Zumindest bei den Wählern des Mitte-Rechts-Bündnisses Casa delle Libertà (Haus der Freiheiten) scheint Berlusconi doch ein entsprechendes Ansehen zu genießen, um eine Mehrheit im römischen Parlament zu erhalten.
Einer der Gründe für den erdrückenden Wahlsieg von Berlusconi & Co. mag das geringe Ansehen der Politik in der ersten italienischen Republik im Allgemeinen gewesen zu sein. Das Parteiensystem der Ersten Republik brach mit der Aufdeckung von Tangentopoli - einem weit verzweigten Machtsystem einer von der Democrazia Cristiana angeführten korrupten Klasse - Anfang der 90er Jahre zusammen.
Selfmademan alla Italiana
Berlusconi symbolisiert für seine Anhänger den Selfmademan, der sich aus eigener Kraft aus einfachen Verhältnissen bis zur Leitung eines Firmenimperiums hochgearbeitet hatte und sich 1993 anschickte, "in die Politik hinabzusteigen", um Italien "vor den Kommunisten zu retten."
Der Erbe Bettino Craxis
Ob er sich wirklich nur aus eigener Kraft hochgearbeitet hat, ist höchst zweifelhaft. Inwieweit die kommunistische Gefahr im Jahr 1993 wirklich bestand, sei dahingestellt. Aber auch im Jahr 2002 wird diese Argumentation immer wieder herangezogen.
In jedem Fall schien er dem politischen Machtsystem fern zu sein und den Willen zu Reformen glaubwürdig zu verkörpern. Dies ist allerdings nicht wahr, wenn man seine enge Bindung zum damaligen Ministerpräsidenten Bettino Craxi bedenkt, der für Berlusconi in wenigen Tagen eine Gesetzesverordnung durchgesetzt hatte, damit dieser sein Fernsehmonopol behalten konnte. Craxi starb vor zwei Jahren im tunesischen Exil, in das er sich aus Angst vor den italienischen Strafverfolgungsbehörden zurückgezogen hatte. Tunesien lieferte ihn nicht an Italien aus.
Wohl auch aus diesem Grund führt Berlusconi nun die 57. italienische Nachkriegsregierung an. Diese Regierung besteht neben Forza Italia - eher ein autokratisch gesteuertes Unternehmen als eine demokratische Partei - und kleineren Mitte-Rechts-Splitterparteien aus zwei anderen Partnern, die Anlass zur Besorgnis geben.
Berlusconis Partner
Da ist zum einen die populistische bis offen separatistische Partei Lega Nord von Umberto Bossi, der vor einigen Jahren noch die norditalienischen Regionen als "Republik Padanien" von Italien abspalten wollte und immer wieder mit populistischen bis offen ausländerfeindlichen Forderungen Aufsehen erregt.
Bossi ist jetzt Minister für Reformen. Die Föderalisierung Italiens ist Hauptanliegen und wichtigster Existenzzweck der Lega Nord. Eine allgemeine Dezentralisierung soll dazu führen, dass sich Leistung für die einzelnen Regionen wieder lohnt und entsprechend erwirtschaftete Abgaben und Steuern in größerem Umfang in den jeweiligen Regionen verbleiben können.
Fini: Zwischen Duce und Konvent
Als drittstärkste Partei des Landes ist noch die Nachfolgerpartei des neofaschistischen MSI (Movimento Sociale Italiano), die Alleanza Nazionale (AN) von Gianfranco Fini an der Regierung beteiligt. Fini ist nunmehr Vizepremier und gleichzeitig Vertreter der italienischen Regierung beim Europäischen Verfassungskonvent.
Fini hatte noch vor wenigen Jahren Mussolini als "den größten Staatsmann des 20.Jahrhunderts" bezeichnet - eine Äußerung, die er nun "nicht wieder so sagen würde". Seine immer moderateren Äußerungen und selbstdeklaratorische Distanzierung vom Faschismus stoßen nicht immer auf Gegenliebe innerhalb seiner Partei, wie zum Beispiel bei der Abgeordneten Alessandra Mussolini, die verbissen den Ruf ihres Großvaters - des Duce - verteidigt.
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zu Berlusconis Italien - Teil 1