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50 Jahre Europa - was nun?

Autor :  Mathias G. Junkert
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 09.05.2000

Steckt Europa 50 Jahre nach dem Schuman-Plan in der Krise?
Mathias Junkert hat sich mit dem Europarechtler Dr. Uwe Arens unterhalten.


e-politik.de: Am 9. Mai feierte Europa "50 Jahre Schuman-Plan". Dieser bedeutete einen der ersten Schritte in die Richtung eines vereinten Europas. Ist das Projekt Europa als Erfolg zu bewerten, in Anbetracht der schwierigen Ausgangsposition?
Wie wichtig war der Schuman-Plan für die Entwicklung der europäischen Gemeinschaften in den folgenden Jahrzehnten?

Arens: Das Projekt Europa, wie Sie es nennen, ist meines Erachtens ein voller Erfolg geworden, trotz Euroschwäche, Agrarmisere und Kommissionsskandalen. Der Schuman-Plan war gewissermaßen die "Initialzündung" Europas. Durch den Vertrag über eine Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl wurde schon 1951 in einem begrenzten Wirtschaftsbereich, der Montanindustrie, die erste funktionierende Wirtschaftsgemeinschaft geschaffen. EWG und Euratom folgten erst 1957 und sicher war der Erfolg der EGKS ein Grund dafür.

e-politik.de: Viele werfen der Europäischen Union mangelnde demokratische Legitimation vor: Die Parlamente, sowohl das europäische als auch die nationalen, würden übergangen. Die Entscheidungsgewalt liege in erster Linie bei anonymen Bürokraten im Verwaltungsapparat der EU.

Arens: Die EU ist eine Staatengemeinschaft und kein Bundesstaat. Die Mitgliedstaaten haben zwar Zuständigkeitsbereiche an die EU abgetreten, wollten aber nicht die politische Macht ganz aus der Hand geben. Deshalb ist das Rechtsetzungsorgan der EU nicht ein direkt gewähltes Parlament, sondern der Ministerrat, in dem die Mitgliedstaaten durch ihre Vertreter handeln. Wie weit diese Vertreter von den Parlamenten der Mitgliedstaaten kontrolliert und zur Verantwortung gezogen werden, ist Sache der Mitgliedstaaten und nicht der EU. In Deutschland hat man den Versuch mit einer Änderung des Artikel 23 des Grundgesetzes gemacht und der Zwang zum Kompromiss im Ministerrat bedeutet noch lange nicht die totale Freiheit für die nationalen Minister gegenüber den nationalen Parlamenten. Und die Ausrede "das ist europarechtlich nicht machbar" oder "wir sind halt überstimmt worden" ist nicht selten eine faule.

e-politik.de: Wie beurteilen Sie die Rolle des europäischen Parlaments nach dem Vertrag von Amsterdam? Hat die Union in den nächsten Jahren die Chance, demokratischer zu werden?

Arens: Das Parlament ist das einzige direkt von den Bürgern Europas legitimierte Organ der EU. Dafür sind seine Rechte immer noch zu gering. Vor allem die Wahl der Kommissionsmitglieder sollte dem Parlament übertragen werden. Seit dem Amsterdamer Vertrag ist immerhin dessen Zustimmung erforderlich und die Möglichkeit eines Misstrauensvotums macht politische Mauscheleien weniger wahrscheinlich. Ich glaube, je mehr sich bei den Völkern Europas ein Gemeinschaftsbewusstsein herausbildet, desto stärker wird auch die Rolle des Parlaments werden. Das ist ein ganz normaler, wenn auch langwieriger Prozess.

e-politik.de: Nun steht die Ost-Erweiterung der Europäischen Union vor der Tür. Ist die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten zu diesem Zeitpunkt überhaupt erstrebenswert? Wie wird bzw. muss sich die Union verändern, wenn sie nicht nur eine Wirtschaftsunion bleiben oder gar zu einer losen Gemeinschaft von Staaten verkümmern will?

