e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 1689 )


Ochsentour - die Kolumne zur Bundestagswahl 2002

Die Ochsentour

Ochsentour, die 12.: Stoiber und seine Feinde (27. Mai 2002)

Autor :  Alexander Wriedt
E-mail: redaktion@e-politik.de

Nach außen gibt sich die CSU geschlossen. Doch im Hintergrund warten die Feinde von Edmund Stoiber auf ihre Chance. Von Alexander Wriedt.


Jetzt wird es eng für Gerhard Schröder.
Die SPD verliert immer mehr an Zuspruch, nur 33 Prozent hätte sie nach der neusten "Spiegel"-Umfrage bekommen, wenn am letzten Sonntag Wahlen gewesen wären. "So schnell, wie die Werte runter gehen, gehen sie auch wieder rauf" sagt Generalsekretär Franz Müntefering.
Doch er weiß, dass das unwahrscheinlich ist, denn die Zahlen der SPD schwanken nicht, sie fallen ins Bodenlose. Verloren ist die Wahl, wenn die Stimmung kippt, egal, wie weit die Genossen am Ende an der Union wieder dran sind.
Wichtigstes Barometer für die Stimmung im Land ist die Beliebtheit der Spitzenkandidaten und da holt Edmund Stoiber kräftig auf. Der Wahlkampfspruch "Kantig. Echt. Erfolgreich." ruft nicht mehr das Bild eines erzkonservativen Aktenwälzers hervor. Statt dessen empfinden die Wähler Stoiber und sein "Kompetenz-Team" als dynamische aber bodenständige Reformertruppe. Und es scheint, als stünde die gesamte Union hinter ihm.

Doch der Schein trügt. Nur nach außen sind die Reihen fest geschlossen. Wer hinter die Kulissen blickt, erkennt schnell, wie unbeliebt der Kandidat in den eigenen Reihen ist. Die Feinde warten auf ihre Chance.
Und von denen hat er eine ganze Reihe. Unvergessen etwa ist der Rauswurf des bayerischen Justizministers Alfred Sauter, der eine der größten Rechtsanwaltskanzleien Münchens betreibt. Im Sommer 1999 wurde bekannt, dass Missmanagement der landeseigenen Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft (LWS) 367 Millionen Mark Verluste eingebracht hat. Am 4. September 1999 rief Stoiber am Mobiltelefon bei Sauter an und entließ ihn. Der kämpfte öffentlich gegen den Ministerpräsidenten, sprach in einem Interview von "doppelten Genickschuss" und von "Menschenopfer". Stoiber rettete sich, indem er Sauter zum Sündenbock erklärte.
Er habe das als "eiskalt" empfunden, sagte er e-politik.de-Autor Sead Husic in einem Gespräch für das Wochenmagazin "Freitag".
Dabei trug der Ministerpräsident einen Großteil der Verantwortung für die desolate Situation der LWS bei. Alfred Sauter, der in der CSU geradezu als genialer Krisenmanager galt, rettete die LWS mehrmals vor Katastrophen.

Erich Riedel, ehemaliger Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, erzählt, Stoiber benutze Menschen, solange sie ihm von nutzen sind. Wenn er glaubt, sie nicht mehr zu brauchen, dann stoße er sie ab.
Auch der ehemalige Finanzminister Theo Waigel ist nicht gut auf Stoiber zu sprechen. Als sich infolge der "Amigo"-Affäre der Rücktritt von Max Streibl als bayerischer Ministerpräsident abzeichnete, wurde schnell klar, wer sich die größten Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz in der Staatskanzlei ausrechnete. Theo Waigel und der Edmund Stoiber, damals bayerischer Innenminister. Plötzlich kamen Gerüchte über amouröse Abenteuer des CSU-Parteichefs Waigel auf. Dem damaligen Vorsitzenden wurden Abtreibungen und uneheliche Kinder nachgesagt. "Bei uns war ein Sprössling schon im Vorschulalter", sagte Uwe Zimmer, Chefredakteur der Abendzeitung.

Zu jener Zeit bot Stoiber bei öffentlichen Auftritten das, was Waigel dem katholischen Bayern nicht bieten konnte: eine glückliche Familie. In der Bildzeitung ließ er sich mit seinen Töchtern Veronica und Constanze abbilden, denn er war "stolz auf seine schönen Töchter." Michael Glos schimpfte: "Hier ist doch mit unglaublichen Verunglimpfungen gearbeitet worden."

Ein anderer, der bei Stoiber in Ungnade gefallen ist, ist Peter Gauweiler. Ihm sind zwar Fragen zum Kanzlerkandidaten unangenehm. Doch sein schwieriges Verhältnis zu Edmund Stoiber verheimlicht er nicht: "Jeder weiß doch, dass bei uns die Fetzen geflogen sind."
Gauweiler kandidiert für ein CSU-Mandat im Bundestag. Trotzdem sagt er: "Was damals mit Sauter geschehen ist, war nicht in Ordnung." Er selbst wolle nicht "weinerlich" sein. Stoiber sei sicherlich ein Mann mit Ellenbogen. Aber gerade was mit Sauter passiert sei, habe Stoiber ja auch selbst als Fehler eingestanden.

Ein Unionsmann: "Stoibers Weg säumen viele Leichen aus der eigenen Partei. Zu viele. Jeder weiß, dass Michael Glos hinter vorgehaltener Hand kein gutes Haar am Unions-Kanzlerkandidaten lässt. Und viele in Stoibers Wahlkampfteam zittern, dass die alten Geschichten wieder nach oben kommen.
Der Theo Waigel könnte den Stoiber mit ein paar Interviews fertig machen." Noch halten die "Parteifreunde" zusammen, denn es geht um die Macht in Berlin. Sollte Stoiber die Wahl jedoch verlieren, dann drohe ihm auch in Bayern der Machtverlust. "Dann steigen die Leichen aus ihren Gräbern und klagen ihren Peiniger an", sagt der Unionsmann.
Zur Zeit sieht es nicht so aus, dass diese Totenruhe gestört werden könnte.



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