e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 2044 )


39. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik

Matthias Wissmann

Deutschland hat die Spaltung Europas zu verantworten

Autor :  Redaktion e-politik.de
E-mail: redaktion@e-politik.de

Der Konflikt mit dem Irak ist das beherrschende Thema der 39. Münchner Sicherheitskonferenz. Gerade in dieser entscheidenden Frage zeigt sich die EU gespalten. e-politik.de hat mit Matthias Wissmann, dem Vorsitzenden des Ausschusses fü


e-politik.de: Herr Wissmann, wie bewerten Sie die gegenwärtige Politik der Bundesregierung in Bezug auf die Frage nach der Lösung des Irak-Konflikts?

Matthias Wissmann: Unser Ziel muss es ja sein, dass die Weltgemeinschaft den Irak mit friedlichen Mitteln dazu bringt, auf seine Massenvernichtungswaffen zu verzichten und man erreicht, dass die unerträglichen Menschenrechtsverletzungen im Irak beendet werden. Die Tatsache, dass die Bundesregierung ihre Position schon festgelegt hatte, bevor die Inspektoren einen Bericht abgeliefert hatten, hat dem Diktator Saddam das falsche Zeichen gegeben: Wenn es nach den Deutschen geht müsse er eigentlich nichts tun. Und das halte ich für ganz schlechte Politik.

e-politik.de: Hat diese deutsche Politik Einfluss auf die Entwicklung einer gemeinsamen Europäischen Politischen Gemeinschaft?

Wissmann: Unser Problem ist, dass wir Europäer zur Zeit zerrissen sind. Da gibt es auf der einen Seite die Deutschen und auf der anderen Seite die Briten, die Spanier, die Italiener, die Tschechen, die der Meinung sind, man dürfe einem Diktator nicht nur mit freundlichen Worten begegnen, sondern notfalls auch mit Zwangsmassnahmen.

e-politik.de: Wer ist nun eigentlich für die Spaltung Europas verantwortlich? War es Deutschland oder waren es die Staaten, die sich zu einem offenen Brief hinreißen haben lassen?

Wissmann: Rein zeitlich hat natürlich die Bundesregierung angefangen, schon im Bundestagswahlkampf, aber auch danach, Zwangsmassnahmen abzulehnen, egal was passiert. Man hat die anderen europäischen Staaten ja auch nicht um ihre Meinung gefragt und die haben sich dann natürlich provoziert gefühlt. In diesem Fall hat Deutschland die Zersplitterung Europas wesentlich mitverursacht.

e-politik.de: Hätten die übrigen Staaten die Zersplitterung nicht verhindern können, wenn sie die Folgen eines offenen Briefes rational überdacht hätten?

Wissmann: Wenn ein Land wie Deutschland Zwangsmassnahmen von vorneherein ablehnt, was sollen denn die anderen Staaten tun? Mit einem solchen Land muss man da ja gar nicht mehr lange reden.

e-politik.de: Bedeutet das nun zwangsläufig, dass die EU im Irak-Konflikt, aber auch in zukünftigen Konflikten keine große Rolle mehr spielen wird?

Wissmann: Eines muss man sich ganz klar vor Augen führen, und das hört man hier von Linken, Rechten, Grünen und anderen: Deutschlands Einfluss auf die Weltpolitik ist seit Jahrzehnten nicht mehr so schwach gewesen, wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Das ist recht traurig, denn wir haben uns selbst isoliert.

e-politik.de: Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die so genannte "Schnelle Eingreiftruppe." In den Verträgen von Amsterdam und Nizza wurden bereits Beschlüsse gefasst, passiert ist nicht viel.

Wissmann: Ich glaube schon, dass wir nach und nach eine wirksame europäische Eingreiftruppe bekommen, und das hat auch die französische Verteidigungsministerin hier gesagt. Das Problem ist nur, dass nicht alle europäischen Länder bereit sind, die notwendigen Ausgaben in ihrem Etat einzuplanen.
Natürlich muss man jeden Euro dreimal umdrehen, aber mit den jetzigen Budgets, werden wir eine dauerhafte Friedenssicherung gegen Terror und Massenvernichtungswaffen nicht schaffen.

e-politik.de: Was kann die EU tun, um in Zukunft eine Rolle in Konfliktsituationen zu spielen?

Wissmann: Sie muss zunächst wieder eine Sprache sprechen und vor allem ihre eigenen Ziele konsequent umsetzen. Und - ganz wichtig: Sie muss sich in bestehende Bündnisse einbinden. Es geht nicht an, dass - bei aller Freiheit zu kritischer eigener Meinung - einem befreundeten Nato-Mitglied Hilfe für die Verteidigung verweigert wird, wie im Falle der Türkei, die im Kriegsfall von irakischen Raketen bedroht wird.




Weiterführende Links:
   Homepage von Matthias Wissmann: http://www.matthias-wissmann.de


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