Arens: Das ist eine politische Frage. Ich persönlich halte eine Osterweiterung der EU in den nächsten Jahren für ein wirtschafts- und geldpolitisches Vabanquespiel.

e-politik.de: Die Europäische Union hat mittlerweile die dritte Säule des Maastricht-Vertrages, die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), institutionalisiert und eine Art Außenminister eingesetzt, den ehemaligen NATO-Generalsekretär Javier Solana. War dies mehr als ein symbolischer Akt zur Bekräftigung des guten Willens? Wie weit werden die Nationalstaaten eine wirkliche GASP zulassen, über welche Kompetenzen verfügt Javier Solana nach dem Europarecht? Welche Rolle spielt die Europäische Verteidigungsidentität in der GASP?

Arens: Wie Sie schon sagen, die GASP ist institutionalisiert, das heißt der rechtliche Rahmen ist durch den EU-Vertrag vorgegeben. Wie weit daraus eine gemeinsame Politik wird, hängt davon ab, wie weit die Mitgliedstaaten auch hier bereit sind, nationale Interessen einer einheitlichen Stimme Europas unterzuordnen. Die Ernennung eines angesehenen Koordinators wie Javier Solana ist dazu sicherlich hilfreich.

e-politik: Das Europarecht ist umfangreich, unübersichtlich, ja uferlos geworden. Das Zusammenleben der Europäer scheint bis ins kleinste Detail genormt und geregelt zu sein. Doch kaum einer kennt die Regeln, nicht einmal die Richter. Bleibt das Recht so durchsetzbar? Braucht die Union alle Normen und alle Gesetze? Wozu ist zum Beispiel ein mehrere hundert Seiten umfassendes Weingesetz notwendig?

Arens: Die EU krankt, wie ihre Mitgiedstaaten auch, an jener Krankheit, die ein gewisser Cyril N. Parkinson schon vor Jahrzehnten zum (Parkinsonschen) "Gesetz" erhoben. Sie ist nach der vertraglichen Ausgestaltung eine Rechtsgemeinschaft. Die Verwaltung liegt, bis auf wenige Ausnahmen, bei den Mitgliedstaaten. Die Ressorts der Kommission sind mit Ministerialbürokratien vergleichbar. Je größer man diese Bürokratien werden lässt, desto mehr Normen, Erlasse, Anordnungen werden auch produziert: Vieles davon ist nutzlos oder sogar schädlich. Das ist in Brüssel nicht anders als in Berlin oder Paris, nur: in Berlin oder Paris werden die Bürger dadurch nicht Deutschland- oder Frankreich-feindlich, sondern Politik-feindlich.
Was Brüssel angeht, werden die Noch-nicht-Bürger in den europäischen Staaten Europa-feindlich und darin liegt die Gefahr für die Integration. Von den Politikern in Regierungen und Kommission ist keine Hilfe zu erwarten: Jeder hält sein Ressort für das wichtigste und will noch mehr Geld und Beamte. Dagegen sollte man in der EU die Zahl der Kommissionsbeamten ebenso wie die Zahl der Kommissionsmitglieder und der Parlamentarier wenigstens auf die gegenwärtige Zahl begrenzen und nicht ständig neue Ämter und Behörden schaffen.

e-politik.de: Herr Dr. Arens, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Dr. Uwe Arens lehrt Europarecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München.


   

Weiterführende Links:
   50 Jahre Schuman-Erklärung bei e-politik.de



Leserkommentar von javier solana
am 20.09.2003
Re: Ulli

Lieber Ulli, offensichtlich hast du die Antwort von Herrn Dr. Arens nicht gründlich genug gelesen. Der Gedanke wurde zu Ende gedacht. Herr Dr. Arens deutete an, dass von ihrer nationalen Regierung verdrossene Bürger Politik-feindlich werden, wohingegen von der EU verdrossene Bürger Europa-feindlich werden. Du siehst, der Gedanke war zu Ende gedacht, wie das im Übrigen bei Dr. Arens immer der Fall ist. Beste Grüße aus Brüssel Javier

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