Unverhohlen rückt der Irak als nächstes Ziel des "Feldzugs gegen den Terror" ins Fadenkreuz der Amerikaner. So nutzte die amerikanische Delegation die diesjährige Sicherheitskonferenz auch, um Regierungen und Öffentlichkeiten der mit den USA verbündeten Staaten auf die nächste Phase im "Krieg gegen den Terror" vorzubereiten.
"Keine Angst, der Feldzug ist noch lang nicht vorbei"
Der stellvertretende Verteidigungsminister Wolfowitz erklärte in seiner Ansprache, trotz den ersten Erfolgen in Afghanistan sei der Krieg gegen den Terror noch lange nicht vorbei. Ziel müsse es jetzt sein, die Allianz gegen den Terror zu stärken und zu erweitern, besonders in der islamischen Welt. Im Krieg gegen den Terror gäbe es nicht nur eine "einzige, exklusive" Koalition. Es gelte vielmehr "flexible Koaltitionen" der Entschlossenen zu bilden, so dass das Ziel des Anti-Terror Krieges nicht auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" reduziert werde. US-Senator John McCain ergänzte, man sei in Washington der festen Überzeugung, "ein Mandat zu haben, um das terroristische Netzwerk, das Europa und Amerika bedroht, zu besiegen und zu zerstören".
Selbstverteidigung braucht Prävention
Die internationale Staatengemeinschaft habe den internationalen Terrorismus zu lange falsch bekämpft, ihn als ein polizeiliches Problem verstanden, so Wolfowitz weiter. Statt nur auf Terror zu reagieren, gelte es nun aktiv zukünftige terroristische Anschläge zu verhindern. Daher sei es essenziell, die Terroristen zu jagen und ihnen eine sichere Unterkunft zu versagen, bis sie sich "nirgends mehr verstecken können". Der Ansatz der Anti-Terror-Allianz müsse hierbei auf Prävention und nicht nur auf Bestrafung zielen.
"Der Tag der Abrechnung kommt"
Was Prävention in Washington konkret bedeutet machte Senator McCain in seiner Rede deutlich: "Die nächste Front" im Krieg gegen den Terror sei klar und "wir sollten nicht davor zurückschrecken, dies auch wahrzunehmen". In Bagdad sitze ein Terrorist, der auf die Ressourcen eines ganzen Staates zurückgreifen könne und sich seit langem den Forderungen der internationalen Gemeinschaft, auf Massenvernichtungswaffen zu verzichten, widersetze. Doch, so McCain, "der Tag der Abrechnung kommt".
Überraschend kommt die zunehmende Konzentration der Planer des Anti-Terror-Kriegs auf den Irak indes nicht. Bereits in seiner "State of the Union"-Rede hatte US-Präsident Bush den Irak neben dem Iran und Nordkorea als "Achse des Bösen" bezeichnet. Auch wenn sich die Regierungsvertreter in der amerikanischen Delegation hier teils weniger deutlich als McCain äußerten, so ließen sie doch keinen Zweifel daran, dass sie prinzipiell die Einschätzung ihres Präsidenten teilten. Am Rande seines Treffens mit dem russischen Außenminister Sergei Ivanow bemerkte Wolfowitz dazu, Präsident Bush habe "das Problem identifiziert und das ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer Lösung".
Beweislage gegen den Irak ist nicht kritisch
Einwände gegen ein mögliches Vorgehen in Richtung Irak, wie sie von einigen europäischen Vertretern gelten gemacht wurden, lassen die Amerikaner nicht gelten. "Der Irak", so befand US-Senator Lieberman, stelle ohne jeden Zweifel eine klare und deutliche Gefahr ("clear and present danger") dar. Überdies spiele die Zeit nicht für die Amerikaner. Der irakische Diktator Saddam Hussein, so erklärten die Amerikaner weiter, unterstütze den internationalen Terrorismus und versuche überdies in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu kommen. Dies bedrohe die Sicherheit der Vereinigten Staaten, die daher das Recht hätten sich zu verteidigen.
Lektion aus Afghanistan: Militärischer Erfolg ist möglich
Die Mittel für eine Beseitigung Saddams seien bereits heute gegeben: Übereinstimmend stellten die Amerikaner fest, dass der Irak heute wesentlich schlechter gerüstet sei als noch 1991. Indessen habe sich die Schlagkraft der USA deutlich erhöht. Der Erfolg des Feldzugs in Afghanistan stelle ein Modell für das weitere Vorgehen dar: hier sei mit überwältigender Luftmacht, Spezial-Einheiten und einheimischen Oppositionskräften das Taliban-Regime gestürzt und die al Quaida-Organisation vertrieben worden.
Ohne eine deutliche Beteiligung von Landstreitkräften werde ein Sturz Saddams im Irak aber wohl nicht gelingen. Dies sei, so erklärten Wolfowitz und McCain übereinstimmend, eine der wichtigsten Erfahrungen des bisherigen Anti-Terror Kriegs.
Mit euch oder ohne euch
Auch wenn Wolfowitz nicht klar erklärte, dass die Amerikaner gegen den Irak vorgehen werden, so scheint dies doch hauptsächlich nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Bewusst, so Wolfowitz, habe US-Präsident Bush den Irak als Teil einer Achse des Bösen bezeichnet. In Washington erhoffe man sich durch diese und ähnliche Äußerungen, eine Debatte in der europäischen Öffentlichkeit anzustoßen. Bevor sie gegen den Irak vorgehen, so scheint es, wollen die Amerikaner so viele Verbündete wie möglich ins Boot holen. Falls dies aber nicht gelinge, daran ließ hier keiner der amerikanischen Redner einen Zweifel, werde man es notfalls auch alleine machen.
Bild: Copyright liegt bei der CIA
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