Sepp Dürr – Politiker, Landwirt und Mensch
Autor : Bettina Theisen, Tim Dose E-mail: redaktion@e-politik.de Artikel vom: 27.01.2001
Er ist Öko-Bauer, promovierter Germanist und Fraktionschef der Grünen im Bayerischen Landtag: Ein Blick in den Arbeitsalltag des Sepp Dürr.
Der Presseraum der Bündnis-Grünen im Bayerischen Landtag ist gut besucht. Um die 20 Journalisten, darunter auch zwei TV-Teams, warten auf das Führungstrio Elisabeth Köhler, Christine Stahl und Josef "Sepp" Dürr. Die drei werden über die Ergebnisse der Fraktionsklausur der Grünen in Kempten berichten. Pressesprecherin Simone Paulmichl verteilt die Pressemappen, dann erst betreten Elisabeth Köhler und Christine Stahl den Raum - gefolgt von Josef Dürr. Als "kreativ, originell und immer für ungewöhnliche Ideen aufgeschlossen" wird der Fraktionschef, Ökobauer und promovierte Germanist in Personalunion auf der Grünen-Homepage beschrieben. Wie präsentiert sich dieser Mann jetzt der Presse, den man in seinem Heimatort Germering als lockeren Menschen in Jeans und Pullover kennt? Schließlich handelt es sich nicht um eine gewöhnliche Pressekonferenz. Die BSE-Krise ist die Gelegenheit für die Grünen, sich mit "ihrem" Thema, der Öko-Landwirtschaft, zu profilieren und die bayerische Landesregierung von Ministerpräsident Edmund Stoiber unter Druck zu setzen. Hier gibt sich der Ökobauer ganz professionell als Politiker in einer grauen Kombination. Hemd und Krawatte sind modisch, farblich abgestimmt. Diese Verwandlung bereitet ihm jedoch kein Problem. "Auch ein Bauer hat für jede Gelegenheit sein Gewand", sagt er - für den Stall ein anderes als für Stammtisch oder Kirche.
Dürr scheint müde, erschöpft und angespannt. Leicht geduckt, mit verschränkten Armen auf den Tisch gelehnt, hört er Kollegin Stahl zu, die als erste vorträgt. Ernst wirkt er, fast distanziert, als er an der Reihe ist. Er spricht leise mit stark bayerischem Akzent. Manchmal verhaspelt er sich, während er emotionslos, die Forderungen seiner Partei vorträgt. Texte vorzulesen scheint nicht seine Sache zu sein. Dürrs Beitrag wirkt so aufregend wie das Wort zum Sonntag, obwohl doch die Entlassungen von Landwirtschaftsminister Josef Miller und Gesundheitsministerin Barbara Stamm gefordert werden.
Kaum hat Dürr sein Statement beendet und die erste Frage eines Journalisten beantwortet, entspannt er sich. Locker lässt er die Arme hängen, lehnt sich zurück und tuschelt mit Pressereferentin Paulmichl. Das jungenhafte Lächeln, das ihn so sympathisch macht, huscht über sein Gesicht. Die meisten Fragen der Journalisten sind an Stahl gerichtet. Er hört zu, manchmal antwortet auch er, klar pointiert und auf den Punkt gebracht. Das hat er in seinem Germanistik-Studium gelernt, wie auch das, was er als "Transformation" bezeichnet. Damit meine er die Fähigkeit, Botschaften zu ver- und entschlüsseln.
Am Ende der Pressekonferenz wirkt er gelöst. Er steht auf und unterhält sich gestikulierend mit Umstehenden. Vor dem Presseraum zündet Dürr sich eine Zigarette an, die wie die Belohnungszigarette "danach" wirkt. Jetzt kommt der Mensch hinter dem Politiker hervor - wird der Landtagsabgeordnete Dr. Josef Dürr zum Sepp Dürr aus Germering. Eigentlich wollte er am Abend zur Filmpreisverleihung ins Cuvilliérs-Theater gehen. "Die Filmpreisverleihung ist schon eine tolle Sache. Doch nach drei Klausur-Tagen im Sitzen möcht' ich mich endlich wieder bewegen und Fußball spielen." Vor lauter Politik ist auch das Privatleben zu kurz gekommen. Das soll am Wochenende nachgeholt werden. "Die letzten vier Wochen haben wir fast nur diese Klausur-Tagung vorbereitet. Da ist einiges daheim liegen geblieben. Ich muss unbedingt meinen Schreibtisch aufräumen." Auf dem Markt seiner Heimatstadt Germering, wo er Stadtrat ist, verkauft er manchmal am Samstag seine Öko-Erzeugnisse. Diesmal wird er gar nicht oder nur ganz kurz anzutreffen sein. Seine Schwester springt oft ein, da ihm immer weniger Zeit bleibt. "Vielleicht schaue ich kurz vorbei, wenn ich vom Optiker komm. Ich brauch nämlich eine neue, kleinere Brille, mit der ich auch Fußball spielen kann und die sich verbiegen lässt", sagt er und nimmt seine große Brille ab, um die Elastizität des Gestells zu demonstrieren. Dann setzt der Mensch Sepp Dürr seine Brille wieder auf, um kurz darauf als Politiker Dr. Josef Dürr vor die TV-Kamera und anschließend in die nächste Sitzung zu eilen.
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Weiterführende Links:
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