e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 1249 )


G8-Gipfel - Archiv

Der Zaun um die Rote Zone

Netzreportage - Protest in Genua (18.07.01)

Autor :  Isabel Sarasin, Florian Wachter
E-mail: fwachter@e-politik.de

Bei dem in Genua stattfindenden Weltwirtschaftsgipfel der G8-Staaten werden rund 150.000 Demonstranten erwartet. Wer aber steht hinter dem organisierten Widerstand? Isabel Sarasin und Florian Wachter haben sich im Internet auf Spurensuche begeben.


Die Themen, über die die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten auf dem Weltwirtschaftstreffen in Genua diskutieren werden und die Strukturen, die ein solches Gipfeltreffen repräsentiert, werden auch diesmal 100tausende Gegner auf die Straße bringen - vor allem aus dem linken Spektrum, aus Friedens-, Umwelt- und Antirassismusinitiativen.

Die gerne benutzte Bezeichnung der Gruppen als "Globalisierungsgegner" ist jedoch unter den G8-Gegnern nicht unumstritten: der Begriff "Globalisierung" steht für viele Demonstranten noch nicht für politische Inhalte, gegen die eine soziale Bewegung eigene Interessen geltend machen könnte.
Rainer Falk vom deutschen WEED - Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung e.V. - betont deshalb den globalen Charakter der Proteste. Er hält "Globalisierungsgegner" für eine begriffliche Falle und ein mißverständliches Medienkonstrukt. Treffender sei vielmehr die Bezeichnung "Bewegung für die Globalisierung der Gerechtigkeit".
WEED zählt zu den profiliertesten deutschen Kritikern des G8-Prozesses. Hauptaugenmerk legt der Verein darauf, in der Bundesrepublik Deutschland mehr Bewußtsein für die Ursachen der weltweiten Armuts- und Umweltprobleme zu schaffen. Auf einer eigenen Sonderseite informiert WEED mit Fact Sheets und Presseerklärungen über das G8-Treffen in Genua. Zusätzlich distanziert sich WEED klar und eindeutig vom gewalttätigen Protest militanter Chaoten. Dies macht die Nichtregierungsorganisation zum Beispiel durch einen Verweis auf den taz-Artikel von Peter Wahl deutlich: "Logik der Eskalation".

WEED arbeitet eng mit der deutschen Sektion von ATTAC zusammen.
ATTAC steht für die international arbeitende Association for the Taxation of financial Transactions for the Aid of Citizens (Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der internationalen Finanzmärkte). In Genua zählt ATTAC zur Gruppe der größten G8-Gegner unter den NGOs.
Auf den Websites der deutschen ATTAC-Gruppe finden sich ein umfangreiches Dossier über G8 und ein ständig aktualisierter Überblick über die Protestaktionen von ATTAC vor Ort in Genua, ergänzt durch einen Nachrichten-Ticker aus Italien. Die Generalkritik von ATTAC am G8-Prozess ist in einem Hintergrundpapier zusammengefasst. ATTAC lehnt die Intensivierung der wirtschaftspolitischen Liberalisierung und Deregulierung strikt ab und kämpft gegen das (ATTAC-Zitat) "Diktat der Märkte".
In Genua soll am Direct Action Day, dem 20. Juli, Ungehorsam geübt werden - mit einer klaren Maßgabe: friedlich!
"Ziel ist es poetisch, friedlich und nicht inhaltsleer zu sein. - Geworfen werden wird nicht, auch nichts weiches."

Die in Genua vertretenen Gruppen möchten die durch ein Gipfeltreffen entstehende Öffentlichkeit für die Verbreitung ihrer Anliegen nutzen. Auf dem Genua Sozialforum, an dem sich rund 1000 NGOs beteiligen, finden bis zum 21.Juli öffentliche Diskussionen zu Themen der internationalen Wirtschaftspolitik statt. Aktuelle Informationen von diesem Forum und über die Situation in Genua bietet der alternative Internetradiosender Radiogap.

Einen ähnlichen Radio-Webstream bietet Indymedia Deutschland an - Teil eines unabhängiges Medienzentrum, an dem auch Medieninitiativen aus u.a. den USA, Brasilien, Großbritannien und Israel beteiligt sind. Redakteure und Reporter berichten zeitnah aus Genua. Journalisten von Indymedia engagieren sich weltweit für die Überwindung der digitalen Kluft, für Ökologie und für Antirassismus.

Die linke Berliner Wochenzeitung "Jungle World" widmet den Titel ihrer aktuellen Ausgabe ("Der Kongress schwimmt") dem G8-Gipfel in Genua. In drei Beiträgen fragen Autoren nach dem Rückhalt der G8-Gegnern in der italienischen Gesellschaft, analysieren die linke Tradition Genuas und das Verhältnis der Regierungskoalition Silvio Berlusconis zum G8-Widerstand.

Auch der virtuelle Treffpunkt der Gewerkschafts- und Betriebslinken, das LabourNet Germany, versteht sich als Protest gegen den Weltwirtschaftsgipfel. Auf einer Spezialseite wird zur Fahrt nach Genua aufgerufen und Diskussionsbeiträge zur WTO, dem Welthandel und den Demonstrationen gegen die G8-Gipfel online gestellt.

Andere im Internet organisierte Gruppierungen wie die Antifa, der Gipfelsturm, das Aktionsinfo oder Protest.net konzentrieren sich auf die Organisation von Widerstandsaktionen in Genua. Dabei geht es weniger um eine tiefer gehende sachliche Auseinandersetzung als vielmehr um den Protest an sich.
Umfangreich sind auf diesen Seiten die Tipps für Demonstranten, die nichtorganisiert nach Genua reisen - von Stadtplänen über Zeltlager bis zu juristischer Hilfe.

Diese Netzreportage erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Foto: Philipp Nowack / e-politik.de





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