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e-politik.de - Home  Brennpunkt  Europa   Europas Sicherheit   38. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik


Absperrungen - am Wochenende auch in München?

München im Ausnahmezustand?

Autor :  Philip Alexander Hiersemenzel
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 01.02.2002

Schnell noch am Donnerstag Abend einen Pullover im Winterschlussverkauf besorgen und dann ... hoppla: Eine Demonstration - und das mitten in München. Philip Alexander Hiersemenzel berichtet.


Recht spärlich nimmt sich das Häufchen Demonstranten am Münchner Marienplatz noch aus. Verglichen jedenfalls mit dem Schlussverkaufs-Gewimmel, das das Zentrum der "Weltstadt mit Herz" ansonsten fest im Griff hat. Dennoch fallen sie irgendwie auf, die knapp 800 Protestierenden gegen den "NATO-Kriegsrat". Gemeint ist die bevorstehende jährliche Münchner Sicherheitskonferenz, vormals bekannt unter dem Namen "Wehrkundetagung". Vor allem aber fallen die vielen polizeilichen Einsatzkräfte auf.

Glaubt man den Prognosen, so werden weder die Demonstranten noch die Polizei am Wochenende zu übersehen sein. Denn neben 400 Politikern und Militärs haben sich auch zahlreiche Demonstranten aus dem In- und Ausland angesagt. Mit Protestkundgebungen während der Konferenz will das "Bündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz" gegen den "Kriegsrat" in München demonstrieren. Ob und wie das vonstatten gehen wird, ist aber noch unklar.

Verbot durch die Stadt

Aus Furcht vor gewalttätigen Demonstrationen entschloss sich die Stadt, die Protestkundgebungen zu untersagen. Bis zu 3.000 gewaltbereite Demonstranten aus dem In- und Ausland seien nach ihren Erkenntnissen zu erwarten, so Polizei und Verfassungsschutzbehörden. Grund genug für ein Demonstrationsverbot finden Stadt und Land, die um jeden Preis "Zustände wie in Genua" verhindern wollen. Allzu deutlich erinnern sich die Verantwortlichen auch hierzulande noch an die Ausschreitungen rund um den "Chaos-Gipfel" der G8-Staaten in der italienischen Hafenstadt. Bilder, die sich sowohl Kanzlerkandidat Stoiber als auch der Münchner Oberbürgermeister Ude ersparen möchten. Im März sind in Bayern schließlich Kommunalwahlen.

Die Demonstranten auf dem Marienplatz sehen dies naturgemäß anders. München sei, so steht es auf ihren Transparenten, dank Stoiber und Ude im Ausnahmezustand. Streng genommen protestiert die bunt gemischte Truppe auch noch gar nicht gegen die Sicherheitskonferenz, sondern gegen das von der Stadt verhängte Demonstrationsverbot. Der Redner auf dem Podest fordert, von der Stadt eine Rücknahme des Verbots und erklärt den Versammelten, das man selbstverständlich bereits Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt habe.

Die Angst der Geschäftsleute

Trotz der Beteuerungen der Organisatoren der "Kriegsrats-Gegner", man werde auf jeden Fall friedlich demonstrieren, macht sich bei den Geschäftleuten in der Münchner Innenstadt Angst breit. Besonders in der Fußgängerzone rund um den Tagungsort der Konferenz im Hotel "Bayerischer Hof". Entlang der Kaufingerstraße, die vom Marienplatz zum Stachus führt, verschließen einige Geschäfte ihre Schaufenster mit Holzplatten. Ähnlich wie in Seattle und Genua, so befürchten die Geschäftsleute, könnten die Demonstranten ihrer Wut auf die Globalisierung durch Steinwürfe Luft machen.

Krieg den Palästen

Unbegründet ist diese Furcht nicht. Denn längst nicht alle Gipfel-Gegner teilen die pazifistische Einstellung des "Münchner Friedensbündisses" und anderer an den Protesten gegen die Sicherheitskonferenz beteiligter Organisationen. So wurde im Internet von radikalen Gegnern der Sicherheitskonferenz zur "Aktion Glasscherben" aufgerufen. Getreu Georg Büchners' Aufruf "Krieg den Palästen, Friede den Hütten" finden sich auf Seiten wie Indymedia Aufrufe wie "Kein Friede mit den Kriegsplanern!" und vage Prophezeiungen wie "Die Münchner Kriegskonferenz wird dieses Mal nicht ungestört stattfinden".

Massives Poilzeiaufgebot

Doch bis zum Freitag hat die Polizei die Lage fest im Griff. Offiziell lässt das Münchner Polizeipräsidium wissen, man verfolge eine Deeskalationsstrategie, werde aber auf jeden Fall den reibungslosen Ablauf der Konferenz sicherstellen. Sollten die Demonstranten jedoch, wie teilweise angekündigt, versuchen das Demonstrationsverbot auf "kreative Weise", wie etwa durch einen "Massenspaziergang", zu umgehen, werde man durchgreifen. Personell und organisatorisch sind die Sicherheitskräfte in jedem Fall gewappnet. Über 3.000 Beamte, auch aus anderen Bundesländern, sichern seit Donnerstag das Gebiet rund um das Tagungsgelände ab. Neben Personal ist auch zusätzliches Material nach München gebracht worden - auch direkt vor dem Bayerischen Hof parken zwei Wasserwerfer.

Ob die Demonstranten jedoch überhaupt soweit kommen, scheint fraglich. Die ganze Innenstadt ist hermetisch abgeriegelt. Um zum Tagungshotel zu gelangen muss man drei Sicherheitsbarrieren überwinden. Bis auf Anlieger werden sämtliche Autos abgewiesen. Spätestens an der dritten Kontrolle müssen alle Passanten sich ausweisen und erklären, warum sie wohin möchten. Obwohl freundlich, erwecken die Beamten nicht den Eindruck, dass sie "gegen die Kriegskonferenz protestieren" hierbei als Antwort akzeptieren würden.

Foto: Philipp Nowack / e-politik.de



Zur Dossierübersicht: Die 38. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik


   

Weiterführende Links:
   no justice, no peace ...
   ATTAC: München aktuell



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