Nur ein Punktsieg in Paris
Autor : Timour Chafik E-mail: redaktion@e-politik.de Artikel vom: 23.03.2001
Nach 24 Jahren konservativer Herrschaft eroberte der Sozialist Bertrand Delanoe die Macht im Pariser Rathaus zurück. Der Posten des Bürgermeisters von Paris bedeutet aber nur einen Punktsieg für Lionel Jospins pluralistische Linke. Timour Chafik berichtet
Die Kommunalwahlen in Frankreich trugen schon beinahe die Züge der nahenden Präsidentschaftswahl: Eine "Zeitenwende" wurde eingeleitet, die "Befreiung von Paris" gefeiert, das "Ende des Neogaullismus" besiegelt, die "Schlacht um die Hauptstadt" beendet.
So oder ähnlich erklang das Echo französischer wie ausländischer Medien, die die Mehrheit der Rot-Grünen-Koalition im Pariser Stadtrat als grundlegenden Richtungswechsel zu deuten versuchten. Und dies nicht zu Unrecht, bietet sich doch das Sprungbrett Paris für den entscheidenden Satz an die Staatsspitze der Grande Nation an. Jacques Chirac hat es 18 Jahre lang vorgemacht, wie sich im metropolitanen Schmelztiegel - Zentralismus sei Dank! - ein politisch lebenswichtiges Netzwerk aus Geld, Staatsführung und Volkes Meinung spinnen lässt.
Pariser Seilschaften
Bertrand Delanoe wird ähnlich geschmeidig durch die Gänge des Hôtel de Ville wandeln, die Untiefen der Hauptstadtpolitik umschiffen und bemüht sein, ein Geflecht einflussreicher Seilschaften zu weben. Zunächst nicht für sich, sondern als Trampolin für Monsieur le Premier Ministre, Lionel Jospin. Der greift unverblümt nach der Präsidentschaft 2002, und verpackt den Teilerfolg Delanoes als einen persönlichen Sieg seiner Parti Socialiste (PS). Dabei ist Delanoes Einzug in das Pariser Rathaus wahrlich nur ein Zwischenergebnis: Landesweit dominieren die Neogaullisten des Präsidenten, in mehreren Mittelstädten wie Aix-en-Provence, Chartres, oder Rouen trotzte das Rassemblement pour la République (RPR) Jospins Linker den traditionell sozialistisch besetzten Bürgermeisterposten ab. Aber die Wahl im kommenden Jahr wird genau dort entschieden, wo die Partei des neuen Pariser Bürgermeisters herbe Niederlagen hinnehmen musste: In Toulouse und Bordeaux, in Avignon und Straßburg, in Blois und Orléans.
Alle Politik ist lokal
Denn die 1962 unter De Gaulle eingeführte Direktwahl soll dem Präsidenten die demokratische Legitimation einräumen, die er benötigt, um seine verfassungsrechtlichen Befugnisse möglichst ohne Einschränkungen ausüben zu können. Damit steht die Wahl zum Staatspräsidenten auch unter dem Stern der Kommunalpolitik.
Schließlich ist Paris nicht Frankreich: Der symbolische Triumph des 50-jährigen Bertrand Delanoe kann nur schwer darüber hinwegtäuschen, dass der Einzug ins Hôtel de Ville auf dem Rücken einer zerstrittenen Rechten erfolgte. Mit dem skandal- und affärenträchtigen Jean Tiberi, Noch-Bürgermeister von Paris und Chiracs "Mann fürs Grobe", kandidierte trotz Ausschluss aus der Partei ein chancenloser Mann erneut für den Posten. Die Zersplitterung des rechten Bündnisses um Tiberi und den Gegenspieler aus den eigenen Parteireihen, Philippe Séguin, war die unabwendbare Folge. Diesen Fehler kann sich die RPR im kommenden Wahljahr nicht mehr erlauben. Der tief sitzende Schock von Paris wird die zerstrittene Konservative zum Neuanfang zwingen.
Foto: Copyright liegt www.paris-france.org
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Weiterführende Links:
Resultate der Pariser Kommunalwahlen
Die offizielle Homepage von Lionel Jospin
Leserkommentar
von
Johann
am 23.03.2001
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Interessant, aber zu kurz
Durchaus interessanter Artikel zu den Pariser/französischen
Kommunalwahlen. Gut durchleuchtet, aber zu kurz: Das französische Parteiensystem is einfach zu komplex, um in 3 Absätzen abgehandelt zu werden. Trotzdem gut
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