e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 757 )


Die CDU und ihre neue Führung

Friedrich Merz, CDU/CSU-Fraktionschef

Böses Foul, Herr Merz!

Autor :  Florian Wachter
E-mail: fwachter@e-politik.de

Scharfe Worte gehören dazu. Ärgerlich ist es, wenn im Zoff mit dem politischen Gegner zum populistischen Amoklauf ausgeholt wird. Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat das in der Diskussion über den 3.Oktober getan, meint Florian Wachter. Er kommentiert.


Politik lebt von Polemik. Gerade in der Mediendemokratie. Das besitzt in vielen Fällen sogar echten Unterhaltungswert. Manchmal aber gibt es Grenzen, die man nicht überschreiten sollte.
Vor allem dann, wenn Polemik die Ratio völlig ausschaltet und die Attacken gegen den politischen Gegner in die Niederungen des Populismus entgleiten.
So geschehen bei Friedrich Merz. Der Unionsfraktionschef hat sich in der Bundestagsdebatte zum Haushalt 2001 (13.09.00) nicht nur im Ton vergriffen, er hat auch noch dumm gesprochen und damit sich und seiner Partei einen Bärendienst erwiesen. Wer derart unklug über die Deutsche Einheit klugschwätzt sollte künftig sein Redemanuskript von jemandem gegenlesen lassen, der etwas davon versteht.

Ohne Kohl keine Einheit

In Anwesenheit des ´ehrenwerten` Altkanzlers Helmut Kohl stellt sich Merz vor die Volksvertreter und mischt in der Diskussion um die Feierlichkeiten zum 3.Oktober nochmal kräftig mit.
Die SPD habe den Freiheitswillen in der DDR nie verstanden, weil sie keine Distanz zum menschenverachtenden System der DDR-Machthaber gehabt habe, erklärt Merz. Die Sozialdemokraten wollen "die deutsche Geschichte neu schreiben oder fälschen."

"Ohne die kluge und mutige Politik" der CDU wäre die deutsche Einheit damals nicht möglich gewesen. "Es gab vor zehn Jahren keinen maßgeblichen Politiker der SPD, der die deutsche Einheit wirklich gewollt hat, keinen (...) Mit einer sozialdemokratischen Regierung hätte es die Einheit nicht gegeben", sprach Merz Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) direkt an. Es "war und bleibt deshalb das unbestreitbare große Verdienst der Regierung Kohl."

Die CDU monopolisiert nicht nur den 3.Oktober als Gralshüterin für sich. Jetzt spricht Merz der SPD vehement jegliche Urheberschaft an der deutschen Vereinigung ab. Das längst überholte Klischee von den angeblich vaterlandslosen SPD-Genossen holt Merz in seinem jugendlichen Leichtsinn aus der politischen Mottenkiste. Herr Merz, böses Foul!
Ihnen ist im angriffslustigen Dunstkreis von Ökosteuer, explodierenden Ölpreisen und vermeintlichen Haushaltslöchern offenbar alles recht. Punktabzug in der A- und B-Note.

Politikunterricht hilft

Herr Merz, nachsitzen! Ein paar Stunden Geschichtsunterricht würden helfen. Oder ein politikwissenschaftliches Proseminar in Sachen "Außenpolitik der BRD".
Unbestritten ist Helmut Kohl der Kanzler der Einheit. Darauf hat auch Gerhard Schröder explizit in seiner Rede vor Ihrer Ansprache hingewiesen.

Niemand aber in der SPD war gegen die Einheit. Die Debatte unter den SPD-Politikern ging lediglich darum, welchen Weg man einschlagen soll. Oskar Lafontaine warnte vor zu schneller Einheit, doch er forderte sie ebenso wie alle anderen. Niemand wollte mehr die Einheit als Willy Brandt. Wer das leugnet, verdreht bösartig Fakten.

Dass Finanzminister Hans Eichel (SPD) Ihnen, Herr Merz, nun die kollegiale Zusammenarbeit aufkündigen will, ist zumindest nachvollziehbar. Dass Sie während ihrer Rede ausgerechnet bei diesen Passagen am meisten Beifall aus den eigenen Reihen bekamen, umso weniger.
Eines sollten Sie zudem nicht vergessen. Die Wiedervereinigung verdankt dieses Land den Menschen in Ostdeutschland. Erst dann den politisch Verantwortlichen der CDU und FDP jener Tage. Ihnen aber ganz bestimmt nicht!

Foto: Copyright liegt beim Deutschen Bundestag




Weiterführende Links:
   Friedrich Merz im Internet: http://www.friedrich-merz.de


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