Gehen sie wählen? Ja? - warum? Lassen sie es! Ich lasse es doch auch: Seit dieser letzten Landtagswahl. Ein Drama war das!
Ein Drama in drei Akten
Erster AKT: „Die Wahlhelfer"
Zeit: Sonntag 17.23 Uhr.
Ort: Das Wahllokal.
Kaum habe ich mit stolzgeschwellter Brust den Raum betreten, werden meine staatsbürgerlichen Absichten jäh in ihren
Grundfesten erschüttert. Eine völlig abstruse Frage prasselt auf mich hernieder:
Wahlhelfer: "Haben sie ihre Wahlbenachrichtigung dabei?"
Ich: Guter Mann! Was soll der Unsinn, wenn ich sie anrufe - sie sollen kurz vorbeikommen - bringen sie ja auch nicht mal
eben ihr Telefon mit.
Wahlhelfer: "Ha ?"
Ich: Ich meine : Ich bin hier. Wenn ich nicht benachrichtigt worden wäre, wüßte ich wohl kaum das ich wählen soll und
wäre demzufolge heute auch nicht hier. Da ich heute aber hier bin, muß ich die Benachrichtigung erhalten haben. Insofern
müßte doch mein bloßes Hiersein als Bestätigung des Erhalts der Wahlbenachrichtigung ausreichend sein, oder ?
Dieser geballten Argumentation will sich der Mann im schlecht sitzenden Konfirmationsanzug nicht geschlagen geben. Er
antwortet mit der analytischen Flexibilität eines Pottwals.
Wahlhelfer: "Ohne ena Wahlbenachrichtigung geht da nix !"
Zweiter AKT: „Farbenspiele"
Nach dieser intellektuellen Ohrfeige - und einem kurzen Sprint nach Hause und zurück, präsentiere ich stolz meine
Benachrichtigung...und ernte diesen Kommentar:
Wahlhelfer: "Die ist ja orange. Sie müssten jetzt aber die gelbe dabeihaben..."
Meine Frage ob es sich hier um eine Wahl oder einen verdammte Sehtest handelt -
... wird geflissentlich übergangen.
Wahlhelfer: " Sie können nicht mit der Wahlbenachrichtigung von der Bundestagswahl den Landtag wählen..."
Dritter AKT: Wahlkrampf
10 Minuten, viel Flüche, eine Wahlbenachrichtigung zur Landtagswahl, einen Personalausweis und einen Wahlzettel später
betrete ich endlich die Wahlkabine. Kaum habe ich den Vorhang hinter mir zugezogen, verwandelt sich der harmlos
kleingehaltene Zettel in ein 5000 cm² Meter großes Monster. Allein das Entfalten in der Enge der Wahlkabine entartet zu
einer unmenschlichen gymnastischen Übung...die ohne zehn-minütiges Einlaufen und Stretchen nur mit Muskelkater und
Gelenkschmerzen zu bewältigen ist.
Während ich also diesen verdammten Zettel entfalte, mir dabei die Bänder der linken Hand überdehne und eine Zerrung in
der Leistengegend zulege, sehe ich noch aus den Augenwinkeln, wie sich meine Stift von mir in Richtung Boden
verabschiedet. Geistesgegenwärtig versuche ich den Holzstift noch im Flug zu erwischen. Scheitere jedoch kläglich und muß
zusehen wie auch mein schöner Wahlzettel ebenfalls in die Schwärze unter mir hinabrast. Beim Bücken nach dem Zettel
renke ich mir vier Wirbel aus.
Beim Lesen der Kandidatennamen kenne ich ganze zwei. Und zum Schluß habe ich irgendeine Frau mit Doppelnamen und
einen Rechtsanwalt gewählt.
Und das schimpft sich nun Demokratie.