"Un dovere assoluto: Aiutare chi è rimasto indietro. - Absolute Pflicht: Denen helfen, die zurückgeblieben sind."
Von den Plakatwänden ganz Italiens strahlt das Weichzeichnergesicht eines mittlerweile Mittsechziger. Wer ist dieser Mann? Was will er?
Ein Gesicht verfolgt den Wähler
Bei der Busfahrt durch Neapel fühlt man sich verfolgt von Silvio Berlusconi, dessen Konterfei wie das des Big Brother aus 1984 an jeder Straßenecke den Blickkontakt mit einem sucht.
Sein persönlicher Wahlverein Forza Italia - hier von einer Partei zu reden, damit täte man sowohl
Parteien als auch Forza Italia unrecht - hat die Apenninenrepublik zur Kampfzone ihrer Medienschlacht erklärt. Ins Land werden billige Sprüche geschickt, die das Volk hinter den Kurzzeitpremier von 1994 bringen sollen.
Berlusconi - der Mann war einmal Staubsaugervertreter - verspricht jedem alles, will der Regierungschef der Armen und der Reichen sein und bezeichnet sich selbst als presidente operaio - Arbeiterpremier. Waschmittelwerbung, die verspricht mit einem Messbecher Pulver die Arbeitskleidung aller Ruhrkohle AG-Mitarbeiter strahlend weiß zu waschen, ist gegenüber Berlusconis Wahlversprechen als seriös einzustufen.
Lieber Supereva als Silvio
Berlusconis Werbung schlägt ein: Kein Programm, keine Sachaussagen, dafür kurze und bündige Slogans. Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme einer führenden Industrienation werden auf neun Plakate mit jeweils nicht mehr als 13 Worten komprimiert. Gegen diese Art des Wahlkampfs waren die US-Präsidentschaftswahlen eine hochintellektuelle Debattierveranstaltung.
Vermutlich wird der Mailänder Medienprofi mit seiner Werbekampagne sogar Erfolg haben. Der italienische Online-Anbieter Dada jedenfalls hat die Primitivslogans für den Launch seiner Community Supereva.it adaptiert. Eine computergenerierte Schönheit lächelt etwas verklärt an uns vorbei. Dynamisch und im besten Politikerslang verspricht uns Supereva.it ein ganz neues World Wide Web-Gefühl: "Zusammen werden wir das Internet verbessern!"
"Es ist das Recht aller, das Web zu erleben. Meine Aufgabe ist, es zu einem Vergnügen zu machen."
"Ein klarer Auftrag: Mehr Internet für alle."
Wahlkampf zum Produktlaunch genutzt
Supereva.it plakatierte in den italienischen Städten 3.000 mal, fand sich im Januar bereits auf Platz 5 der italienischen Top Web Sites und überholte damit Konkurrenten wie msn.com, yahoo.it oder auch das Portal Tin.it der Telecom Italia. Das Jahr 2000 schloss Dada mit einem Umsatz von knapp 37,5 Millionen Mark ab und steigerte sich damit um 302 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die Werbekampagne für Supereva.it, "die erste Frau, die dich durchs Web führt", stellt "die Rechte des Individuums auf eine freiere und demokratischere Navigation im Internet" und den "Schutz der Online-Lebensqualität" in den Vordergrund. Nicht alles ist Scherz - in der Pressemitteilung wird sogar einmal ein onlinepolitisches Anliegen erwähnt.
Supereva.it wehrt sich hier gegen den italienischen Staat, der versucht das Web zu reglementieren, indem er per Gesetz ein zentrales Domainregister errichtete. Der Anbieter sieht darin die Entwicklung der italienischen Informationsgesellschaft gebremst.
Die Werbekampagne für Supereva.it ist sicher ein schönes Beispiel für die ironische Aufarbeitung eines Wahlkampfes für die Vermarktung eines Produktes. Erst durch diese Promotionaktion drängt sich eine dunkle Vermutung auf: Wahrscheinlich hat die junge Onlinecommunity im Gegensatz zu Silvio Berlusconi tatsächlich klare (Umsatz-)Ziele, eine Menge Content und ist halbwegs fähig, das Webland Italien zu managen.
Grafik: Copyright liegt bei www.supereva.it
Zurück zur Dossier-Übersichtseite