Atomwaffen in Pakistan
Pakistan ist aus der Dekolonialisierung Britisch Indiens entstanden. Die ersten Atomtests fanden 1998 statt, 1999 übernahm das Militär als einzige einigermaßen funktionierende Institution mit einem Putsch die Regierung in Pakistan. General Pervez Musharraf wurde Regierungschef. Der Westen reagierte mit Gelderstopp und dem Ausschluss aus diversen Organisationen. Um die indisch-pakistanische Grenzregion Kaschmir flammt seit Jahrzehnten ein Konflikt, der jetzt, da die Gegner beide Atomwaffen besitzen, umso gefährlicher geworden ist. Pro-Pakistanische Rebellen kämpfen gegen indische Truppen und ignorieren dabei oft Waffenstillstandsabkommen oder Verhandlungen zwischen Pakistan und Indien.
Als 1979 die Sowjets das kommunistische Regime im benachbarten Afghanistan mit einem Einmarsch in den Bürgerkrieg stützen wollten, wurde Pakistan als Organisator des Widerstands zum Verbündeten des Westens. Der Geheimdienst ISI verteilte die Gelder und Waffen der USA, die diese für den Stellvertreterkrieg bereithielten, an die Mudschaheddin, Gotteskrieger. Nach dem Abzug der Sowjets 1989 fühlte sich Afghanistan von den USA im Stich gelassen. Die Mudschaheddin zeigten sich mehr und mehr als unkontrollierbare, zerstrittene Islamisten, die ihr Land in einen neuen Bürgerkrieg hineinzogen. Der inzwischen starke und schwer kontrollierbare ISI unterstützte die Taliban, die das Land weitgehend unterwarfen. Der ISI ist nun wiederum ausersehen, heute seine Informationen mit den USA zu teilen, um die Taliban und ihren Gast bin Laden für die Terroranschläge zu bestrafen.
Pakistan bewegt sich indes auf eine schwere Krise zu: Tausende Soldaten beider Länder stehen sich an der afghanischen Grenze gegenüber, die Anhänger der Taliban und Osama bin Ladens im Norden demonstrierten gegen eine Unterstützung der USA und baten ihre Gelehrten um Erlaubnis für einen Heiligen Krieg auch gegen Glaubensbrüder. Besonders das Volk der Pathanen an der Grenze zu Afghanistan hält zu den Taliban. Hier sind auch die meisten Koranschulen angesiedelt, aus denen sich die fanatisch gläubigen Kämpfer rekrutieren. Die offizielle Regierung verspricht sich von ihren Unterstützungszusagen an die USA eine Aufhebung der Sanktionen und Hilfe beim Kaschmirkonflikt. Bei diesem wiederum ist man andererseits auf Muslim-Kämpfer angewiesen, wenn keine Einigung gefunden werden kann. Der Westen ist daher gefordert, sein Augenmerk künftig auf das Land zu richten, aus dem die Taliban stammen und von wo aus nun die Vergeltungsschläge gegen sie geführt werden könnten. Wenn die Ursachen des Fundamentalismus nicht hier bekämpft werden, kommt es zur Eskalation.
Im Westen: der Iran
Die Iraner sind auf Afghanen seit jeher schlecht zu sprechen ("Wilde hinter sieben Bergen", die dem Islam in der Welt ein falsches Bild geben). Doch seit die Taliban ein Teil der schiitischen Minderheiten und iranischen Diplomaten umbrachten, hat sich die Lage verschlimmert. Der Iran (500.000 Soldaten plus etwa eine Million freiwillig kämpfender Bürger im Ernstfall) veranstaltet deshalb fast schon regelmäßig große Truppenübungen an der Grenze zu Afghanistan. Der schiitische Iran unterstützt die Anti-Taliban-Allianz mit Waffen und konkurriert mit Pakistan um die Führung der zerstrittenen (radikal-)islamischen Welt. Für Bodenschätze als Gegenleistung fliesst Wirtschaftshilfe in die zentralasiatischen Länder der Ex-UdSSR, auf die Pakistan über Afghanistan gerne mehr Einfluss hätte. In der iranischen Bevölkerung, in der seit einiger Zeit die Reformkräfte immer mehr Gehör finden, ist der archaische Islam der Taliban kaum mehr vermittelbar.
Eine gefährliche Lage
Für die nachhaltige Entwicklung der Region und ein Ausschöpfen der Bodenschätze wäre die Zusammenarbeit aller gefragt. Doch die Zerrissenheit scheint nahezu unüberbrückbar. Die afghanische "Nord-Allianz", unterstützt vom Iran und den Ex-UdSSR-Staaten, hat unterdessen durch ein Selbstmordattentat ihren Führer Ahmed Schah Massud verloren. Sein Nachfolger General Mohammad Fahim versucht die Allianz noch zusammen zu halten. Nur wenige hoffen, dass der ehemalige König Zahir Schah nach einer eventuellen Rückkehr aus dem Exil im Schutze der USA integrierend wirken könnte. Man sollte auch bedenken, dass das Land und vor allem die Opposition aus einem Völkergemisch besteht, das nur noch eine geringe gemeinsame Grundlage hätte, um das Machtvakuum zu füllen, das nach einer Vertreibung der Taliban entstehen würde.
Zum Dossier über die Terroranschläge in den USA
Zum Dossier "Der Krieg in Afghanistan"