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Logo der Regierungskonferenz 2000

Netzreportage - EU-Gipfel in Nizza (07.12.00)

Autor :  Nina Bludau
E-mail: redaktion@e-politik.de

Von dem Gipfeltreffen des Europäischen Rates in Nizza am 7.-9. Dezember 2000 werden wichtige Entscheidungen erhofft: es geht um Stimmverteilung im Ministerrat und Osterweiterung. Nina Bludau fasst zusammen.


Es ist alles gar nicht so einfach: Gerade hatte man es geschafft, die fünfzehn Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) einigermaßen unter einen Hut zu bringen. Da interessieren sich auch schon dreizehn weitere Staaten aus dem Osten Europas für die Mitgliedschaft. Das bedeutet eine unbedingt notwendige Anpassung der Entscheidungsprozeduren und Institutionen auf die in den nächsten Jahren zu erwartende Größe. Als wäre diese Aufgabe nicht genug, streitet nun auch noch Frankreich mit dem Rest der EU um die Stimmgewichtung im Ministerrat. Das bedeutet, dass die Erwartungshaltungen auf dem 20.Gipfel seit 1994 (Ergebnisse seit 1994) sehr hoch sein werden. Mit dem Treffen in Nizza soll die Regierungskonferenz 2000 zum Abschluss gebracht werden, die am 14. Februar diesen Jahres von den Außenministern der EU-Staaten in Brüssel eröffnet worden war.

Jacques Chirac und die Stimmgewichtung

Schon bei der jetzigen Grösse gestalten sich Abstimmungen im EU-Ministerrat durch das Vetorecht teilweise schwierig. Daher wird es nötig werden, die Einstimmigkeitsklausel zu relativieren und zumindest in einzelnen Politikbereichen Mehrheitsentscheidungen (Erwartungen der Bundesregierung dazu) zuzulassen. Das bedeutet auch, dass die bisherige Stimmgewichtung der Mitgliedsstaaten überdacht werden muss.

Waren sich Deutschland und Frankreich noch einig, dass ab zwanzig Mitgliedsstaaten ein Rotationsverfahren den EU-Ministerrat entscheidungsfähig halten soll, so scheiden sich nun die Geister: Wenn die Stimmgewichtung so wie von der Bundesregierung gewünscht von der Bevölkerungsanzahl des Landes abhängig wird, dann hat Deutschland mit zwanzig Millionen mehr Einwohnern bessere Karten als Frankreich. Das darf aber laut Chirac auf gar keinen Fall passieren, schliesslich hätten schon Adenauer und Charles de Gaulle 1951 vereinbart, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit auf dem Prinzip der Gleichberechtigung beruhen solle.

Die Entscheidung allerdings wird von allen fünfzehn Staaten getroffen werden, und auch hier beginnen sich die Probleme zu häufen. Die kleineren Staaten, wie zum Beispiel Portugal, (Link zu Spiegel-Artikel) fürchten bei einer Umverteilung der Stimmgewichtung um ihre nationalen Interessen.

Die EU-Osterweiterung

Die EU-Osterweiterung ist eine schwere Geburt: Seit Jahren wird dieses Thema diskutiert, vom Tisch geräumt und wieder aufgenommen. Dreizehn osteuropäische Staaten bewerben sich um die Mitgliedschaft in der EU. Ausser den bereits erwähnten Stimmrechtsreformen bedeutet das auch eine erneute Diskussion über die Finanzierung der Agenda 2000, die 1999 in Berlin beschlossen wurde. Auch ist die Erweiterung noch immer umstritten, da Kritiker befürchten, dass die Bemühungen um europäische Intergration an einer Überforderung durch die Anzahl der Mitgliedsstaaten scheitern könnte.

In den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitk sind deshalb Reformen ebenso notwendig, wie bei der militärischen Zusammenarbeit. Mehrere Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland und Frankreich, hoffen die Intergration neuer Mitglieder mit einer Charta der Grundrechte der EU zu erleichtern, die in Nizza verabschiedet werden soll.

Es wird vermutet, dass wegen der umfangreichen Tagesordnung bis Sonntag in Nizza diskutiert wird.

Grafik: Copyright liegt bei EU





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