Die freie Journalistin Bettina Röhl will gegen Joschka Fischer "wegen versuchten Mordes zu Lasten des Polizeibeamten Jürgen Weber" Anzeige erstatten.
Anstiftung zum Molli-Werfen?
Fischer solle 1976 auf einer Versammlung am Vorabend einer Demonstration für den Einsatz von Molotow-Cocktails gegen Polizisten plädiert haben. Damit setzt die Tochter der RAF-Aktivistin Ulrike Meinhof einen vorläufigen Höhepunkt in der von ihr neuentfachten Diskussion um Fischers linksradikale Sponti-Vergangenheit.
Geschäft ohne Copyright
Begonnen hatte alles mit der Veröffentlichung einiger Fotos im Magazin Stern, auf denen zu sehen sein soll, wie Joschka Fischer 1973 einen Polizisten angreift. Diese Fotos wurden dem Stern von Bettina Röhl verkauft. Doch wie sich herausgestellt hat, war sie gar nicht die Eigentümerin des Materials, denn die Fotos wurden von dem FAZ-Fotografen Lutz Kleinhans aufgenommen. Dieser hatte ihr die Fotos im Rahmen der Recherche für ihr im Frühjahr erscheinendes Buch "Sag mir wo du stehst" zur Verfügung gestellt, ohne zu wissen, dass auf den Fotos Fischer zu sehen ist. Röhl hält sich nun für verfügungsberechtigt, da sie ja schließlich Joschka Fischer auf den Bildern erkannt hat. Auf den Protest des 75jährigen Kleinhans warf ihm Röhl vor, dass er in seinem "hohen Alter (...) Begehrlichkeiten" entwickle. Gleichermaßen versuchte Röhl einen Film zu verkaufen, den sie aus dem Tagesschau-Archiv entliehen, aber nie zurückgebracht hatte. Auch dort war sie es, die eine der gezeigten Personen als Fischer identifizierte.
Rache gegen den 68er Außenminister
Dies alles klingt nicht nach seriösem Journalismus und ein Blick auf die Homepage von Bettina Röhl kann dieses Bild nur bestätigen. Dort behauptet Röhl, aufgrund zahlreicher sehr gründlicher Recherchen sei sie zu dem Schluss gekommen, "dass die Führungsrolle Josef Martin Fischers, die nach meinem Wissensstand unangefochten und absolutistisch war, zwar nicht zu bezweifeln ist, aber eben in ihrem Erscheinungsbild von Chaos und Anarchie ersetzt schien, dies vor allem beruhend auf Langhaarigkeit, Rockigkeit, Ch(e) Guevarahaftigkeit, Drogenlaunigkeit und all den vielen anderen bekannten Attitüden."
Das Zitat ist aus einem 27seitigen Brief an den Bundespräsidenten Rau entnommen, den Röhl glaubt in seiner "Funktion als Bundespräsident und Verfassungsorgan ansprechen [zu müssen]: Es geht um die Person Josef Martin Fischer. Es geht um dessen Vergangenheit. Und es geht um das aktuelle System Fischer, das Fischer-Netz." Spätestens hier verdichtet sich der Eindruck, dass Frau Röhl auf einer Mission ist. Auf einer Mission gegen Joschka Fischer als einen prominenten Vertreter der 68er Generation, der auch Röhls Mutter Meinhof angehörte.
Die Mutter, die Öffentlichkeit und vielleicht das große Geld?
Verbittert kritisiert Röhl, die als Siebenjährige von ihrer Mutter getrennt wurde, als Ulrike Meinhof in den terroristischen Untergrund ging, die Beweggründe der politischen Bewegung der 68er: "Das ganze Gerede mit den Nazieltern und dem bösen Adenauer ist, wie auch klammheimlich jeder weiß, ein reiner Schwachsinn." In diesem Ton ist der gesamte Brief gehalten.
Er besteht größtenteils aus wirren Formulierungen und unbewiesenen Thesen; Beweise könnten wegen dem ausstehenden Verfahren nicht veröffentlicht werden.
Doch Bettina Röhl hat zumindest eines ihrer Ziele erreicht: die Öffentlichkeit auf "eine einmalige, politische und verfassungsrechtliche Ausnahmesituation, die die Bundesrepublik so noch nicht erlebt hat" aufmerksam zu machen, denn sämtliche Medien griffen ihre Vorwürfe auf, scheinbar ohne eigene Recherchen anzustellen oder die Seriösität der Journalistin anzuzweifeln.
Inzwischen erhält Röhl Unterstützung von ihrem Vater. Der bezichtigt Fischer, Antisemit zu sein und begründet diesen Vorwurf mit der kühnen Schlussfolgerung, dass die Eigentümer der Häuser, die von Fischer besetzt wurden, mehrheitlich Juden waren. Geschadet haben die abstrusen Vorwürfe Fischer bisher nichts: laut einer Umfrage sind 82% der Bundesbürger gegen einen Rücktritt des Außenministers wegen seiner militanten Vergangenheit.
Unterdessen ist Bettina Röhl per Unterlassungsklage untersagt worden, die Fotos des FAZ-Fotografen Lutz Kleinhans ohne dessen Zustimmung zu verwenden.
Foto: Copyright liegt beim Auswärtigen Amt