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e-politik.de - Home  Brennpunkt  Europa   Französische Präsidentschaftswahlen 2002


Montage: Timour Chafik

Alle zur Gruppenarbeit!

Autor :  Timour Chafik
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 19.04.2002

Teamarbeit kann erfolgreich sein - oder vollends in die Hose gehen. Vor allem wenn zwei politische Lager an einem Strang ziehen sollen. Timour Chafik erläutert Cohabitation und französiche Verfassung.


Kennt man schon: Da versucht einer, eine neue Form der Arbeitsteilung einzuführen, und hinterher beschweren sich wieder alle. Erst der Mitterand über den Chirac, später dann der Chirac über den Jospin. Cohabitation, "Zusammenwohnen", nennen das die Franzosen und meinen damit quasi eine WG, aus der man nicht ausziehen kann. Denn der Mietvertrag nennt sich Verfassung und der Vermieter Charles de Gaulle. Und der hatte eine klare Vorstellung davon, wie sich das Zusammenleben zwischen Präsident und Premier zu gestalten hat.

Der Präsident als Schiedsrichter

Zwei Organe mit unterschiedlichen Funktionen, wie Leber und Milz, so wollte das der General. Der Staatspräsident ist höchster Repräsentant, hat den Status des unverantwortlichen Staatsoberhauptes übernommen und verfügt über die dazugehörigen Befugnisse: von der Gesetzesverkündung (Art. 10) über das Begnadigungsrecht (Art. 17) bis hin zur Ratifizierung internationaler Verträge (Art. 52). Soweit alles beim alten. Neu in der Verfassung der Fünften Republik: Der Präsident wird zum Schiedsrichter. Sperrig heißt es in Artikel fünf, Absatz eins: "Der Präsident der Republik wacht über die Einhaltung der Verfassung. Er gewährleistet durch seinen Schiedsspruch die ordnungsgemäße Tätigkeit der öffentlichen Gewalten sowie die Kontinuität des Staates". Et voilà: Der erste WG-Krach ist vorprogrammiert.

Die Milz will anders

Denn die Richtlinienkompetenz liegt bei Organ Nummer Zwei, dem Premierminister und der Regierung, welcher der Staatspräsident nicht angehört. Er führt zwar den Vorsitz im Ministerrat, aber es wäre falsch, daraus ein Recht zur inhaltlichen Mitgestaltung abzuleiten. Denn "die Regierung bestimmt und leitet die Politik der Nation" (Art. 20). Dem Premier werden schließlich auch die Kompetenzen zugeteilt, die gewöhnlich dem Chef der Exekutiven zustehen: "Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 13 übt er (der Premierminster, Anm. d. Red.) das Verordnungsrecht aus und nimmt die Ernennung zu den zivilen und militärischen Ämtern vor". Gleichzeitig wird jedoch eine Zusammenarbeit zwischen "Leber und Milz", zwischen Regierung und Präsident, bei wichtigen Entscheidungen vorausgesetzt. Die Konsequenz: eine Verschränkung der Funktionen, beispielsweise bei Volksentscheiden (Art. 11) oder Verfassungsänderungen (Art. 89).

Der Premier, das Schutzschild

Die Beziehungen zwischen beiden Organen sind deshalb weniger staatlicher Natur, sondern eher der Entwicklung politischer Kräfteverhältnisse unterworfen. Wer sonst, wenn nicht de Gaulle selbst sollte damit bravourös umgegangen sein? Friedliche Cohabitation nannten dies die Zeitgenossen des Generals. Was nichts anderes bedeutete, als die strikte Unterordnung des Premiers unter den Staatspräsidenten nach dem Prinzip der délégation: alle Befugnisse des Premiers sind ihm vom Staatschef selber verliehen worden, der Premier ist das bouclier, das Schutzschild des Präsidenten. Ob verfassungskonform oder nicht - bis Mitterand trat anstelle einer horizontalen Kompetenzbegrenzung eine vertikale.

Erst die Amtszeiten Francois Mitterands offenbarten das gesamte Konfliktpotenzial des politischen Zusammenseins: 1986 zeigten der sozialistische Staatspräsident und sein gaullistischer Premier Jacques Chirac in eindrucksvoller Weise die andere Seite der Verfassung und schlitterten von Konflikt zu Konflikt. Wen wundert's? Handelte es sich doch zwischen 1986 und 1988 um eine konfliktuelle Cohabitation, die der heute mit Chirac und Jospin bezogenen WG gleicht. Nur ist jetzt Chirac der Hauptmieter.

Zieht an einem Strang

Die Verfassung weist viele Entscheidungen dem Staatspräsidenten und dem Ministerpräsidenten zur gemeinsamen Lösung zu und macht somit deutlich, dass beide Organe an der Spitze der Exekutiven einvernehmlich zusammenwirken müssen. Auch das war de Gaulles Absicht. Es gibt bei einer konfliktuellen Cohabitation keine neutrale Instanz zur Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten oder zur Abgrenzung der Kompetenzen in einem hybriden System mit sowohl präsidentiellen als auch parlamentarischen Elementen. Dualistischer Parlamentarismus oder semi-präsidentielles Gebilde? Die Fünfte Republik ist zumindest ein Versuch, ein modernisiertes Regierungssystem zu schaffen, das sich an dem Dualismus von Krone und Nationalrepräsentanten orientiert, der das 19. Jahrhunderts prägte.

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Fotomontage: Timour Chafik


   


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