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e-politik.de - Home  Kultur & Politik  Politischer Film   Archiv: Der Politische Film   Netzreportage - Politischer Film


Kollage: Marius Lechler

Netzreportage - Hollywood und Wahlkampf: There's no business like showbusiness (05.11.00)

Autor :  Marius Lechler
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 07.11.2000

Kein Land der Welt verarbeitet seine Politik und die damit verbundenen Personen so gern im Film wie die USA. Betrachtungen über Zelluloid und Hochrechnungen von Marius Lechler.


Es gibt wohl keine Institution, die dem US-Präsidentschaftswahlkampf inzwischen so ähnlich geworden ist wie die Traumfabrik Hollywood. Der Präsident selbst ist inzwischen Hauptdarsteller zahlreicher Filme, ob als Held oder Schurke. Der Wahlkampf selbst wird jedoch nicht so häufig zum Thema erfolgreicher Produktionen gemacht. Sei es, dass die Komplexität der Materie zu schwierig für das gemeine Kinopublikum zu sein scheint, sei es, dass man mit Politik ohne Krimi- oder Thrillerhandlung keine Kasse machen kann.

Der Präsident und seine Verfehlungen

Doch es gibt Ausnahmen. Drei der hervorstechendsten filmischen „Dokumente" sind einer näheren Betrachtung wert: „Wag the Dog" (USA 1997), „Mit aller Macht" (USA 1998) und „Bulworth" (1998).

Für einen richtigen Hollywood-Film braucht man aber zuerst mal einen charismatischen Helden. Der „mächtigste Mann der Welt", der Präsident der Vereinigten Staaten, scheint dafür gut geeignet. Ist er doch gerade aufgrund seiner Position gern genutztes Ziel des Spottes. Auch die Ereignisse um Bill Clinton waren sicherlich eine der Hauptprämissen bei der Konzeption von „Wag the Dog", einer brillanten Satire auf die Manipulierbarkeit der Medien und das Öffentlichkeitsbild der USA. Nachdem der US-Präsident eine äußerst intime „Begegnung" mit einem Schulmädchen im Oval Office hatte, soll ein Krisenteam unter Leitung des erfahrenen Beraters Conrad Brean (Robert De Niro) das Schlimmste verhindern, denn die Nation steht 11 Tage vor der Wahl. Und was ist das beste Mittel, um von einer Krise abzulenken? Man schafft eine noch größere Krise. Der Hollywood-Produzent Stanley Motts (Dustin Hoffman) wird engagiert, um einen Krieg zu „erfinden". Einen Krieg mit - Albanien. Warum Albanien? Keine Ahnung, „aber kein Mensch weiß etwas über Albanien, außer dass Albanier unheimlich und irgendwie fremd sind", wie Conrad Breen treffend feststellt. Grund genug, um eine gigantische Verschleierungsmaschinerie in Gang zu setzen, die keine Tränendrüse ungedrückt und keinen Merchandising-Trick ungenutzt lässt. So wird der Fehltritt des Präsidenten wohlkalkuliert unter den Teppich gekehrt und das Volk hat andere Sorgen. „Wie - es gibt keinen Krieg? Ich hab´s doch im Fernsehen gesehen!". Dieses Zitat bringt „Wag the Dog" auf den Punkt: Weltpolitik wird medial gemacht, egal ob sie wahr ist oder nicht. Als Bill Clinton übrigens auf einen Besuch beim Dreh in Washingtons Straßen vorbeischaute und wissen wollte, was hier denn überhaupt für ein Film entstehe, erfand Dustin Hoffman ganz wie sein Charakter im Film aus dem Stegreif eine phantasievolle Geschichte über eine Thrillerhandlung, damit der wahre Plot des Films nicht die falschen Ohren geriete.

