Launiger Auftakt mit bitterem Beigeschmack
Autor : Markus Kink E-mail: redaktion@e-politik.de Artikel vom: 09.02.2003
Die Münchner Sicherheitskonferenz erlebt einen lockeren Donald Rumsfeld,
eine kritische Angela Merkel und einen warnenden Joschka Fischer. Die Konferenz
ist entspannt, der Dissens zwischen Europa und Amerika unübersehbar. Von
Markus Kink.
Unerwartet launig ging es zu, beim Auftakt der 39. Münchner
Sicherheitskonferenz. Wer hätte gedacht, dass gerade die Ausführung
des in jüngster Zeit so finster dreinschauenden und mit Kriegssorgenfalten
behafteten Donald Rumsfeld die humoristischsten des ersten Tages werden sollten?
Sicherlich, der Inhalt war ernst, und von Zeit zu Zeit verfiel Rumsfeld in
diesen Tonfall, der die ganze Entschlossenheit der USA
eindrucksvoll und charismatisch demonstrierte. Dann brannte in seinen Augen
flammender Zorn. Zorn auf die Irak-Regierung, die störrisch sich weigert,
ihre Karten auf den Tisch zu legen. Vor allem aber Zorn auf die dummen
Verbündeten aus Europa. "Jeder klar denkende Mensch muss die Bedrohung
angesichts der von Collin Powell vorgelegten Beweise erkennen!" rief er einmal
aus.
Harte Fakten, lockerer Ton
Zumeist jedoch präsentierte er die Position der US-Regierung in lockerem
"American English", wie ein Vater oder Großvater, der seinen Kindern
erklärt, wie die Welt läuft. Da fällt es nicht auf, dass sich
Ungereimtheiten in seine Ausführengen einschleichen. Oder wie soll das
zusammenpassen, wenn er an einer Stelle betont, Krieg dürfe immer nur das
letzte Mittel der Politik sein, er aber später über die eminenten
Bedrohungen, die vom Irak ausgehen, spricht? Die heutigen Entscheidungen
bestimmten das Leben unser Kinder und Enkelkinder, so Rumsfeld.
Daran stört er sich nicht. Übrigens auch nicht die Beobachter und nur
wenige der 500 Journalisten, die sich im Foyer des Hotels "Bayerischer Hof" die
besten Plätze für Film- und Bildaufnahmen prügeln, oder
eingepfercht im Medienzentrum vor ihren Notebooks hocken, hektisch tippen und
gleichzeitig angestrengt den Übersetzern lauschen.
Interviews gibt Rumsfeld keine. Die Strecke zwischen Konferenzsaal und Aufzug
zum wohlverdienten Mittagessen im Roofgarden- Restaurant des Bayerischen Hofes
legt er in Rekordzeit zurück. Dafür bekommt Joseph Lieberman, der
Präsidentschaftskandidat der Demokraten umso mehr Medienbeachtung. Er
versichert freundlich aber bestimmt, dass er sich zu nachrichtendienstlichen
Vorgängen, soweit er überhaupt Kenntnis davon besäße, nicht
äußern könne. Seiner Meinung nach dürfe sich die
Weltgemeinschaft nicht … aber das ist ja schon bekannt.
Deutschland leistet seinen Beitrag
Weniger bekannt ist, dass Verteidigunsminister Struck nach seinem Wortbeitrag zur Nato noch eine
Pressekonferenz gibt. Das hat er morgens entschieden. Die Journalisten geben es
via Flüsterpost weiter, der Medienstab der Sicherheitskonferenz hat nichts
verlautbaren lassen. Muss ein Versehen gewesen sein, denn eine geheime
Pressekonferenz würde ja auch keinen Sinn machen. Die Journalisten haben
trotzdem hergefunden. Und Minister Struck wiederholt in Kürze den Inhalt
seiner Rede im Konferenzsaal. Er betont dabei, dass Deutschland mit seinem
Beitrag zum Kampf gegen den Internationalen Terrorismus nicht verstecken
müsse.
Nicht neu. Neu ist, dass er nun explizit die Nato stärker in das Engagement
in Afghanistan einbinden möchte. Er werde mit Präsident Karsai
kommende Woche darüber sprechen. Außerdem wird Deutschland der
Türkei Patriot-Raketen liefern, damit sich das Land im Falle eines Krieges
im Irak und eines irakischen Angriffs verteidigen könnte. Weil man aber bei
diesem Krieg nicht mitmacht, kommt das Personal für die Raketen nicht aus
Deutschland, sondern aus den Niederlanden.
Das Personal für die Sicherheitskonferenz kommt aus aller Herren
Länder, genau wie die Konferenzteilnehmer. Sicherheit wird überhaupt
groß geschrieben. Am Eingang muss jeder seine Wertgegenstände
ablegen, die Taschen durchleuchten und sich selbst mit einem Metalldetektor
durchchecken lassen. Der Journalist genauso wie die Bundesvorsitzende der
Grünen, Angelika Beer. Lediglich Rumsfeld und Co. kommen ohne durch. Da
bilden sich am Eingang lange Schlangen nach der Mittagspause und man hat
Gelegenheit mit Frau Beer einige Worte zu wechseln.
Mit Angelika Beer am Sicherheitscheck
Sie nimmt Donald Rumsfeld nicht übel, dass er ihre Frage nach seiner
Haltung zum Primat des Völkerrechts mit einer humoristischen Einlage
ignorierte. "Das war klar. Aber versuchen muss man das natürlich."
Überhaupt schien Rumsfeld guter Laune zu sein. Auch sympathisch, aber
leider wenig konstruktiv. Die leisen Zwischentöne beißender Ironie
waren indes kaum zu überhören und sie richteten sich nicht nur gegen
Deutschland, sondern auch gegen die UNO, die aufpassen müsse, nicht der
Lächerlichkeit anheim zu fallen.
Der Auftritt Rumsfeld lenkt davon ab, dass zwischen Deutschland und den USA noch
immer ein erheblicher Dissens besteht. Und das, wie Angelika Merkel in ihrer
Rede bemerkte, in einer Schlüsselfrage, die den zukünftigen
Aktionsrahmen der NATO und EU-Außenpolitik bestimmen werde.
Lesen Sie weiter im zweiten Teil
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