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Das Ende der Wende - Vorgezogene Parlamentswahlen in Österreich
Autor : e-politik.de Gastautor E-mail: redaktion@e-politik.de Artikel vom: 06.10.2002
Am 24. November 2002 wird der österreichische Nationalrat neu gewählt und vieles spricht für eine Rückkehr der Sozialdemokraten an die Macht. Susanne Frölich-Steffen fasst zusammen.
Die ÖVP-FPÖ-Koalition unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel stand von Anfang an unter keinem guten Stern, nun ist sie am Ende. Ob die Wähler Wolfgang Schüssels ÖVP bei den kommenden Wahlen ihre Stimme geben, ist fraglich. Schließlich muss auch sie sich das Scheitern der Koalition vorwerfen lassen. Und die FPÖ kann erst recht nicht damit rechnen, ein auch nur annähernd so gutes Ergebnis wie 1999 zu erzielen. Sie zieht mit einer neuen Führungsmannschaft ohne den charismatischen und populären Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider in den Wahlkampf.
Die Wende
Als das österreichische Volk im Oktober 1999 ihr Parlament wählte, rechneten die wenigsten mit einer schwarz-blauen Regierung. Zwar waren viele Bürger der seit 1986 amtierenden Großen Koalition überdrüssig, doch die FPÖ galt als "nicht regierungsfähig". Überraschenderweise gelang es ihr aber, mit der ÖVP gleichzuziehen. Nach viermonatigen Koalitionsgesprächen einigten sich Schüssel und Haider auf ein gemeinsames Programm, und im Februar 2000 wurde die neue Regierung vereidigt.
Ausländischer Protest gegen die FPÖ
Die politische Wende wurde vom In- und Ausland mit schärfsten Protesten begleitet. Monatelang demonstrierten in Wien einmal pro Woche Tausende gegen die neue Regierung. Die 14 EU-Partnerländer verhingen "Sanktionen" über Schüssel und seine Minister und beschränkten die bilateralen Kontakte auf die Arbeitsebene. Der neue Bundeskanzler ließ sich von all dem jedoch nicht beirren. Er, so ließ er verlauten, könne den "Kanzlermacher Haider zähmen" und werde das Land reformieren. Der öffentliche Druck machte sich aber zumindest im Regierungsprogramm bemerkbar. Die FPÖ musste etliche ihrer rechtsgerichteten Ziele fallen lassen und sich auf einen unumstritten demokratischen und europafreundlichen Kurs verpflichten.
Kurze Zähmung der FPÖ
Unter Beobachtung durch das Ausland gelang es Schüssel tatsächlich, die FPÖ kurzfristig zu "domestizieren". Ihr Vorsitzender Jörg Haider trat von seinem Amt an der FPÖ-Spitze zurück, seine Nachfolgerin wurde die gemäßigte, wenn auch als haidertreu bekannte Susanne Riess-Passer. Zügig verabschiedete die Regierung die Gesetze zur Entschädigung der Zwangsarbeiter und bemühte sich stärker um die EU-Osterweiterung als manch anderes Land. Daraufhin wurden im September 2000 die EU-Sanktionen aufgehoben und es kehrte Normalität nach Wien zurück.
Haiders Opposition zur Politik der Regierung
Doch schon bald wurde die FPÖ von internen Machtkämpfen gebeutelt. Im März 2001 deutete sich erstmals eine Entfremdung der freiheitlichen Regierungspolitiker von ihrem politischen Ziehvater Haider an. Der Kärntner machte den gemäßigten Kurs der Bundespartei für das schlechte Wahlergebnis der FPÖ bei der Wiener Gemeinderatswahl verantwortlich. Riess-Passer und der Fraktionsvorsitzende Peter Westenthaler ließen sich das freilich nicht gefallen, zumal Haider selbst den Wahlkampf dominiert hatte. Die Vizekanzlerin drohte mit Rücktritt. Nach einigen Querelen konnte ein Burgfriede geschlossen werden.
Bröckelnder Burgfriede
Doch er hielt nicht lange, denn Jörg Haider machte unaufhörlich Opposition gegen die eigene Regierung. Er kritisierte die in Wien beschlossene Entschädigungs-, Europa-, Erweiterungs- und Sicherheitspolitik und manövrierte so seine Amtsnachfolgerin immer wieder in eine missliche Lage. Einerseits war sie als Gefolgsfrau des immer noch populären Haiders auf seine Gunst angewiesen, andererseits als Vizekanzlerin erste Ansprechpartnerin der ÖVP und Repräsentantin des Landes. Als Schüssel beispielsweise mit seinem tschechischen Amtskollegen in der Frage des Atommeilers Temelin eine Einigung erzielt hatte, forcierte Haider im Januar 2002 das Anti-Temelin-Volksbegehren, dass sich insbesondere gegen den Kurs der eigenen Regierung richtete. Nur durch das kompromissbereite Taktieren Riess-Passers konnten damals Neuwahlen verhindert werden.
Haiders Besuch bei Saddam
Im Februar dieses Jahres kam es nach einem Besuch Haiders bei Saddam Hussein erneut zu heftigen Kontroversen zwischen dem Schattenvorsitzenden und der Bundespartei. Haider hatte dem irakischen Regierungschef persönlich seine Freundschaft versichert und damit die Kritik Israels, der USA und einiger europäischer Staaten provoziert. Nach einem offenen Schlagabtausch zwischen Peter Westenthaler und der Vizekanzlerin auf der einen und Haider auf der anderen Seite, zog sich der Kärtner Landeshauptmann "endgültig" aus der Bundespolitik zurück. Doch auch fortan konnte von Zurückhaltung in bundespolitischen Fragen keine Rede sein.
Das Ende der Wende
Nach der Hochwasserkatastrophe im August 2002 erwog die Regierung, die für das Jahr 2003 verabschiedete Steuerreform um ein Jahr zu verschieben. Daraufhin sorgte Haider für einen Sonderparteitag, um die freiheitlichen Regierungsmitglieder mittels Parteitagsbeschluss von diesem Vorhaben abzuhalten. Innerhalb weniger Wochen eskalierten die parteiinternen Intrigen gegen Riess-Passer, die am 8. September 2002 überraschend ihren Rücktritt erklärte. Haider verkündete daraufhin seinen "Rückzug vom Rückzug" und ließ sich als neuen, alten Spitzenkandidaten nominieren. Weniger als eine Woche später jedoch zog er sich wieder einmal "endgültig" aus der Bundespolitik zurück und überließ das Feld dem bisherigen Verkehrsminister Matthias Reichhold. Am 21. September wurde dieser zum neuen Parteivorsitzenden und Spitzenkandidaten gewählt.
In zwei Monaten eine neue FPÖ?
Die schwarz-blaue Regierung ist an den Machtkämpfen innerhalb der FPÖ gescheitert. Jörg Haider ist ein begnadeter Populist und genau deshalb nicht "zähmbar". Der Zauberlehrling Schüssel wird aber nur mit einer neuen, haiderfreien FPÖ koalieren. Ob die Freiheitlichen ohne ihren bisherigen Spitzenkandidaten auch nur annähernd so viel Zustimmung erhalten wie bei den letzten Wahlen, ist unwahrscheinlich. Auch Wolfgang Schüssels Tage als Bundeskanzler sind somit gezählt, wenn es Matthias Reichhold nicht gelingt, aus der alten FPÖ innerhalb von zwei Monaten eine neue zu machen.
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Weiterführende Links:
Erklärung Wolfgang Schüssels zur Regierungsarbeit
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