Der Clintonismus auf dem Höhepunkt

Zweites Beispiel für die Verarbeitung der Wahlpolitik im Kino ist der Weltbestseller „Primary Colors", auf deutsch „Mit aller Macht". Der Newsweek-Kolumnist Joe Klein sorgte für einen veritablen Skandal, als er seinen Roman über einen Senator der USA und seinen unaufhaltsamen Aufstieg als „Anonymus" veröffentlichte. Denn sein Jack Stanton trägt unübersehbare Züge von Bill Clinton vor seinem Einzug ins Weiße Haus. Dies wird im Film noch deutlicher, wenn John Travolta graumeliert eine etwas übergewichtige Version des (Noch-) Präsidenten auf die Leinwand bringt. An seiner Seite: Hillary-Kopie Emma Thompson. „Mit aller Macht" verfolgt den Senats-Wahlkampf des Kandidaten in der heißen Phase der Vorwahlen, der sogenannten „primaries", und deckt dabei auf, mit welchen Bandagen in den USA um die Macht gekämpft wird. Es scheint wirklich jedes Mittel recht zu sein, um auf den Senatoren-Sessel zu kommen. Auch vor Verleumdung und Grausamkeit, die eine Mitarbeiterin des Senators (Kathy Bates) in den Selbstmord treibt, wird nicht zurückgeschreckt. Damit der aufstrebende Politiker dann schließlich im Ballsaal des „Zentrums der Macht" tanzen kann, müssen eben Opfer gebracht werden. Hier wird nicht nur ein auch für Europäer nachvollziehbarer Blick hinter die Kulissen des Wahlkampfes geworfen, eine beißende Satire auf Hochmut und Selbstliebe der Politiker ist „Mit aller Macht" außerdem.

Wenn ein Politiker die Wahrheit rappt...

Das wohl seltsamste Exemplar der Filme, mit denen wir uns hier beschäftigen, ist Warren Beattys 4. Regiearbeit „Bulworth", der in Deutschland völlig unterging, weil er im Original mit Untertiteln veröffentlicht wurde, was jedoch unbedingt notwendig war. Der fiktive Senator Jay Billington Bulworth (Beatty) tritt in der „presidential campaign" 1996 an, um in den Senat wiedergewählt zu werden. Sein unermüdlicher Einsatz zeigt tiefe Spuren: Nach 5 Tagen Schlaf- und Nahrungsentzug befindet sich Bulwort in einer tiefen Krise - er heuert einen Killer an, um sich selbst ermorden zu lassen. Kurz darauf geschieht jedoch etwas sonderbares: Durch seinen außergewöhnlichen Geisteszustand am Rande des Zusammenbruchs beginnt der Politiker plötzlich, die Wahrheit zu sagen! Er legt vor einer ganzen Kirche voller schwarzer Wähler offen, dass sie sowohl von Demokraten als auch Republikanern nur betrogen werden. Er beleidigt jüdische Wahlspender und stößt die Lobbyisten reihenweise vor den Kopf. Doch damit nicht genug: Bulworth beginnt plötzlich zu rappen (daher die Untertitel) und seine Wahrheiten in Reimen unters Volk zu bringen. Sein Wahlkampfmanager (Oliver Platt) steht vor dem Kollaps. Zu allem Überfluss verliebt sich der Senator auch noch in die hübsche Farbige Nina (Halle Berry) und bringt alle Konventionen zum Einsturz. Doch die neue Politik der „offenen Worte" zeigt Wirkung. Plötzlich wird der Mann, den alle für übergeschnappt hielten, sogar als offene Konkurrenz für die Präsidentenwahl gesehen. Da bleibt nur ein Haken: Der Killer ist immer noch hinter Bulworth her und der hat auf einmal wieder unheimlich Lust zu leben...

„Bulworth" ist wohl der am schwersten zugängliche Film über das US-Wahlkampfsystem, aber auch der ehrlichste. Der Politiker, der die Wahrheit rappt - das ist nicht nur zu Wahlzeiten ein Skandal. „Bulworth" war zwar bei den Oscars 1998 für das beste Drehbuch nominiert, doch es stand außer Frage, dass diese Abrechnung mit der amerikanischen Scheinheiligkeit nie zu Auszeichnungsehren gelangen würde. Ein wichtiges Kapitel der US-Befindlichkeit, aber auch ein geflissentlich ignoriertes ist dieser Film.

Wo bleibt Hollywood, wenn Washington die besten Shows liefert?

So bleibt nur zu konstatieren: Egal wie sehr sich Hollywood auch bemüht: Die größte Show findet immer noch auf den realen politischen Podien der USA statt. Die Schlacht zwischen George W. Bush und Al Gore beweist es wieder aufs neue.


   


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