Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) sieht in der EU-Initiative zur Sicherung der eigenen Verteidigungsfähigkeit eine Stärkung der NATO. Auf der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik wies er in seiner Rede damit die amerikanischen Bedenken gegenüber dem Aufbau einer europäischen Sicherheitsstruktur zurück. Die EU hatte auf ihrem Gipfel in Helsinki eine europäische Eingreiftruppe von 60.000 Mann beschlossen, die im Jahr 2003 einsatzfähig sein soll. Außerdem soll die Westeuropäische Union (WEU) nun de facto in die EU überführt werden. Scharping hob hervor, dass Europa dadurch mehr Verantwortung für regionale Friedenssicherung übernehmen könne, was ohnehin Verpflichtung sei.
Der Bundesverteidigungsminister ergänzte, die NATO werde die Schlüsselrolle für die europäische Sicherheitstruktur behalten. Dennoch sei eine EU-Inititative die Voraussetzung für ein sicheres Europa. Die NATO müsse allerdings bei Entscheidungen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsinitiative beteiligt werden.
Vorsichtig Kritik äußerte Scharping in Bezug auf die Raketenabwehr-Pläne der USA, für die neben den finanziellen Kosten auch ein hoher "politischer Preis" zu zahlen sei.
Ähnlich Bundesaußenminister Fischer. In seiner Rede mahnte er ein Mitspracherecht der europäischen Partner beim US-Programm für eine nationale Raketenabwehr an. Die Auswirkungen auf das Bündnis und die internationale Abrüstung sollten "gemeinsam und sehr sorgfältig abgewogen werden."
Zuvor hatte der US-amerikanische Verteidigungsminister William S. Cohen in seiner Rede am Aufbau einer eigenen Raketenabwehr festgehalten. Cohen wies Vergleiche mit der Diskussion um die "Strategische Verteidigungsinitiative" (SDI) in den achtziger Jahren als abwegig zurück. Staaten wie Nordkorea, Iran, der Irak oder Libyen liessen den Vereinigten Staaten keine andere Wahl. Der US-Verteidigungsminister fordert, dass die NATO trotz der europäischen Pläne das Fundament der transatlantischen Sicherheit bleiben müsse. Die EU-Pläne dürften die NATO nicht spalten, sondern müssten sie stärken. Der Zusammenhalt der NATO dürfe nicht gefährdet werden. Aus dem Kosovo-Krieg habe man gelernt, so Cohen: "We need to do a much better job of maintaining secure communication links between the forces of different nations". Dies erfordere zwangsläufig höhere Militärausgaben der europäischen Staaten. Die USA können, so Cohen, nicht dauerhaft der Lastesel der NATO sein.
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