e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 2075 )


Irak

USA

Europäische Friedenstäubchen

Autor :  Philip Alexander Hiersemenzel
E-mail: redaktion@e-politik.de

Das Regime Saddam Husseins muss beseitigt werden. Und dazu ist jedes Mittel recht. Von Philip Alexander Hiersemenzel.


Spätestens nach dem Ultimatum Bushs dürfte auch der letzte friedensbewegte Spiegel-Leser eingesehen haben, was für den interessierten Beobachter bereits seit über einem Jahr klar war: Die Bush-Regierung sieht in dem Diktator zwischen Euphrat und Tigris eine Gefährdung der nationalen Sicherheit Amerikas, dem durch "Eingrenzung" nicht beizukommen ist. Ergo muss der Schurke weg.
Deshalb war die Frage nicht, ob Washington sich Saddams mit Gewalt entledigen würde, sondern wie. Würde es den Bushisten gelingen, Amerikas Verbündete und Freunde von der Notwendigkeit eines Eingreifens im Zweistromland zu überzeugen?

PR- und Diplomatiedesaster

Doch statt eines überzeugenden Kampfes um die Weltmeinung, lieferte Washington ein PR-und Diplomatie-Desaster ab. Im wöchentlichen Wechsel musste immer ein anderer Grund für den Krieg herhalten: Erst waren es die Massenvernichtungswaffen, dann die Befreiung der Iraker von barbarischer Tyrannei und schließlich die Demokratisierung des gesamten Nahen Ostens. Die Sprüche eines Verteidigungsministers, dem eine gute Pointe schon mal ein Verbündeter wert ist, waren dabei noch das geringste Problem.

Keine überzeugenden Gegenargumente

Kaum besser waren allerdings die Argumente der Kriegsgegner. Für einen "Flächenbrand im Nahen Osten", wie ihn Joschka Fischer befürchtet, spricht genauso wenig wie für die "positive Dominotheorie".
Im Gegenteil. Ist der irakische Despot erst einmal auf der Müllkippe der Weltgeschichte entsorgt, könnte der Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern schneller vorankommen. Scharon hätte einen Grund weniger, das Westjordanland besetzt zu halten, die Amerikaner könnten den Druck auf Israel erhöhen und auch Selbstmordanschläge würden weniger attraktiv, wenn potentielle Attentärer nicht mehr mit großzügigen Zahlungen aus der irakischen Staatsschatulle rechnen könnten.

Kardinalfehler der Europäer

Der Kardinalfehler der Europäer aber war, so zu tun, als stellte Saddam keine Gefahr da und deshalb keine wirkliche Alternative vorzuschlagen. Ein gern vorgetragenes Argument für diese Haltung war die Behauptung, der irakische Despot sei jetzt weit weniger gefährlich als vor dem letzten Golfkrieg.
Doch das war haarscharf am Kern des Problems vorbeidiskutiert, übersah dieses Argument doch, dass die Zeit für Saddam spielte. Denn, je mehr Zeit verging, desto brüchiger wurde die internationale Isolierung des Regimes. Und es konnte die gewonnene Zeit nutzen, um wieder aufzurüsten.

Trendwende der "Friedenstäubchen"

Dieser Trend wurde erst beendet als die Amerikaner begannen, laut mit dem Säbbel zu rasseln. Saddam begann zähneknirschend sich von einigen - längst nicht allen - seiner durch internationales Recht verbotenen Waffen zu trennen. Doch anstatt diesen Prozess mit klaren Fristen und einer Beteiligung an der Drohkulisse zu unterstützen, taten die Europäer so, als sei die Wahl zwischen "friedlicher" und "kriegerischer" Entwaffnung.

Als Hauptargument für eine "friedliche" Entwaffnung brachten die Friedenstäubchen immer wieder die "unschätzbare" Zahl von zivilen Opfern vor, die ein Krieg kosten würde. Geflissendlich übersahen sie dabei allerdings, dass eine dauerhafte Entwaffnung ohne "regime change" immer auch eine Fortsetzung der Sanktionen bedeutet hätte. Sanktionen, die bis jetzt schon allein mindestens 300000 irakische Kinder unter fünf Jahren das Leben kosteten.





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