So schön müssten Wahlen immer sein: Strahlende Gesichter überall, glückliche Parteiführer, weil sie ohne zu lügen die Wahlergebnisse jeweils zu ihren Gunsten deuten können. Als in der Nacht zum Dienstag die ersten Ergebnisse der Kommunal- und Provinzwahlen in Italien eintrudelten, bei denen über elf Millionen Italiener über die Regierung von fast 800 Kommunen und 10 Provinzen entschieden haben (etwa eine Kreisstadt), schien es nur Gewinner zu geben - dabei hatten die Wahlen als erster Stimmungstest nach einem Jahr der Regierung Berlusconis gegolten.
Landesweite Bedeutung
Dessen Bündnis Casa della Libertà (Haus der Freiheit) konnte sich damit brüsten, die süditalienische Provinz Reggio Calabria erobert zu haben. Das Oppositions-Bündnis Ulivo (Olivenbaum) hingegen feierte den Sieg ihres Bürgermeisterkandidaten in Genua
als Zeichen des Aufschwungs.
Kommunalwahlen haben in Italien auch landesweite Bedeutung. Bei so viel Rosinenpickerei könnten zu Recht Zweifel an der italienweiten Aussagekraft von kommunalpolitischen
Ergebnisse aufkommen. Zumal sich Berlusconi selbst bis auf einen großen TV-Auftritt am Vortag der Wahl und ein schlaues Buch mit Wahlkampf-Tipps, das er an die Kandidaten verteilt hatte, im Wahlkampf zurückhielt. Allerdings haben die Italiener beispielsweise nach dem Korruptionsskandal Tangentopoli 1993 (siehe e-politik.de-Artikel hierzu) gezeigt, dass sie -wenn nötig - die Kommunalwahlen zum Protest gegen die Regierung nutzen.
Forza Italia schwach, aber kein Votum gegen die Regierung
Dieser Protest blieb diesmal aus, trotz der Massendemonstrationen der letzten Monate. Berlusconis Partei Forza Italia schnitt ohne die Hilfe ihres Maestros zwar relativ
schwach ab. Insgesamt verlor das Regierungs-Bündnis jedoch kaum eine wichtige Stadt und gewann teilweise sogar dazu. Diese Ergebnisse widersprechen dem auch in Deutschland aufgrund
der starken Proteste erweckten Eindruck, der Großteil der Italiener sei längst gegen Berlusconis Regierung.
Die Opposition schöpft trotzdem neuen Mut
Doch auch die Opposition hat nicht enttäuscht. Ausgezahlt hat sich offenbar vor allem, dass
der Olivenbaum es geschafft hatte, für die Abstimmungen kleinere Partein wie die Liste des früheren Star-Ermittlers Di Pietro auf seine Seite zu ziehen.
Ein Hinweis darauf, dass mehr Einheit der oft zerstrittenen Opposition auch mehr Stimmen
bringt. Manche Kommentatoren schreiben den vorsichtigen Aufschwung des Ulivo zudem den Demonstrationen gegen Berlusconi seitens der Gewerkschaften zu.
Unscharfe Momentaufnahme der politischen Stimmung
Mit euphorischen Überschriften wie "Olivenbaum stoppt Berlusconis Bündnis", so das Urteil der oppositionelle Tageszeitung Repubblica , sollte man dennoch vorsichtig sein.
Eher sollten die Kommunalwahlen als Momentaufnahme der politischen Stimmung gesehen werden:
Die Regierung ist zur Zeit stabil, aber nicht übermäßig stark, so dass sich die Opposition Chancen ausrechnen kann, in absehbarer Zeit wieder an die Macht zu kommen. Das ist natürlich ein etwas unscharfer Schnappschuss, nicht in Schwarz-Weiß, sondern in Farbe. Mit vielen bunten Details wie dem überraschend guten Abschneiden der Nachfolge-Parteien der untergegangenen Democrazia Cristiana oder dem starken Auftritt der Lega Nord, der auch Parteiführer Umberto Bossi eine bessere Position innerhalb der Regierung verschafft.
In den nächsten Monaten werden weitere Schnappschüsse, sprich Kommunalwahlen, folgen, eventuell schon mit etwas deutlicheren Konturen. Richtig scharf wird das Bild aber
wohl erst 2004, wenn Europawahlen anstehen.
Das Copyright des Bildes liegt bei Sebastian Mahner.