Die Atmosphäre war deutlich aggressiver als am gestrigen Freitag. Bis 19:00 Uhr war es allerdings noch nicht zu besonderen Zwischenfällen gekommen.
"Umzug" hinter den Marienplatz
Da die Fläche direkt auf dem Marienplatz von Polizeisperren abgeriegelt war, hatten sich ca. 3000 Demonstranten vor dem Viktualienmarkt und beim Kleinen Rathaus versammelt. Die meisten U-Bahn-Ausgänge sind versperrt, doch die NATO-Gegner schaffen es, sich durch Seitenstraßen zu drängen. Vom Viktualienmarkt geht der Zug relativ geschlossen über kleine Gassen ins Stadtzentrum. Die Grupppe skandiert Sprüche wie "Meinungsfreiheit überall – bringt die NATO jetzt zu Fall!" – "Wir wollen keine Bullenschweine" – "Hoch die internationale Solidarität" und "Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt"
Nicht nur Linke, sondern auch Rechte
Besonders einige Anhänger der rechten Szene, die unter den größtenteils aus jugendlichen Punks bestehenden Demonstranten zu finden sind, stechen ins Auge. Jugendliche mit rasierten Köpfen, Bomberjacken, Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln und hochgekrempelten Jeans liefern sich eine Schlägerei mit Autonomen. Es vergeht etwas Zeit, bis die Polizei sich den Weg zu ihnen gebahnt hat und die gegnerischen Gruppen durch Kesselbildung voneinander abschirmt.
Gespannte Stimmung
Die Polizeibeamten bemühen sich, gleichmäßig und langsam zu marschieren, um nicht durch schnelleres Laufen Hektik und Panik auszulösen. Nachdem der Demonstrationszug vom Viktualienmarkt durch Seitengassen zur Kaufinger Straße, der Münchner Haupteinkaufsstraße zwischen Stachus und Marienplatz, gezogen ist, versammelt sich ein kleinerer Teil vor der Frauenkirche. Augrund einiger Kesselaktionen der Polizei ist die Gruppe nun deutlich kleiner, während einige andere Grüppchen sich in Teilen der Innenstadt befinden. Hier zeigt sich Abneigung auch gegen die Presse: Kameramänner und andere Pressevertreter werden als "Arschlöcher" beschimpft.
Erstmals Verletzte
Anders als gestern kam es heute auch zu einigen Verletzten. In einer Seitenstraße wurde ein jugendlicher Punk von freiwilligen Sanitätern wegen einer heftig blutenden Kopfverletzung behandelt. "Bis jetzt haben wir 10 Personen behandelt", sagt Christoph von der Sanitätsgruppe Demokratisches Zentrum Ludwigsburg. Diese Verletzungen seien sowohl durch direkte als auch durch indirekte Gewalt durch Polizeibeamte entstanden.
"Das schlimmste war eine Kopfverletzung durch einen Schlagstock, mit Verdacht auf Gehirnerschütterung und eine blutende Platzwunde", fügt seine Kollegin Chris hinzu. Obwohl es bisher nur zu Bagatellverletzungen gekommen ist, machen sich die Sanitäter Sorgen. "Wenn man keine medizinischen Kenntnisse hat, wie die Polizisten, kann man leicht unbeabsichtigt eine schwere Verletzung auslösen, indem man sich zum Beispiel auf den Brustkorb einer Person kniet", erklärt Alexander, ein weiterer Sanitäter aus dem Rhein-Neckar-Kreis.
Grüppchenbildung am Abend
Um 18:30 Uhr ist der Zug wieder einigermaßen geschlossen auf dem Marienplatz angekommen. Eine lange Kette von Lieferwagen der Polizei dreht vor dem Rathaus um und fährt in Richtung Isartor. Einige Fahrzeuge sind mit schwarzer Farbe beschmiert. Um 19:00 Uhr sind die Demonstranten in zahlreichen kleinen Gruppen in der Innenstadt unterwegs.
Zur Dossierübersicht: Die 38. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik