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Wahlplakat Rutellis

Der Superbürgermeister und die Wahl

Autor :  Roman Maruhn
E-mail: rmaruhn@e-politik.de
Artikel vom: 10.05.2001

Der Bürgermeister Roms, Francesco Rutelli, stellt sich bei der Wahl in Italien dem Votum der Wähler. Roman Maruhn stellt den Herausforderer von Silvio Berlusconi für das Amt des italienischen Ministerpräsidenten vor.


Rutelli stellt die einzige Alternative zum Mailänder Medienzar Berlusconi dar. Sein Erfolg bei den weiblichen Wählern und die erfolgreiche Organisation des Heiligen Jahres 2000 in Rom können ihn zum Sieg führen.

Im Tandem mit dem Strategen der stärksten Mitte-Links-Partei Democratici di Sinistra (DS), Piero Fassino, der in den vorangegangenen Mitte-Links-Regierungen als Staatssekretär und Minister eine Schlüsselrolle spielte, will der smarte Römer mit dem Parteienbündnis Ulivo neuer italienischer Ministerpräsident werden.

Ulivo, deutsch Ölbaum, ist das bereits 1996 erfolgreiche Wahlbündnis, mit dem der damalige Premier Romano Prodi Italien endgültig zu einem der vier bedeutendsten EU-Staaten machte, neben Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Ulivo setzt sich aus den Sozialdemokraten DS, den Demokraten Margherita, den Grünen sowie den Reformkommunisten PDCI zusammen.

Adressenwechsel in Rom

Lange zögerte die aktuelle Regierungskoalition bei der Einigung auf einen gemeinsamen Spitzenkandidaten. Doch schließlich einigte man sich auf Francesco Rutelli. Sein Verdienst: Landesweite Popularität durch das Top-Ereignis des Jahres 2000 - das Giubileo, das Heilige Jahr. Rutelli, erster direkt gewählter Bürgermeister Roms ist 46 Jahre alt, deutlich jünger als sein Mailänder Counterpart.

Seine politischen Anfänge macht er beim Partito Radicale, einer ebenso dynamischen und fortschrittlichen wie auch manchmal etwas konfusen Partei und dann schließlich bei den italienischen Grünen. Von 1983 bis 1993 ist er Parlamentsabgeordneter, dann wird er Bürgermeister der italienischen Hauptstadt.

Wer Italiens chaotische Städte kennt, weiß um die Herausforderungen, vor denen eine Stadtverwaltung steht. Dennoch geling unter Rutellis Führung im Jahr 2000 das Unglaubliche. Rom feiert das 2000 jährige Bestehen der christlichen Religion. Zu den ohnehin schon üblichen Touristenmassen kommen unzählige Pilgerer hinzu. Und es geschieht ein Wunder: Alles funktioniert nahezu reibungslos.

Frauenschwarm mit weißer Weste

Nun will Rutelli in den Sitz des italienischen Ministerpräsidenten umziehen, den Palazzo Chigi. Ihm wird eine große Ausstrahlung auf die Wählerinnen Italiens nachgesagt und damit spielt er auch gerne. Andere sehen in ihm - vielleicht auch nur äußerlich - einen italienischen Kennedy.

Im Gegensatz zu Berlusconi hat Rutelli eine weiße Weste. Keine dubiosen Geschäfte, keine Konflikte mit privatem Besitz und dem angestrebten Staatsamt. Vielleicht ist Rutelli gerade deshalb etwas zu farblos für die italienischen Wähler, denn die Skandale fehlen.

Der Journalist Rutelli war einen Tag lang unter der Regierung Craxi Umweltminister und legte das Amt wegen der Affären der Regierung umgehende wieder nieder.

Rutelli zählt zu den Gründern einer der neuesten Parteien Italiens, Romano Prodis Demokraten. Auf europäischer und UNO-Ebene sitzt Rutelli Gremien vor, die sich mit urbanen Fragen beschäftigen. Kein Wunder - wer Rom zu verwalten weiß, kann so schlecht nicht sein.

Rückenwind und Seitenwinde

Italienische Politik ist komplex: Wer einmal Ministerpräsident war, ist nach unpopulären aber notwendigen Entscheidungen in Italien nicht mehr wählbar.

So erging es auch Massimo D'Alema dem Vorgänger des amtierenden Premiers Giuliano D'Amato. Die Mitte-Links-Regierung unter den Ministerpräsidenten Prodi, D'Alema und D'Amato kann von außen betrachtet auf eine erfolgreiche Legislaturperiode zurückschauen: Italien befriedete 1997 das im Chaos versinkende Albanien, konnte in einem beispielslosem Kraftakt den EU-Projekten Schengener Abkommen und Euro beitreten. Schließlich gewann auch das EU-Wachstumsschlusslicht Italien an Fahrt. 2000 sank die Arbeitslosigkeit erstmals unter zehn Prozent. Mit einem Wort: Ulivo hinterlässt weitgehend geordnete Verhältnisse.

Allerdings kann Rutelli von diesem Bonus nicht zehren. Italiens Wahlvolk ist der Anstrengungen für Europa müde und will einen Wechsel. Ulivo tat das einzig Richtige: Einen frischen Mann aus der kommunalen Politik zu seinem Spitzenkandidaten zu machen. In der nationalen Politik hat er sich die Finger noch nicht verbrannt und Rom bedeutet für den italienischen Wähler Einheit, Nation und Geschichte.

Rom kann Rutelli aber auch zum Verhängnis werden: Gigantische Finanztransfers aus dem Norden in den Süden und 40 Jahre christdemokratische Klientelwirtschaft hatten ihren Ursprung in der Tiberstadt. Viele Norditaliener identifizieren deshalb die Hauptstadt mit der korruptionsgeschüttelten Ersten Republik und entscheiden sich möglicherweise für den Unternehmer aus Mailand.

Bild: Copyright liegt bei http://www.rutelli2001.it

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