Dienstag, 11.11.2003 Werbung:
 
 


Afrika
Balkan
China / Russland
Europa
Internationales
Politik in Deutschland
Politik und Wirtschaft


Lehrredaktion
e-Demokratie
Medien
Extremismus im Netz


TV / Hörfunk-Tipps
Pop & Politik


Sport
Satire
Netz-Fundstücke



Außenpolitik der BRD
Europäische Union
Theorien
Organisationen


Antike
Neuzeit


Parteien
Institutionen


Aus den Hochschulen
Studienhilfen
Für Studenten







Über uns
Presse / Referenzen
Redaktion
Gästebuch
Impressum


Jobs@e-politik.de
Werbung
Partner





e-politik.de - Home  Brennpunkt  Europa   Frankreich


Romano Prodi

Romano Prodi, ein konservativer Reformer

Autor :  e-politik.de Gastautor
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 06.06.2001

In der Reihe der Diskussionsbeiträge zur Zukunft der Europäischen Union hat nun auch Kommissionspräsident Romano Prodi seine Stellungnahme abgegeben. Carsten Dannöhl und Christian Holthaus stürzten sich in die Menge und kommentieren.


16.30 Uhr, großer Hörsaal des Institut d'Etudes Politiques in Paris: der Saal ist bereits eine halbe Stunde vor Erscheinen des prominenten Gastes überfüllt. Die Rede Prodis wurde mit Spannung erwartet, vor allem nach der Stellungnahme Jospins am Vortag. Was uns erwartete, war keine passionierte Stellungnahme zu den vorhergehenden Vorschlägen Fischers, Schröders oder Jospins, sondern eine eher akademisch anmutende Abhandlung über den Reformbedarf in der EU.

Für eine Ausweitung der Kompetenzen

Prodi machte von Anfang an deutlich, daß er sich nicht zu Detailfragen der institutionellen Reform äußern, sondern über die Ziele der Union sprechen wolle. Die institutionellen Veränderungen der Europäischen Union müßten sich danach richten, wie diese Ziele am effektivsten umgesetzt werden könnten.
Die Befugnisse der EU im sozialen Bereich seien immer noch sehr beschränkt. Zu einer Wirtschaftsordnung "à l'européenne" gehöre neben der Förderung von Innovation, Wettbewerb und freiem Unternehmertum vor allem, daß der Mensch im Mittelpunkt stehen müsse. In die Konzeptionen von Wirtschaftspolitik seien auch soziale Ziele einzubringen: Schaffung von Arbeitsplätzen, Kampf gegen Ausgrenzung und Armut. Auch in Bezug auf den Euro forderte er eine stärkere Harmonisierung der nationalen Wirtschaftspolitiken.
In Hinsicht auf die gemeinsame Außenpolitik sprach sich Prodi für eine Ausweitung der außenpolitischen Kompetenzen der Union aus: "eine Handelspolitik reicht nicht aus, um auf globaler Ebene zu existieren". Den einzig spontanen Beifall erntete Prodi, als er bekräftigte, daß die Europäische Union am Vertrag von Kyoto festhalten werde. Dies sei ein Beispiel, in dem die Union ihr gemeinsames Interesse in der Welt verteidige.

Kein Demokratiedefizit

Prodi bezeichnete die aktuelle Struktur der Union (die drei Pfeiler nach dem Vertrag von Maastricht) als "wahrscheinlich überholt". Um den demokratischen Charakter der Union zu bekräftigen sei es notwendig, weitere Politikbereiche zu vergemeinschaften. Als Beispiel nannte er die Außenpolitik, wobei er sich hier auf die Stellungnahme Lionel Jospins vom Vortag bezog und auf eine klare, dem Gemeinschaftsprinzip entsprechende, Regelung abzielte: der Rat solle die Richtlinien der Außenpolitik festlegen und die Kommission diese ausführen. In diesem Zusammenhang forderte er daß der Hohe Repräsentant der Außenpolitik zugleich Mitglied der Kommission sein müsse.

Seiner Meinung nach besteht das Demokratieprinzip der Union nicht auf institutioneller Ebene, da alle Organe demokratisch legitimiert seien. Andererseits sei das Zusammenspiel der Institutionen zu kompliziert und für den Bürger nicht nachvollziehbar. Insbesondere müsse eine klare Verteilung der Kompetenzen auf gemeinschaftlicher, nationaler, regionaler und lokaler Ebene gemäß dem Subsidiaritätsprinzip erfolgen. In diesem Zusammenhang verwies er auf das im Juli erscheinende Weißbuch der Kommission, das sich unter dem Titel "Gouvernance" mit diesen Fragen und auch der Vereinfachung der Verträge beschäftigen wird. Im Zusammenhang mit den zwischen den Mitgliedsstaaten immer wieder aufflammenden Diskussionen über die Finanzierung der Union sprach sich Prodi für die Schaffung einer Europa-Steuer aus.

Alles bleibt beim Alten ?

Im Vergleich zu den bisher von Fischer, Schröder und Jospin in die Diskussion eingebrachten Ideen blieb Prodi eher blaß. Die Rede des Kommissionspräsidenten war auch durch das Bestreben gekennzeichnet, schwierige Fragen zu umgehen. Er ging nicht detaillierter auf die aktuellen Debatten der institutionellen Reform ein. Er sprach hierbei auf Nachfragen nur davon, daß ein "qualitativer Sprung" erfolgen müsse, der in einer Art Verfassung münden könne.

Nach Prodi besteht aber keine Notwendigkeit, das Institutionengefüge der EU grundsätzlich umzugestalten: eine Ausweitung der "gemeinschaftlichen Methode" auf die im Augenblick noch in der intergouvernementalen Zusammenarbeit bestehenden Politikbereiche würde genügen. Dementsprechend äußerte er sich auch nicht zu den vom "SPD-Vorsitzenden" Gerhard Schröder ins Spiel eingebrachten Vorschlag einer Renationalisierung der gemeinsamen Agrar- und Strukturpolitik. Auch auf Fragen der Verantwortung der Kommission vor dem Parlament wollte Prodi nicht näher eingehen.

Die Reformvorschläge von Romano Prodi sind weit entfernt von der gestalterischen Vision eines Joschka Fischer, aber ebenso weit von den innenpolitisch dominierten Ideen eines Gerhard Schröder. Ihre mittelfristige Umsetzung dürfte damit weit wahrscheinlicher sein.


   


Leserkommentar
Momentan kein Leserkommentar
eigenen Kommentar abgeben ]


Artikel drucken

Artikel für Palm

Artikel mailen

Suche: (Hilfe)

 

Netzreportagen
Deutschland
Europa
USA
Andere Länder
Organisationen
Medien
Gesellschaft
Studium
LINKS der WOCHE



Ochsentour

Kohl-Tagebücher

Politischer Film
The Long Walk Home
rezensiert von Maria Pinzger

Politisches Buch
Sidney Blumenthal: The Clinton Wars
rezensiert von Michael Kolkmann

Kabarett
Gerhard Polt - Das Dossier
von C. von Wagner

Für Studenten



Name ist freiwillig !


 

© 2003 - Konzept, Gestaltung und Redaktion: e-politik.de - Der Seiteninhalt ist ausschließlich zur persönlichen Information bestimmt. Weitergabe an Dritte nur nach schriftlicher Genehmigung.