Unter Zar Peter dem Großen erweckte der Westen zum ersten mal das Interesse für Russland. Nun, nach jahrzehnte langer internationaler Isolierung ist die einstige Großmacht wieder bereit das Fenster nach Europa zu öffnen. Das Interesse an einer gleichermaßen umfassenden politischen Anbindung an die EU haben die höchsten Amtsträger Russlands gerade in jüngerer Zeit mehrfach bekundet.
Im Zusammenhang mit den Diskussionen über eine NATO- Osterweiterung in Helsinki brachte der ehemalige russische Präsident Boris Jelzin Ende März 1997 die Position seines Landes zum Ausdruck: "Russland will als vollwertiger europäischer Staat anerkannt werden. Wir sind bereit, in die Europäische Union einzutreten."
Der damalige Premierminister Tschernomyrdin wiederholte diesen Wunsch bei einem Treffen mit der EU- Kommission am 18. Juli 1997 und bekräftigte, dass es "keine andere Perspektive als die des Beitritts geben" könne, denn die Logik will, dass sich die Europäische Union und Russland in allen Bereichen näherkommen. Tschernomyrdin hatte allerdings klargemacht, dass dieser Beitritt ein langfristiges Ziel bleibe, da man in Russland realistisch genug sei, die zuvor zu bewältigen Probleme zu sehen.
Heute betreibt Russland schon etwa 40 Prozent seines Außenhandels mit den EU- Staaten und erhält aus diesen etwa 50 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen.
Ironie der Geschichte: Russlands Streben in das ehemalige Verteidigungsbündnis gegen den Ostblock
Mit Hilfe einer umfassenden Entideologisierung, Ökonomisierung und Entmilitarisierung der Außenpolitik sollte die Ablösung der veralteten marxistischen-leninistischen Staatsideologie Mitte der achtziger Jahre erfolgen. Michail Gorbatschow propagierte bald nach seinem Amtsantritt als Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU mehrfach, dass der Schlüssel zur neuen Außenpolitik in der Innenpolitik zu suchen sei, vor allem im grundlegenden Reformbedarf von Wirtschaftssystem und staatlicher Ordnung.
Das "Neue Denken" solle der Sowjetunion den Weg aus der internationalen Isolierung führen. Der Wandel im Zuge der Politik von Glasnost und Perestroika von Michail Gorbatschow brachte schließlich das Ende des Ost-West-Konflikts und die Auflösung des Warschauer Paktes. Die westlichen NATO- Staaten reagierten darauf mit der Umorientierung des Bündnisses. Dem Werben Russlands für die Einbindung in die Struktur der nordatlantischen Allianz wurde nachgegeben. In der am 27. Mai 1997 in Paris von den Staats- oder Regierungschefs der 16 NATO- Staaten und dem russischen Ex-Präsidenten Boris Jelzin unterzeichneten Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nordatlantik- Vertragsorganisation und der Russischen Föderation erhielt die Anbindung Russlands an die NATO konkrete Gestalt. Auf der Basis dieser Verständigung sollte Russland in der NATO zwar eine Stimme, jedoch kein Veto erhalten.
Partner- ja, Vertrauen- nein
Jedoch kann von keiner endgültigen Auflösung der Bipolarität die Rede sein. Das gegenseitige Misstrauen der weiterhin bestehenden Ost-West-Teilung ist mit der Einbindung Russlands in die NATO noch immer nicht ganz beseitigt. An dem Beispiel der Rohstoffabhängigkeit als auch der militärischen Beziehungen Slowakeis zu Russland, zeigt sich immer noch die westeuropäischen Befürchtungen, die Slowakische Republik könnte sich zu stark an Russland orientieren. Erst durch den Regierungswechsel in der Slowakei 1998, die der Moskauer Regierung nicht gerade positiv gesonnen ist, haben sich die Chancen der Slowakei für den NATO- und EU-Beitritt erst dann stark verbessert.