e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 872 )


Programm-Kritik

Thomes Maurer und Martin Puntigam

Thomas Maurer und Martin Puntigam: Vier Fäuste für ein Hallelujah

Autor :  Claus von Wagner
E-mail: redaktion@e-politik.de

Weihnachten polarisiert. Dabei wollten Thomas Maurer und Martin Puntigam doch nur einen besinnlichen Festakt begehen. Claus von Wagner hat ihr Kabarettprogramm "Vier Fäuste für ein Halleluja" für e-politik.de bis zum Ende durchgestanden.


Münchener Lach- und Schießgesellschaft. Es ist die Hölle. Thomas Maurer und Martin Puntigam - nach eigenen Angaben Kabarettisten aus Österreich - zelebrieren auf der Bühne ihre ganz persönliche Adventszeit. Schrecklich. In der Pause stapfen ein paar Zuschauer laut schimpfend nach Hause: "Wir haben gedacht, die machen was Schönes zu Weihnachten." Nein. Machen sie nicht. Dafür zersäbeln sie fein säuberlich die festliche (Konsum-)Freude in tausend Einzelteile und machen mit sinnlosen Brauchtumsdiskussionen, irrsinnigen Spendenaufrufen und skurrilen Songs aus Weihnachten ein Schlachtfest.
Lieder übers "Negerkind" oder das Schicksal einer "Geliebten eines Verheirateten am Weihnachtsabend" ersticken dusselige Feststimmung im Keim. Dazwischen Seitenhiebe zur Leitkulturdebatte und Proteste gegen die Unterdrückung des Christkindes. Halleluja.

Ein Indianer kennt keine Pause

Mauerer und Puntigam scheren sich einen Dreck um kabarettistische Konventionen. Auf klassische Pointen wartet man vergebens. Lachen muss man wohl aus Hilflosigkeit. Auch die Pause wird zur Farce. Thomas Maurer bleibt einfach auf der Bühne sitzen: in seinem Norwegerpulli mit Preisschild, einem schlanken Pilsglas an der Seite und liest mit Inbrunst aus dem Roman "Weihnacht" von Karl May.
Sein Kollege Martin Puntigam verkauft derweil selbstgemachten Punsch. Dann ohne Vorwarnung: Ein Lied. Den Text haben sich die beiden (leider) nicht selbst ausgedacht. Das war Martin Wolf, Kolumnist in Österreichs größter Tageszeitung ("Kronen-Zeitung"). Seine Spezialität: Radikal rechtslastige Kommentare in Gedichtform. Maurer singt und Puntigam muss begleiten. Stakkatohaftes Gebrüll und fürchterliche Gitarrenakkorde verschmelzen mit dem Wolf'schen Text zu einem harmonischen Ganzen. Verwirrung im Publikum. Meinen die das Ernst? Todernst. Statt mühevolle Wortspiele zu drechseln, lassen die zwei Österreicher die Dinge für sich selbst sprechen. Ganz ohne Glanzpapier.

Axtmörder

Puntigam und Mauerer zerren jede weihnachtliche Absurdität unnachgiebig auf die Bühne. Wer früher geht hat's entweder nicht verstanden, sich an den gereichten Plätzchen überfressen oder einfach nur die Nase voll.
Mit Tannennadelduft aus der Dose: "Du Martin, da hinten riecht es noch nicht weihnachtlich". Auch den Ohren wird einiges abverlangt. Weihnachtsklänge aus der CD-Abteilung einer Autobahnraststätte foltern Verstand und Trommelfell. Nur gegen Spende gibt's Erlösung. So schnell war der Geldbeutel noch nie leer: Maurer zerstört die CD live und mit Axt gleich auf der Bühne. Da hat man auch als Zuschauer ein gutes Werk getan. Eines unter vielen, denn Puntigam und Maurer exerzieren den vorweihnachtlichen Spendenwahnsinn auf der Bühne nach. Sammeln für Knast-Abonnements der Kronen-Zeitung, für Tiere, die selbst mal Weihnachtsgeschenk waren oder einfach für irgendwas.
Und nach einer zwerchfellerschütternden Lesung aus dem neuesten literarischen Fehlschlag von Hera Lind, kann der Zuschauer auf die Frage: "Ist denn Weihnachten überhaupt noch ein Fest für die Kinder?", nur mehr verzweifelt antworten: Nein, es ist die Hölle.

FAZIT Maurer und Puntigam sind keine Kabarettisten, sondern Spaßterroristen. Anschlag aufs Gemüt nicht ausgeschlossen. Die zwei sind nicht zu stoppen. Maurer schon gar nicht. Verwandelt sich mal eben vom freundlich dreinschauenden Schwiegersohn zum schreienden und nervös nach Worten ringenden Choleriker. Puntigam sitzt schulterzuckend daneben. Nur manchmal sagt er: "Ja, genau." oder: "Das ist wie wenn ma Geschlechtsverkehr hod und an wen anders denkt, den ma a net leiden kann."
Dabei verzieht er keine Miene. Soll der Maurer die Grimassen machen. Einfach, aber wirkungsvoll.

Das Programm selbst ist ein Fest der genialen Einfälle. Mit einer sagenhaften Konsequenz treiben die Burschen aus der Alpenrepublik ihren Bruch mit Konventionen und Althergebrachtem auf die Spitze. Nehmen auf nichts und niemanden Rücksicht. Schon gar nicht auf Weihnachten. Heilig? Von wegen. Das ist Kabarett wie es sein sollte. Jung, aggressiv, irgendwo poetisch und auf hohem Niveau. Ständig bekommt man sein über die Jahre eingefahrenes Kabarettverständnis um die Ohren "gedroschen". Liebgewonnene Gewissheiten zerbröseln unter den Händen der beiden zu Staub. Und während sich das Publikum verwirrt aber glücklich in die kalte Dezembernacht davonschleicht, sitzt Maurer immer noch auf der Bühne und liest Karl May. Ist das nicht der wahre Geist von Weihnachten?

Foto: Copyright liegt bei www.lachundschiess.de




Weiterführende Links:
   Münchner Lach- und Schießgesellschaft: http://www.lachundschiess.de
   Informationen über Martin Puntigam und Thomas Maur: http://www.kabarett.at


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