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e-politik.de - Home  Forschung & Lehre  Für Studenten   Tagebuch einer Magisterkandidatin


Tagebuch einer Magisterkandidatin

Tagebuch eines Magisterkandidaten Folge 22

Autor :  e-politik.de Gastautor
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 13.02.2003

Ein Abschlusszeugnis in den Händen zu halten ist die eine Sache. Einen Job zu finden eine andere. Eine neue Folge des "Tagebuchs" erzählt von den Schwierigkeiten bei der Jobsuche und dringend anstehenden Reparaturen an Haushaltsgeräten.


Über die Qualifikation

So ein Umzug in die erste eigene Wohnung ist schon mit einem gewissen Aufwand verbunden. Ich erinnere mich noch, wie mir vor Jahren, als ich bei meinen Eltern auszog, drei gute Freunde halfen, mein Bett und mein Sofa zu transportieren. Mit der Zeit habe ich mich häuslich eingerichtet und auch alle elektrischen Geräte, die man so braucht, eingekauft. Nun ist mein studentischer Geldbeutel von Natur aus eher schmal, und deshalb mussten Fernseher und Co. eben aus zweiter Hand erworben werden. Ist ja auch nicht weiter schlimm, denn mit neuen Geräten wären mir sicher viele charmante Eigenheiten meiner Studentenbude entgangen.

Singende Fernseher und Waschmaschinen mit Düsentriebwerk

Da wäre zum Beispiel mein Fernseher. Er hält mich immer zum Energiesparen an, denn wenn man den Stand-by-Knopf beim Weg zurück an die Bücher nicht ausschaltet, gibt er nach kurzer Zeit singende Geräusche von sich. Meinen Vater erinnern sie an die Fliegeralarmsirenen aus dem zweiten Weltkrieg, wie er mir mal eröffnete.
Obwohl seit einiger Zeit keine Werbung für Slim-Fast mehr läuft, hat mein Sirenen-Fernseher wohl beschlossen, Diät zu halten. Denn das würde das Bild mit Taille erklären, das er aufgrund einer kaputten Röhre ausstrahlt. Meine Waschmaschine wurde gebaut, als Helmut Kohl noch CDU-Oppositionsführer war und ist ungefähr so laut wie eine startende Boeing 737. Aber, wie gesagt, beides waren echte Schnäppchen. Billig war auch der Geschirrspüler, obwohl auch er jedes Mal lautstark über die Arbeit klagte, die ich ihm aufhalste. Spöttern sei gesagt: Ja, auch Studenten haben Verwendung für einen Geschirrspüler. Und wer mir nicht glaubt kann gerne bei meiner nächsten Party den Spüllappen in die Hand nehmen. Letzte Woche kündigte meine Spülmaschine nämlich fristlos und seitdem vermisse ich sie und ihr Gejaule schrecklich. Denn das schmutzige Geschirr stapelt sich in meiner Küche. Ich weiß aber nicht genau, ob ich es abspülen kann. Ich bin nämlich überqualifiziert.

Urteil überqualifiziert

Da hatte ich mich für diesen Job beworben. Zufällig hatte ich die Stellenausschreibung entdeckt. Die Arbeit hätte mit dem Themenbereich USA zu tun gehabt. Und dem aufmerksamen Leser ist wahrscheinlich schon aufgefallen, dass ich mich gar nicht so schlecht mit amerikanischer Geschichte auskenne. Dass ich sogar weiß, was spätere US-Präsidenten in hohlen Kürbissen verstecken ließen. Na? Wer´s mir sagen kann, gewinnt ... nein, nicht so viele Waschmaschinen, wie er tragen kann! Dieser Witz hat nur noch archäologischen Wert. Nein, wer mir die richtige Antwort sagen kann, gewinnt meine Hochachtung. Jetzt bitte keine Beschwerden! Sonst kriegt Ihr nämlich meine Waschmaschine Modell Boeing 737. Aber zurück zum Thema, wir waren bei meiner Bewerbung.

Ich habe also meine Unterlagen zu besagter Firma geschickt, bin zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden und am Tag darauf kam die alles entscheidende Antwort. Zu meiner Ehrenrettung sei gesagt, dass zwei Mitarbeiter unabhängig voneinander in mein Handy drucksten. "Also, Frau Mariel, wir haben uns noch einmal nach dem Mittagessen über die Besetzung der Stelle unterhalten. Sie haben uns durch Ihr professionelles Auftreten überzeugt. Aber leider müssen wir Ihnen sagen, wir halten Sie für überqualifiziert. Deshalb haben wir uns für einen anderen Bewerber entschieden. Einen schönen Tag noch".

Ein Blick in den Duden verrät es: "Qualifikation" bedeutet Eignung oder Fähigkeit. "Überqualifiziert" zu sein heißt demnach linguistisch korrekt geschlussfolgert, aber stilistisch entsetzlich, "mehr als geeignet" für etwas zu sein. Wenn ich mich also für einen Job bewerbe, und der zuständige Personalverantwortliche sagt mir, ich sei überqualifiziert, bin ich demnach mehr als fähig, den Anforderungen dieser Tätigkeit gerecht zu werden. Soweit klingt das also alles sehr positiv. Nur, warum stellt man mich dann dort nicht ein? Jemanden, der mehr als fähig ist, eine ausgeschriebene Stelle zu besetzen, will man doch, oder? Sei es wie es sei, ich kann mich also rühmen, meine erste Absage auf dem Arbeitsmarkt bekommen zu haben, bevor ich überhaupt mein Abschlusszeugnis in den Händen halte. Und außerdem kann ich mir von der prognostizierten Überqualifikation keinen Geschirrspüler kaufen. Nicht mal einen gebrauchten, der mir wieder etwas vorjaulen würde. Ich sollte auf den Rat eines guten Freundes hören, und aus Rache am Arbeitsmarkt Russisch und Chinesisch lernen. Gleichzeitig. Parallel. Und dann neue Maßstäbe in punkto Überqualifikation setzen.


   


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