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Männerfreunde - Bush, Aznar

Am Abgrund - Spaniens Ministerpräsident und der Irak-Krieg

Autor :  Antje Helmerich
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 16.04.2003

Seit Wochen demonstrieren tausende von Menschen in Spanien gegen den Krieg im Irak und vor allem gegen die eigene Regierung. Die Zukunft von José Marià Aznars Volkspartei steht auf dem Spiel. Von Antje Helmerich.


Spanien steht fest an der Seite Amerikas seit Wochen versichert Spaniens Ministerpräsident Aznar gebetsmühlenartig seine Solidarität mit den USA und George W. Bush. Spanien müsse sich nun endlich der Welt "in seiner ganzen Bedeutung" zeigen so hat der Regierungschef in zahlreichen Interviews und öffentlichen Stellungnahmen verlauten lassen. Sein drängender Wunsch, im Konzert der vermeintlich Großen und Wichtigen mitzuspielen, sei nichts als ein Ausdruck eines enormen Minderwertigkeitskomplexes, stichelte daraufhin die linksliberale Madrider Tageszeitung El País.

Auch nach Ausbruch des Krieges in Irak hat der spanische Ministerpräsident an der Bekundung seiner "Männerfreundschaft" mit dem amerikanischen Präsidenten festgehalten. Und das, obwohl sich Ende Februar in einer Meinungsumfrage 91 Prozent der Spanier entschieden gegen den Krieg aussprachen. Die konservative spanische Regierung so scheint es hat sich längst vom Volk abgewandt.

In seltener Einmütigkeit versuchen Sozialisten, Kommunisten und die Vertreter der regionalistischen Parteien seither, Aznar zum Umschwenken zu bewegen vergebens. Gesprächsangebote von Sozialisten und Kommunisten blockt er ab, auf Proteste reagiert er verständnislos und aggressiv. So bezichtigt er die Opposition immer wieder, ihn bewusst vernichten zu wollen, weil sie ihm seinen Erfolg nicht gönne. Was er damit meint, erfährt die Öffentlichkeit jedoch nicht. Nun droht Spanien ein innenpolitischer Konflikt wie es ihn seit den Zeiten der Demokratisierung Mitte der siebziger Jahre nicht mehr gegeben hat.

Stimme der Straße

Madrid eine Stadt in Aufruhr. Seit Wochen gehen die Menschen in der spanischen Hauptstadt, aber auch in Barcelona, Sevilla oder Bilbao, zu Tausenden auf die Straßen, um für den Frieden und gegen ihre Regierung zu demonstrieren. Unterstützt werden sie lautstark und medienwirksam von etlichen der bekanntesten spanischen Intellektuellen und Künstler.

Bereits am 15. Februar 2003, über einen Monat vor Beginn des Krieges, waren es mehr als drei Millionen im ganzen Land, die die Rückkehr zu "zivilen Werten, zum Frieden und zum europäischen Konsens", forderten. Auf die vereinzelten Ausschreitungen, zu denen es inmitten friedlicher Menschenmengen an diesem Tag kam, reagierte die spanische Polizei mit aller Härte.

Noch am selben Abend sprach der spanische Innenminister Angel Acebes im regierungstreuen Staatsfernsehen mit erhobener Stimme von "kriminellen Elementen", die die Demonstrationen gezielt unterlaufen hätten. Persönlich verantwortlich machte er den Parteichef der Sozialisten (PSOE), José Luis Rodríguez Zapatero, und den Vorsitzenden der Kommunisten (IU), Gaspar Llamazares. Aus oppositionellen Kreisen war indes hinter vorgehaltener Hand zu hören, die Polizei habe auf Geheiß der Regierung die Demonstranten bewusst provoziert und zu Gewalttaten angestachelt.

Krieg der Worte

Seit diesem Abend ist das politische Klima in Spanien regelrecht vergiftet, sachliche Debatten über die zutiefst divergierenden Standpunkte haben seit Wochen in den Cortes, dem spanischen Parlament, nicht mehr stattgefunden. Die gegenseitigen Beschimpfungen haben indes längst nicht mehr viel mit dem Krieg zu tun, sondern sind mittlerweile zu einer erbitterten politischen Generalabrechnung der Opposition mit der spanischen Regierung geworden.

Selbst der ansonsten in politischen Dingen sehr zurückhaltende spanische König hat sich wenige Tage nach den Zusammenstößen in Madrid öffentlich zu Wort gemeldet. In einer Ansprache rief Juan Carlos I. zur "Rückkehr zum zivilisierten Dialog" auf. Gemeinsame öffentliche Auftritte mit Aznar hat das spanische Staatsoberhaupt in letzter Zeit offensichtlich vermieden.

Dem Ministerpräsidenten gehe es lediglich darum, so Sozialistenchef Rodríguez Zapatero, von der tiefen Krise seiner Regierungsmannschaft und der konservativen Volkspartei (PP) abzulenken. Diese sucht nach wie vor nach einem Nachfolger für Aznar, der nach acht Jahren an der Spitze der Exekutive für die nächsten Wahlen nicht mehr als Spitzenkandidat zur Verfügung steht.

Düstere Aussichten

Es wird einsam um den vor einigen Jahren noch so erfolgsverwöhnten Ministerpräsidenten. Hatte bereits das unglückliche Krisenmanagement der Regierung Aznar in der Folge des Tankerunglücks vor der galizischen Küste im Sommer 2002 zu Proteststürmen geführt und der Volkspartei stark sinkende Popularitätsraten beschert, so steht der Ministerpräsident nach Meinung vieler spanischer Journalisten heute vor den Trümmern seiner eigenen Politik und das ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen.

Der lange überaus siegessicheren nationalkonservativen Volkspartei, die 2000 noch die absolute Mehrheit erringen konnte, droht nun ein Debakel. Die Opposition ist stärker und geeinter denn je und weiß die große Mehrheit der Spanier hinter sich. Die Menschen, so scheint es, sehnen einen Wechsel, eine neue Politik und vor allem einen neuen Politikstil herbei. Für all das steht die sozialistische PSOE mit ihrem Spitzenkandidaten Rodríguez Zapatero. Jüngste Umfragen sehen in ihm bereits den sicheren Wahlsieger von 2004.

Aznar bleibt nur noch wenig Zeit, um zu retten, was wohl kaum noch zu retten ist. Und so bezeichnen regierungskritische Journalisten in Spanien ihren Ministerpräsidenten bereits heute als eines der "prominentesten Opfer" des Krieges.

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Copyright Foto
www.whitehouse.gov


   

Weiterführende Links:
   Seite der Sozialistischen Partei (PSOE)
   Seite der Kommunistischen Partei (IU)



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