustausch zwischen ihm und den israelischen Delegierten in Camp David liegt, dass die israelische Delegation eine Reihe von Vorschlägen von den Palästinenser bekommen hat. Vorschläge, die zu einem annehmbaren Kompromiss hätten führen können. Aber die Israelis waren nicht bereit, überhaupt über die palästinensischen Flüchtlinge zu reden.

Die palästinensische Delegation wollte erst einmal erreichen, dass Israel die moralische Verantwortung für die Vertreibungen übernimmt: davor kann und darf Israel nicht weglaufen. Diese Verantwortung aber lehnen die Israelis noch immer ab. Die Palästinenser mit den Sudetendeutschen zu vergleichen, wie Oz es tut, ist seiner nicht würdig. Wir Palästinenser wollen einfach hören, dass Israel die moralische Verantwortung übernimmt, damit wir zu einem Kompromiss und zu einer Lösung in dieser Frage kommen können. Nur so wird ein gerechter und dauerhafter Frieden möglich. Das ist etwas anderes, als Oz in seinem Beitrag behauptet: Dass "dieses ´Recht auf Rückkehr` in unserer Gegend nur ein arabischer Euphemismus ist für die Auslöschung Israels".

Israel will noch immer für die Palästinenser sprechen Was mich als Palästinenser an der neuen Rhetorik der gemäßigten Israelis verwundert ­ obwohl ich betonen möchte, dass wir dankbar sind für ihren Einsatz für den Frieden: sie haben, wenn sie reden, immer noch das Bedürfnis, für uns zu sprechen. Wenn wir dann aber anders reden, als sie es sich vorstellen, dann gelten wir Palästinenser als radikal, oder es heißt, wir wollen keinen Frieden mit Israel oder bedrohen die Existenz des Staates. Ich glaube, dass das eine Eigenschaft ist, die die Israelis nicht ablegen können. In den letzten 50 Jahren wurde die Propaganda des israelischen Staates auf diesen Ängsten aufgebaut. Wenn die Israelis das Gefühl haben, dass sie bedroht sind, dann kann man sie immer auch für ungerechte Aktionen gewinnen ­ auch wenn das die Annektion oder die Besetzung eines anderen Landes ist.

Dass ein Mann wie Amos Oz, der sich seit 1967 immer wieder für den Frieden eingesetzt hat, auch dieser Logik verfällt und sich davon nicht befreien kann, zeigt, wie schwach der Dialog und wie schwach die Wirkung des Friedensprozesses in Israel sind. Mir fällt bei Oz auf: Er redet über die Palästinenser, ohne dass er einen Dialog mit ihnen geführt hätte. Darum verwendet er sehr häufig und immer wieder die alten Argumentationen, die von den Zionisten seit 1948 benutzt wurden. Es ist offenbar, dass er mit der neuen palästinensischen Generation, die den Frieden will, keinen richtigen Kontakt hat. Der Artikel zeigt mir, dass sein Blick noch immer nur auf die Oberfläche gerichtet ist, aber nicht ins Innere sehen kann. Ich wünsche ihm, und ich biete es ihm auch an, einen Dialog über diese Punkte zu führen. Dann kann er vielleicht seinen Artikel noch einmal neu schreiben.

Der dritte Fehler Oz´

Das ist der Vergleich Arafats mit Saladin. Oz beschreibt, was Saladin wollte, und was jetzt angeblich Arafat will: die Ungläubigen vernichten, "sie massakrieren und ins Meer zurücktreiben". Diese Worte wurden seit 1948 immer wieder benutzt. Und es bestätigt, was ich oben geschrieben habe. Oz ist nicht frei von der Propaganda des israelischen Militärs, die dazu gedient hat, das zu tun, was getan wurde: Palästina zu besetzen. Die Darstellung Saladins, die Oz gibt, ist einseitig. Er verschweigt, dass Saladin es war, der einen Dialog mit den Kreuzrittern gesucht hat, als diese im 11. Jahrhundert nach Palästina kamen und Jerusalem und Palästina besetzten. Er war der erste islamische Führer, der politische Verhandlungen mit den Kreuzrittern führte und schließlich erreichte, dass sie friedlich abzogen. Saladin hat eine friedliche, keine kriegerische Lösung gesucht und auch gefunden.

Oz´ Worte machen sehr nachdenklich. Ich will gegen Oz nicht polemisch sein, und ich will ihm auch nicht unterstellen, dass er bewußt diese Propaganda wiederholt. Vielmehr: Es verwundert mich stark. Ein guter und weitsichtiger Historiker wie Oz, der sehr viel und sehr viel Gutes über den Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser und auch über die israelische Gesellschaft geschrieben hat, wiederholt Slogans von 1948. Slogans, die benutzt wurden, um Israel mobil zu machen. Diese drei Punkte sind für mich kein Zufall.

Wenn ich daran denke, wie sich Ministerpräsident Ehud Barak über Arafat geäußert hat, und was sein Außenminister Schlomo Ben-Ami letzte Woche in Berlin gesagt hat, dann glaube ich, dass das die Art und Weise ist, wie die gemäßigten Israelis denken. Und solange selbst die gemäßigten Israelis so denken, ist man in Israel unfähig und nicht gewillt, uns Palästinenser als gleichwertige Partner im Friedensprozess zu akzeptieren. Das macht mich, ich will nicht sagen pessimistisch, aber doch sehr nachdenklich.


Das e-politik.de Dossier Kontroverse:
Israel und Palästina - (Alb)Traum vom Frieden?

Ausgelöst durch einen Kommentar des e-politik.de Redakteurs Andreas Bock "Nach dem Scheitern von Camp David: Die Kriegsdrohung einer Friedenstaube" ist eine Diskussion entfacht. Bock kommentierte einen Artikel des israelischen Friedensaktivisten Amos Oz aus der Süddeutschen Zeitung. Eine erste Reaktion auf den Kommentar des e-politik.de Redakteurs lieferte die Replik von Tamir Sinai, Politologe an der hebräischen Universität Jerusalem. Hierauf antwortete Abdallah Frangi, Generaldelegierter der PLO in Deutschland.

Links zum Nachlesen:

Auf den Seiten von e-politik.de:
  • Die drei großen Fehler von Amos Oz von Abdallah Frangi
  • Lebenslauf von Abdallah Frangi
  • Amos Oz – Diagnose: Keine Suizidgefahr! von Tamir Sinai
  • Die Kriegsdrohung einer Friedenstaube von Andreas Bock

    Auf den Seiten der Süddeutschen Zeitung:
  • Saladins Gespenst - Dürfen die Palästinenser nach Israel zurück? von Amos OZ


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