Ende der Gemeinsamkeiten
Russland als eigensinniger Querulant?
von: Thomas Mehlhausen
- ThomasMehlhausen@web.de
Datum: 12.03.2002
Welch schön kontroverser Artikel zum Streiten, da kann man doch einiges auch anders sehen: 1.Jedes Land der Koalition gegen den Terror hat ein eigenes Interesse. Zweifelsohne war der 11. September ein gutes Mittel für Putin, seinen eigens forcierten Tschetschenienkrieg zu legitimieren mit Verweis auf den globalen Terrorismus. Zumal Tschetschenien schon vor dem 11.September mit Afghanistan in Verbindung gebracht wurde. Doch diese Doppelzüngigkeit - in dem Sinne, daß nicht der Terrorismus als mörderische und zerstörerische Kraft bekämpft wird, sondern als Vorwand genutzt wird oder bestenfalls nur ein Teil der Motivation für einen Krieg ist – kann mit Sicherheit auch den USA entgegengehalten werden. Als Schlagworte sollten der National Patriot Act genannt werden sowie die gesteigerten Militärausgaben und die dafür in Kauf genommenen Kürzungen im sozialen und okölogischem Sektor, die gesteigerten Popularitätswerte des schwachen Präsidenten auf der einen (innenpolitischen) Seite und andererseits außenpolitisch die Rohstoffquellen in Afghanistan sowie dessen strategische Lage, die politische Entspannung der Beziehungen mit China und Rußland – die Liste ließe sich fortführen, so wie sicherlich die Liste Rußlands auch. Der Vorwurf der Doppelzüngigkeit ist daher bestenfalls trivial. 2.Warum die Bedenken bezüglich der amerikanischen Überlegungen eines neuen Golfkrieges nur als verantwortungsloses und die Brisanz von unkontrollierter Waffenherstellung verkennendes Handeln interpretieren? Wenn Überlegungen von Amerikanern angestellt werden, auch kleine Mengen radioaktiven Materials in Raketen zu verwenden oder – um weniger spekulativ sondern Fakten zu reden lassen – der Einsatz von Streubomben in Afghanistan, Agent Orange in Vietnam oder der Wasserstoffbombe auf Hiroshima zeigen, daß wohl kein Staat gegen unüberlegtes, jedoch folgenreiches Handeln gefeit ist. Auch wenn die USA gewissenhafter mit solchen Waffen umgehen sollte – bedeutet das, daß jedes Land angegriffen werden muß, daß für die Amerikaner eine potentielle Gefahr darstellt? Wird Terrorismus zur Pauschallegitimation für x-beliebige Kriege? Ein Paradoxon wird zum Standardargument: Krieg für Frieden oder Terror gegen Terror oder Gewalt zur Vorbeugung neuer Gewalt. Doch diese Diskussion braucht hier nicht einmal geführt werden: Die Frage nach der Rechtfertigung eines Krieges ist offensichtlich nicht nur für Rußland nicht zu bejahen. Auch die europäischen Staaten- wie auch Deutschland - äußerten sich skeptisch. Und daß die SPD Pauschalpazifisten seien, läßt sich nun weiß Gott nicht behaupten. Worin besteht nun also die Besonderheit Rußlands in ihrer Skepsis gegenüber der amerikanischen Politik? Glücklicherweise wehen nicht mehr alle Fahnen im Wind. 3.Die russische Skepsis nur auf Tradition und gar Fortführung des Kalten Krieges zu beschränken, greift zu kurz. Sicherlich beansprucht Rußland nach wie vor eine starke internationale Rolle und überschätzt sich dabei manchmal etwas. Doch momentan zeigt Putin, daß er die reale Rolle Rußlands richtig einschätzt, indem er z.B. das NMD still hinnimmt. Übrigens gehört Gorbatschow bestimmt nicht zu den Traditionalisten, die „in einem alten Weltbild gefangen“ sind, er war schließlich nicht unwesentlich (gelinde gesagt) am Ende des Kalten Krieges beteiligt.
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