e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 1108 )


Das transatlantische Verhältnis - Archiv

US-Außenminister Powell

Die Bescheidenheit des Colin L. Powell

Autor :  Thomas Bauer
E-mail: redaktion@e-politik.de

Amerikas neuer Außenminister strotzt vor Selbstbewusstsein. Frei nach Goethes "Nur die Lumpen sind bescheiden" zeigt er Europa, wo der amerikanische Hammer hängt. Thomas Bauer über den "American way of politics".


"...wir dürfen nicht arrogant sein, sondern wir müssen bescheiden sein."
Mit diesen Worten beendete Colin Powell, der neue US-Außenminister, seine Rede vor dem Ausschuss für internationale Beziehungen des Repräsentantenhauses. Eigentlich könnte man sich als Europäer daraufhin zufrieden zurücklehnen, sich der unvoreingenommenen, positiven Gesinnung dieses Mannes sicher sein. Wenn... ja, wenn da nicht noch die sechs Seiten lange Variante der Powell´schen Ideologie zuvor gewesen wäre. Die "Bescheidenheit" des Colin Powell, die hier zu Tage kam, lässt jeden Nicht-Amerikaner vor Neid erblassen. Denn wer sich solche weltanschaulichen Entgleisungen als Außenminister leisten kann, hat nichts mehr zu befürchten - außer sich selbst.

Neue Moral im Außenministerium der USA gefordert

Colin Powell, selbst ein hochdekorierter Ex-Militär, kündigte eine Erhöhung der Finanzmittel für Sicherheit und Infrastruktur im Bereich der diplomatischen Vertretungen Amerikas an. Einem Generalmajor überträgt er dabei die Verantwortung für die Errichtung von Botschaftsgebäuden. Von seinen Mitarbeitern, die laut Powell an "vorderster Front kämpfen", erwarte er einen moralischen Neuanfang. Man stelle sich solche Äußerungen von einem Außenminister Fischer vor.

"American way of politics" als einziger Weg zum Erfolg?

Auf die Erläuterung der organisatorischen Vorstellungen ließ Powell Visionen über die Zukunft der amerikanischen Politik folgen: "Wenn wir den Grundsätzen unseres Systems treu bleiben und dieses System auf der ganzen Welt anpreisen, werden wir die Welt auf eine Art und Weise neu gestalten, die der ganzen Menschheit zugute kommt." Diese stark an Imperialismus erinnernde Formulierung diente Powell als Einleitung für eine Lobeshymne auf die Vereinigten Staaten. Er forderte, die politische und militärische Macht der USA müsse mehr als vorher dazu genutzt werden, um sich in der Welt zu engagieren. Und dann rief er dem Rest der Erde etwas zu, was fast wie eine Drohung klang: "Es ist die Ideologie, die funktioniert, und ich denke, die übrige Welt wird langsam aber sicher erkennen, dass sie besser herausfindet, wie sie Teil dieser Ideologie wird und wie sie diese einsetzt, wenn sie im 21. Jahrhundert erfolgreich sein will."

Europa darf Partner bleiben - aber bitte nicht zu eigenständig

Die neue Sicherheits- und Verteidigungsidentität der EU, ein Hauptbestandteil der zukünftigen transatlantischen Gespräche, kanzelte Powell mit nur wenigen Worten ab. Man dürfe über diese Dinge Europa-intern sprechen, jedoch müsse man sich der Vormachtstellung der NATO immer bewusst sein. Nicht umsonst würden neun osteuropäische Länder auf den Beitritt zur "Bastion der Freiheit" warten, "verkörpert durch die Vereinigten Staaten und Kanada".
Anschließend versuchte Powell noch sein besonderes Verhältnis zu Mitteleuropa zu beschreiben, indem er von seinen eigenen Erfahrungen im geteilten Deutschland berichtete: Einmal hätte er am "Fulda Gap" darauf gewartet, dass die sowjetische Armee auf ihn zukomme.

Powells ideologischer Bumerang könnte zurückkommen

Eine solche Demonstration amerikanischer Arroganz hat es in den letzten Jahren von einem US-Außenminister nicht mehr gegeben.
Interessant dabei scheint auch die Tatsache, dass die Rede von Amerika Dienst, einem Online-Angebot der amerikanischen Botschaft in Deutschland, per Newsletter verbreitet worden ist.
Fraglich ist, ob man den eigenen Chef-Diplomaten damit nicht sogar gezielt aufs Korn nehmen wollte. Denn Powells Rückkehr in die Politik, nach seinem Ausscheiden am Ende des Golfkonflikts zu Beginn der 90er Jahre, wurde in Washington allgemein mit Argwohn betrachtet. War er es doch, der 1990 den großen Schlag gegen Saddam Hussein verspielt hatte, als er frühzeitig den Marsch von US-Bodentruppen auf Bagdad abblies, um "seine Jungs" zu schonen. Mit dem Ergebnis dieser Entscheidung ärgern sich die Amerikaner noch heute herum.

Foto: Copyright liegt beim U.S.-Department of State




Weiterführende Links:
   Homepage von Colin L. Powell: http://state.gov/secretary/
   Amerika Dienst - Redenarchiv: http://www.usembassy.de/amerikadienst/index.htm


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