From Bavaria to the White House
Autor : Florian Wachter E-mail: fwachter@e-politik.de Artikel vom: 13.04.2002
Der Kanzlerkandidat Edmund Stoiber will weltpolitisches Profil demonstrieren. Und besuchte George W. Bush im Weißen Haus. Florian Wachter hat ihm dabei in Washington zugeschaut.
"This is the German chancellor", sagt die Dame vor dem Weißen Haus und zeigt in Richtung Edmund Stoiber. "Really?", antwortet ihr Sohn. "Not really", korrigiert der Reporter freundlich, "maybe the forthcoming one, right now he's just the State Governor of Bavaria". "Oh, I see, Bavaria not Germany". "That's right, Mam". Aufklärung für zwei amerikanische Touristen.
Einige Meter entfernt gibt Edmund Stoiber deutschen Fernsehsendern ein Interview. Nach einem kurzen Statement beim "Stake out" neben dem Oval Office im Garten des Weißen Hauses muss Stoiber jetzt ein zweites Mal ran. Diesmal inmitten von High School-Schülern und amerikanischen Reisegruppen. Einige der Journalisten, die Stoiber auf seiner Stippvisite in die USA begleiten, haben es nicht mehr in das Weiße Haus geschafft. Der Secret Service will keinen Agenten abstellen, der das Equipment der Reporter checken kann. Offenbar ist niemand darauf vorbereitet, dass Stoiber mit einem Tross von über 40 (zumeist bayerischen) Journalisten anreist.
Der Pressechef der Deutschen Botschaft ist mächtig sauer und appelliert an die Security am Eingang. Vergeblich. Ein Redakteur des Bayerischen Rundfunks tobt. Der stämmige Officer von der White House Security bleibt hart: "If there´s no Secret Service check, you won't get in here, understand! I don't care who this Stoiber is!."
Klar. Willkommen in der Zentrale der Weltpolitik. Immerhin ist das das Weiße Haus und nicht die Staatskanzlei.
Also Stoiber einmal vor dem Oval Office und dann nochmal außerhalb des Weißen Hauses. Damit auch jeder den weltmännischen CSU-Chef im Kasten hat oder zitieren kann. Selbst die New York Times und die Washington Post haben Reporter geschickt. Stoiber wünscht den Nahost-Vermittlungen von Collin Powell das Beste, hält den Irak für sehr gefährlich und sieht auch sonst eine ganze Menge Gemeinsamkeiten mit dem US-Präsidenten. Der komme schließlich aus Texas und er aus Bayern, meint Edmund Stoiber und lacht. Das verbinde. Natürlich habe sich Bush nicht in den deutschen Wahlkampf eingemischt, aber ihm, Stoiber, schon viel Glück gewünscht.
Das wird er brauchen. Zumindest, was sein rhetorisches Talent angeht. Stoiber wirkt vor laufenden Kameras nervös, auch auf der anderen Seite des großen Teiches. Und dann passiert ihm vor dem Weißen Haus, was ihm nicht passieren sollte. Auf die Frage nach den Auswirkungen der sich erholenden US-Wirtschaft auf die deutsche Konjunktur, kommt er ins Schwimmen. Das Wort "Verbraucherindex" will ihm einfach nicht über die Lippen. Stoiber lächelt, sucht nach Worten und findet schließlich eines: "Konsum", flüstert ihm sein Pressesprecher zu. Das Presse Briefing vor dem Weißen Haus wird kurzerhand beendet. Fast scheint es, als kämpfe Stoiber vor Journalisten mit jedem Satz und noch immer mit dem Damokles-Schwert seines medialen Fehltrittes bei Sabine Christiansen.
Auch am Nachmittag bei der Konrad Adenauer Stiftung, der US-Notenbank, dem Senat und der Deutschen Botschaft in Washington: Stoiber wird selten konkret. Sein europapolitisches und außenpolitisches Profil steht auf einigen Karteikarten, die ihm sein Pressereferent zuschiebt. Nachfragen sind unerwünscht. Nein, zu Kyoto könne man von ihm nun im Moment wirklich keine Meinung erwarten... Stoiber will sich an diesem Tag in Washington als Staatsmann mit Weitblick präsentieren. Er hat es versucht. Aber damit sich auch die White House Security für ihn interessiert, muss er sein Profil noch schärfen. Gerhard Schröder hat es schon geschafft. "Yeah, I know that guy. He's your boss", grinst der stämmige Officer, als der Reporter das Weiße Haus verlässt und seinen Presse-Clip abgegeben hat.
Bilder: Copyrights liegen bei www.cdu.de und www.whitehouse.gov
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Weiterführende Links:
Website von Edmund Stoiber
Website des Weißen Hauses
Leserkommentar
von
Johannes Schmidt
am 15.04.2002
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Hat Stoiber ein Problem?
Also nicht nur Fehltritte und Stockungen bei Auftritten in der Republik, sondern auch international. Ein aufschlussreicher Artikel, der deutlich vor Augen führt, dass Stoiber ausserhalb seines Herrgottswinkels ein Problem zu haben scheint..Es erstaunt, wie schwer sich dieser,uns doch allen bekannt als forscher, oft polemischer Redner auf dem glatten Parkett der Bundespolitik tut. Ist die Angst zu versagen wirklich schon so gross, oder Stoiber ein Opfer seiner Wahlkampfstrategen? Der "berüchtigte" Christiansen-Auftritt mag ja noch als Startproblem mit der ungewohnten Kandidatenrolle durchgehen-doch wie lange soll die Eingewöhnung noch gehen? Schliesslich ist die Zeit,auch wegen der so gewollten, späten Nominierung denkbar knapp.Mir scheint es, als würde Stoiber stets mit angezogener Handbremse seinen Wahlkampf führen! Oder vielleicht führt ja nicht er, sondern wird geführt? Mir drängt sich der erschreckende Verdacht auf, dass Stoiber verzweifelt versucht die ihm von seinen Marketingstrategen vorgegebene Rolle auszufüllen. Natürlich kann er sich nicht mehr die oft belächelten Platitüden und Reden eines schwarzen Alleinherrschers im bundesweiten Wahkampf erlauben, doch ein Funke der alten Wortgewalt wäre eine Wohltat. Dann müsste man nicht bei jedem Auftritt des Edmund Stoiber zweimal hinhören ob man es nicht mit einem zweitklassigen Pressesprecher der Union zu tun hat. Gegen einen ausgebufften Medienprofi wie Gerhard Schröder ist trotz allem Verständnis für wirkliche Inhalte so jedenfalls kein Stich zu machen.
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