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( Artikel-Nr: 948 )Von links nach rechts - Israel vor der Wahl Autor : Clemens Steiner Am 6. Februar 2001 wählt Israel den dritten
Ministerpräsidenten innerhalb von fünf Jahren. Clemens Steiner blickt auf eine dramatische Wahl. Allen Umfrageerhebungen zufolge wird sich Ariel Scharon vom
Likud mit einem klaren Sieg gegen den bisherigen
Amtsinhaber Ehud Barak durchsetzen. Neuwahlen wurden
notwendig, nachdem Ehud Barak (Arbeiterpartei) einer
drohenden Niederlage in einem Mißtrauensvotum zuvorkam
und zurücktrat.
Sein Kontrahent, Ariel Scharon, hatte sich 1999 in parteiinternen Wahlen den Vorsitz des Likuds erkämpft und profitiert nun von Benjamin Netanjahus Verzicht
auf eine Kandidatur, dessen Wunsch nach einer
gemeinsamen Wahl des Ministerpräsidenten als auch der
Knesset abgelehnt wurde.
Was kommt mit Scharon?
Wird er die Befürchtungen, die in
westlichen Hauptstädten vorherrschen, bestätigen und
seinem Ruf als Hardliner in den Auseinandersetzungen
mit den Palästinensern gerecht werden?
Scharon war der wesentliche Initiator des
Libanonfeldzuges und musste aufgrund der Massaker von
Sabra und Schatila (1982) und des daraus resultierenden
öffentlichen Drucks und den Ergebnissen der Kahan Untersuchungskommission, die ihm eine Mitschuld an den
Massakern gab, zurüchtreten.
Scharon zum Friedensprozess
Scharon laviert, obwohl er de facto klarer Gegner von Zugeständnissen an Arafat ist.
Dennoch, Scharon ist ein klarer Gegner des
von Clinton stammenden Plans, welcher den
Palästinensern neben der Bildung eines Staates über
weite Teile des Westjordanlandes und des Gaza-Streifen
auch Teile Jerusalems und hier insbesondere der
Jerusalemer Altstadt zuschlägt.
Ansonsten hat er sich im Wahlkampf vornehm zurückgehalten. Denn das Etikett des brutalen Kriegstreibers von 1982 haftet ihm bis heute an. Jedes falsche Wort hätte möglicherweise fatale Folgen gehabt.
Anhänger Baraks sind enttäuscht
Nicht zuletzt Ehud Baraks Bilanz nach beinahe zwei
Jahren Regierungszeit ist es, die von vielen Israelis
als weitgehend erfolglos betrachtet wird und zum
Erfolg Scharons in den Umfrageergebnissen beigetragen
hat.
Vor allem Baraks säkular
links-liberales und arabisches Wählerklientel ist entäuscht von seiner Amtszeit.
Während einer Wahlkampfveranstaltung vorletzter Woche in
Nazareth, einer mehrheitlich von israelischen Arabern
bewohnten Stadt, wurde Barak und sein Tross mit
Protesten begrüßt. Die Demonstranten machten Baraks
Politik für die 13 Opfer israelisch-arabischer
Herkunft verantwortlich, die sich in den Unruhen
letzten Oktober mit den Palästinensern in den
besetzten Gebieten solidarisierten und bei
Ausschreitungen im israelischen Kernland umkamen.
Arabische Bürgermeister boykottieren den Besuch und
blieben der Veranstaltung fern.
Schlechte Zeiten für Frieden
Wie auch immer der nächste israelische
Ministerpräsident heißen wird, ihm sollte bewusst sein,
dass es zum Friedensprozeß keine Alternativen geben
wird. Sollte es Barak trotz allem noch einmal
schaffen, so stehen ihm schwere Verhandlungen bevor,
die anknüpfend an den Clinton Plan, die Camp David-
und Taba-Verhandlungen, fortgesetzt werden müssten.
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Ariel Scharon ist bekannt für seine kompromißlose
Haltung und seinen harten Kurs gegenüber den
Palästinensern. Während des Sechs-Tage-Krieges und des
Yom-Kippur-Krieges verdiente er sich militärische
Lorbeeren und wurde unter Menachem Begin 1977
Landwirtschafts- und später Verteidigungsminister.
Schlagzeilen machte er
auch jüngst mit seinem Besuch auf dem Tempelberg im
letzten Jahr, der von den Palästinensern als Anlaß für
einen neuen Ausbruch der Intifada genutzt wurde.
Es ist paradox, aber es war nicht zuletzt Scharons
Besuch und der darauffolgende Ausbruch der sogenannten
Al-Aqusa Intifada, der zur Erosion Baraks politischem
Rückhalt in der Knesset führte und Neuwahlen möglich
machte.
In einem Interview Anfang Januar mit der
ultra-orthodoxen Zeitschrift Kfar Habad bemerkte
Scharon, dass durch die palästinensischen
Ausschreitungen für ihn die Oslo-Vereinbarung nicht
mehr länger existieren werde. Ergänzend fügte er aber
hinzu, dass Israel alle Forderungen akzeptieren müsste,
sollte der diplomatische Weg der einzige sein, den
Aufstand der Palästinenser zu bewältigen.
Das wiederum zeigt zumindest keine generelle Ablehnung von Friedensgesprächen.
Scharon vermied deshalb radikale Äußerungen. Er wollte keinesfalls jene Wähler erschrecken, die aus der politischen Mitte kommen und eine Alternative zu Barak suchen.
Barak, der mit hochgesteckten Erwartungen im Mai
1998 nach einem Erdrutschsieg gegen Netanjahu
Ministerpräsident wurde, kann sich nur den Rückzug der
israelischen Armee aus dem Südlibanon auf seiner
Habenseite verbuchen lassen. Weder ein
Friedensabkommen, mit dem damals noch lebenden
syrischen Präsidenten Hafez Al-Asad, noch ein
abschließendes Abkommen mit den Palästinensern konnte
er verwirklichen.
Aber auch seine links-liberale Anhängerschaft hat sich
aufgrund enttäuschter Friedenshoffnungen und nicht
eingehaltener Versprechen für geplante
Gesellschaftsreformen von ihm abgewandt.
Somit werden sich wahrscheinlich viele Israelis einer
„Weißen-Stimmzettel-Kampagne“
anschließen, die die Wähler zwar auffordert von ihrem
Wahlrecht Gebrauch zu machen, aber ihren Unmut über
die zur Wahl stehenden Kandidaten durch einen
Wahlschein ohne Kreuz auszudrücken.
Von Scharon dürfte in Sachen Friedensprozeß nicht viel
zu erwarten sein und man müsste - so traurig es klingen
mag - zufrieden sein, sollte es bei dem gegenwärtigen
Status bleiben und die Gewalt nicht eskalieren. Die
Wahl Scharons könnte den Palästinensern Anlass genug
sein, eine neue Runde der Gewalt zu starten.
Ehud Barak: http://www.knesset.gov.il/elections01/eindex.html
Ariel Scharon: http://www.knesset.gov.il/elections01/eindex.html