e-politik.de - Artikel
( Artikel-Nr: 1375 )Kommentar: Gerhard Polt und die Lauda-Toren Autor : Claus von Wagner Ein Satiriker wie Gerhard Polt hat unter seinen "Opfern" normalerweise wenig Freunde. Das macht nichts - das ist sein Beruf. Bei Preisverleihungen jedoch ändert sich das. Claus von Wagner findet aufgesetzten Pathos fragwürdig. Nehmen wir den Jean-Paul-Preis 2001 als Beispiel. Der bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (CSU) etwa zeichnet "nicht den Spassettlmacher und Kabarettisten, nicht den bemerkenswerten Schauspieler und Regisseur, sondern einen ernst zu nehmenden Satiriker und Moralisten unserer Zeit aus." Eine hehre Aussage.
Was wollte der Minister damit ausdrücken? Das jene Spitzfindigkeiten, die Gerhard Polt Tag für Tag auf deutschen Kabarett-Bühnen von sich gibt nichts bedeuten? Das man sich sein Gesamtwerk mal aus großer Höhe betrachten sollte? Damit man den "Moralisten unserer Zeit" erkennen und die lästigen Details übersehen kann? Aber gerade diese Details haben es doch verdient, beachtet zu werden. Denn Polt hat nicht nur ein "Schlaglicht" auf die bayerische Seele geworfen, er hat sie auseinandergenommen, umgekrempelt, den Dreck nach außen gestülpt. Er hat ans Bühnenlicht gebracht, was sonst in kleinen Gemeinden, lokalen Zeitungsredaktionen und an Stammtischen unter Verschluss gehalten wird. Er hat die Partei, der sich ein Hans Zehetmair zugehörig fühlt, immer wieder durch den Fleischwolf gedreht. Er hat ihr - mit Verlaub - ans Bein gepinkelt. Oft und gerne. Er hat sie der Lächerlichkeit preisgegeben, die sie mit ihrem Verhalten provoziert hat. Polt ist kein harmloser Heimatdichter. Im Gegenteil. Er dichtet gegen all diejenigen, die glauben allein diese Heimat repräsentieren und regieren zu können. Dass er dafür von jenen so ernsthaft ausgezeichnet wird, spricht nicht zwangsweise für deren Selbstironie. Gerhard Polt jetzt weihevoll in eine Reihe mit Dürrenmatt oder Botho Strauß zu stellen, wie Hans Zehetmair dies getan hat, spricht eher für eine äußerst selektive Beschäftigung mit dem Werk des bayerischen Grantlhubers. Zehetmairs Rede in der schön gekünstelten Akademie illustriert dies. Statt Ansichten über Polt hören wir eine Vorlesung über den Wandel der Satire in der Zeit. Das Podest auf das Gerhard Polt jetzt gestellt werden soll ist errichtet ohne Fundament. Es wird Polt nicht standhalten. Ha! Grafik: Copyright liegt bei e-politik.de
Zur Dossierübersicht: Gerhard Polt - Das Dossier
E-mail: redaktion@e-politik.de