Silvios Selbst-Gespräche
Autor : e-politik.de Gastautor E-mail: redaktion@e-politik.de Artikel vom: 10.11.2002
Italiens Premier Silvio Berlusconi hat es gut: Weil ihm drei
Privatsender gehören, interviewen ihn oft Journalisten, die
von ihm bezahlt werden. Sebastian Mahner hat echte Berlusconi-Interviews zu einer Satire zusammengeschnitten.
In einem TV-Studio des Berlusconi-Senders TV 4, ganz in
cremigen Weiß gehalten. Vorne stehen zwei weiße Stühle, der
rechte ist niedriger als der andere, offenbar wurde er abgesägt.
Darauf sitzt Talkmaster Maurizio Constanzo, klein, verwachsen,
etwas teigig, schnarrende Stimme. Er blickt nach links auf zu
Silvio Berlusconi, der grinsend den jubelnden Zuschaueren
seine zum V wie Victory gekreuzten Finger entgegenstreckt.
Constanzo (vorsichtig in den Jubel hinein): Presidente, heute
haben zwei Millionen Italiener gegen Ihr neues Arbeitsmarkt-
Gesetz protestiert. Was entgegen Sie diesen Menschen?
Berlusconi: Erstens mal war das höchstens eine Million -
sagen die Befragungen meines unabhängigen Institutes.
Und zweitens: Wir sind 55 Millionen Italiener, wieviel
Prozent sind da schon zwei Millionen? Rechne mal aus!
Constanzo (hartnäckig): Naja, immerhin gut 4 Prozent.
Aber da zählt man ja auch die Säuglinge und Kinder...
Berlusconi: Klar zählen die Kinder, bei Onkel Berlusca
zählen die Kinder immer viel. Also, was sind schon vier
Prozent! Damit kommst du in Deutschland nicht mal ins Parlament. Das ist nur bei uns so, weil wir so tolerant sind und
bei uns die Minderheiten bestimmen wollen - mit Revolte auf
der Straße. Das sind doch keine Demokraten!
Großer Applaus.
Constanzo (nervös): Presidente, zu einem anderen Thema:
Sie haben eine Neubesetzung des Außenministeriums angekündigt. Wann können wir damit rechnen?
Berlusconi (feixend): Das solltest du vielleicht mal meinen
Außenminister fragen! Lacht schallend los, das Publikum auch.
Constanzo (hält zittrig die Kärtchen mit den Fragen in seinen
wulstigen Händen): Aber Presidente, wie können Sie all die
Arbeit alleine stemmen?
Berlusconi (springt auf, haut sich mit der Faust dreimal
auf die Brust): "Ich bin der beste Mann der Welt!"
Setzt sich wieder. Ein Begeisterungssturm.
Constanzo: Presidente, das könnte wahr sein. Aber einige
scheinen nicht so zu denken. Sie wurden kritisiert, dass Sie
auf dem offiziellen Foto beim EU-Gipfel in Sevilla hinter
Spaniens Außenminister Hasenohren gemacht haben.
Berlusconi (jovial): Maurizio, wir kennen uns doch seit Jahren
oder? Constanzo nickt von unten. Wenn ich bei dir in der Sendung bin, müsstest du doch allmählich wissen, dass ich rede und
nicht du. Und das mit den Hasenohren war doch nur Spaß. Wir
sind eben humorvolle Südländer.
Ein Knarzen im Hintergrund.
Plötzlich eine Stimme aus dem Off:
Am Telefon haben wir den Kommunikationsminister live zugeschaltet.
Eine Stimme, sehr tief: Constronzo, lass das! Wir wollen hier
nicht unseren Ministerrpäsidenten beleidi...
Berlusconi (scharf dazwischen): Gasparri, STOP, sei ruhig.
Wir sind hier nicht in einer Diktatur! Riesenapplaus.
Du rufst gefälligst nur in Satireshows an und nicht hier, klar?
Stille. Plötzlich rutscht von einem Kameraobjektiv eine
braune Strumpfhose herunter.
Berlusconi (schreiend vor Wut): Stop, aus, sofort aus, die Kamera!
Cut! Die Strumpfhose! Ohne Strumpfhose, sag ich nichts mehr.
Nicht ohne meine Strumpfhose! Kameramann, du bist gefeuert!
Constanzo: Presidente, so beruhigen Sie sich doch! Sie
sehen auch ohne Strumpfhose vorm Objektiv völlig faltenfrei
aus - und wir können ja auch noch mit Weichzeichner die
Sendung nachberarbeiten.
Ein Leibwächter Berlusconis
beginnt an den Kabeln zu reißen. ZAPP. Bild weg. Werbung.
"Silvios Selbst-Gespräche" ist die zweite Szene der Satire "Ein Italienisches Drama" .
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