Bereits 1994 schaffte es der reichste Mann Italiens Silvio Berlusconi schon einmal auf den Chefsessel des Palazzo Chigi, den er jedoch nach sieben Monaten wieder räumen musste. Seit Juni 2001 ist er wieder auf diesen Platz zurückgekehrt, und ausgestattet mit stabilen Mehrheiten in beiden Parlamentskammern, sitzt er diesmal fest im Sattel und hat schon begonnen, die Gesetze nach und nach auf seine Interessen zuzuschneiden.
Leggi Berlusconi
Es begann mit der Abschaffung der Erbschaftssteuer von vier Prozent für Vermögen ab € 180, davon betroffen war lediglich ein Fünftel der Bevölkerung, vor allem aber der Premierminister selbst. Ende 2001 verabschiedete das Parlament ein Gesetz, durch das die internationale Zusammenarbeit der Justiz deutlich erschwert wurde. Die "legge sulle rogatorie" veränderte Kriterien bei der Berücksichtigung von Beweismaterial aus dem Ausland, was direkte Auswirkungen auf internationale Prozesse, von denen Berlusconi betroffen ist, hat.
Bereits im August wurde ein weiteres Gesetz beschlossen, dessen Motive noch schwerer mit dem allgemeinen Interesse des Landes zu rechtfertigen sind. Bilanzfälschungen wurden aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und die Freiheitsstrafen deutlich reduziert. Bilanzsünder in nicht an der Börse notierten Unternehmen, wie Berlusconis Holding Fininvest, kommen jetzt mit sechs Monaten bis zu drei Jahren, statt mit ein bis fünf Jahren davon.
Amnestie für "schwarzes Geld"
Hinter dem Gesetz mit dem unscheinbaren Namen "Dringende Bestimmungen im Hinblick auf die Einführung des Euro" verbirgt sich eine Bestimmung, die der Rückführung von zuvor ins Ausland verschafftem Kapital dienen soll. Wer sein Geld nach Italien zurückbringt, zahlt pauschal sensationell günstige 2,5 % Steuern.
Nicht nur wird dadurch Steuerflucht im Nachhinein belohnt, auch können die Betroffenen durch eine einfache Erklärung an ihre Bank in den Genuss dieser neuen Regelung kommen, ohne die Herkunft des Geldes angeben zu müssen, also ohne Furcht vor eventuellen Ermittlungen. Ein Geschenk an die organisierte Kriminalität, meint die Opposition. Die Mafia könne so ihr durch Verbrechen verschiedener Art verdientes Geld fast steuerfrei und ohne rechtliche Konsequenzen nach Italien zurückbringen. Doch die Regierung will von solcherlei Kritik nichts wissen.
Gemeinsam gegen die Richter?
Mit der Anti-Mafia-Bewegung stehen Berlusconi & Co. sowieso auf Kriegsfuß. Im Oktober 2001 wurde der Personenschutz für einige prominente Anti-Mafia Richter und Staatsanwälte deutlich reduziert und teilweise sogar gestrichen. Begründet wurde das mit der Absicht "Statussymbole" zu streichen. Unter den Betroffenen ist auch die Mailänder Staatsanwältin Ilda Boccassini, die den Mord an Giovanni Falcone aufgedeckt hatte.
Überhaupt befindet sich die Regierung mit der Justiz im Dauerkonflikt. So drohte der inzwischen zurückgetretene Innenstaatssekretär Carlo Taormina, den gegen Berlusconi und seinen Anwalt Cesare Previti ermittelnden Mailänder Richtern wegen ihres "Machtmissbrauchs" mit Verhaftungen. Derzeit versucht der Justizminister Roberto Castelli den zuständigen Mailänder Richter zu versetzen, um so den Prozess gegen Berlusconi und Previti zu verschleppen, denn - so die Regierungsversion - hier gehe es ja nicht um Rechtssprechung, sondern um die Bekämpfung bestimmter Personen aus politischen Motiven. Berlusconi & Co. sprechen in solchen Fällen dann von "roten Roben" und überhaupt scheint nach Berlusconis Darstellung Italien voll zu sein von Kommunisten und anderen schauderhaften linken Gestalten, die ihm schaden wollen.
Allein gegen Europa
Europaweite Schlagzeilen machte Berlusconis Angst vor den Richtern als er sich dem geplanten europäischen Haftbefehl in den Weg stellte. Innenminister Claudio Scajola forderte im Auftrag seiner Regierung, Korruption und andere ähnliche Delikte wie etwa Bilanzfälschung vom Haftbefehl auszuschließen. Koalitionspartner und Lega-Nord-Chef Umberto Bossi leistete seinem Regierungschef Schützenhilfe, indem er sich vehement dagegen aussprach, irgendwelchen "kommunistischen und linken Richtern aus 'Forcolandia'" (diese Wortschöpfung stammt von ihm und wäre ungefähr mit "Galgenland"/ "Henkerland" wiederzugeben, Forca = Galgen) zu erlauben, in Italien zu ermitteln.
Und das ist noch nicht alles...
Diese Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern beschränkt sich ganz bewusst auf besonders bedenkliche Ergebnisse des zweiten Versuchs von Silvio Berlusconi, Italien zu regieren. Daran wird deutlich, dass es sich hier nur teilweise um die üblichen Ergebnisse rechtskonservativer Politik handelt. Vielmehr wird immer deutlicher, wie stark die Gesetze auf die Person Berlusconi und die Interessen seiner Holding zugeschnitten sind.
Offen bleibt die Frage, wie lange die europäischen Partner Italiens noch zusehen wollen, wie sich das einst so europafreundliche Land immer mehr von den Pfaden der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entfernt und mit einem rücksichtslosen auf nationale und private Interessen des Regierungschefs bedachten Kurs die Nachbarn verschreckt.
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zu Berlusconis Italien - Teil 2
zu Berlusconis Italien - Teil 1