e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 838 )


Kindertransport

Filmplakat - Kindertransport

Kindertransport - aufwühlende Zeitgeschichte

Autor :  Marius Lechler
E-mail: redaktion@e-politik.de

Eine aufwühlende Dokumentation über ein fast vergessenes Kapitel des Holocausts erzählt Oscar-Preisträger Mark Jonathan Harris in „Kindertransport“. Marius Lechler über einen erschütternden Film.


Sie repräsentieren ein Kapitel der deutschen Geschichte, von dem heute kaum jemand noch weiß: Die 10.000 jüdischen Kinder, die von 1938 bis 1939 von Nazi-Deutschland nach Großbritannien fliehen durften. Die britische Regierung öffnete ihre Grenzen für ein einmaliges Rettungsprojekt: Den „Kindertransport“. Jüdischen Familien wurde für kurze Zeit ermöglicht, ihre Kinder alleine ausreisen zu lassen. Eine furchtbare Last für die Kinder und ihre Eltern, Anlass für menschliche Tragödien und doch die einzige Chance für die jüdischen Kinder, zu überleben.

Die schreckliche Trennung – Einzige Chance zum Überleben

Vor der Abreise blieben uns etwa zwei Wochen. Und in diesen zwei Wochen versuchten meine Eltern, mir all die Ratschläge und Richtlinien mit auf den Weg zu geben, für die sie sich eigentlich ein ganzes Leben vorgenommen hatten“, erinnert sich Eva Hayman, ein Transport-Kind.

Wie Eva Hayman erinnern sich auch andere Überlebende des Holocaust, die damals durch den Kindertransport in ein neues Leben „transportiert“ wurden, an die mitunter schrecklichsten Stunden ihres Lebens. Wenn man z.B. Lory Cahn zuhört, wie sie erzählt, dass sie schon im rettenden Zug saß, aber im letzten Moment von ihrem Vater, der sein kleines Mädchen nicht verlieren wollte, aus dem Abteil gezogen wurde, sitzt die Trauer tief. Lory Cahn überlebte daraufhin 5 Konzentrationslager, unter anderem Theresienstadt und Auschwitz. Bei der Befreiung durch die amerikanischen Trupen wog sie nur noch 26 kg.

Ein neues Leben – doch nicht immer ein gutes Leben

Oft wurden die deutschen „Judenkinder“ von den britischen Pflegefamilien als billige Haushaltshilfen missbraucht, oft konnten sie nicht mit Liebe oder wenigstens Zuneigung rechnen. Wenn ein Kind schon älter war, konnte ihm auch im rettenden Ausland noch furchtbares passieren. Alexander Gordon wurde als „feindlicher Ausländer“ nach Australien deportiert und litt an Bord des Gefangenenschiffes „HMS Dunera“ schreckliche Qualen – ein Skandal der britischen Kriegsgeschichte.
Andere Kinder fanden jedoch ein neues Zuhause im Königreich: Der aus Wien stammende Kurt Fuchel war auf das Zusammentreffen mit seiner Familie, die den Krieg überleben konnte, nicht vorbereitet und so spielten sich dramatische Szenen ab, als er zwischen seinen leiblichen Eltern und seinen Pflegeeltern zu wählen hatte. Ein Konflikt, der wohl schier unvorstellbar ist.

Mit viel Einfühlungsvermögen Unglaubliches zu Tage gefördert

Die Produzentin des Films, Deborah Oppenheimer, deren Mutter selbst zu den Geretteten des Kindertransports gehörte, befragt in „Kindertransport“ Überlebende, die von grausamen Abschieden erzählen, von einem für sie fremden Land, von Erinnerungen an die Eltern und von den schrecklichen Momenten, als sie vom Tod der geliebten Menschen erfahren. Dazwischen immer wieder dokumentarische Bilder von Kindern, die durch den Kindertransport ihr Leben retten konnten.
Bis auf einige Szenen von der Befreiung der Konzentrationslager sieht man so gut wie nichts von den Gräuelbildern des 2. Weltkriegs. Dennoch trifft „Kindertransport“ bis ins Mark und man erfährt erschüttert von Schicksalen, die den wahren Schrecken von Hitlers Judenverfolgung aufzeigen.
Denn die Familien waren es, die auseinandergerissen wurden, die Kinder waren es, die am meisten unter den grausamen Veränderungen zu leiden hatten.

Wenn ein Film die Herzen berühren kann ...

Diese Dokumentation entlässt den Zuschauer völlig getroffen ins Tageslicht außerhalb des Kinosaals und man braucht einige Zeit, um wieder in die Normalität zurückzukehren. „Kindertransport“ – ein wichtiger Film, ein Film, der bewegt und von vielen Menschen gesehen werden sollte – doch gegen die Übermacht der Blockbuster wird diese kleine Dokumentation es wieder einmal eher schwer haben.


„Kindertransport“ (USA 2000)
seit dem 23. November 2000 in den deutschen Kinos
Regie: Mark Jonathan Harris
Produktion: Deborah Oppenheimer
Buch: Mark Jonathan Harris
Kamera: Don Lenzer
Mit:
Senta Berger (Sprecherin)
Länge: 122 min.
Verleih: Warner Bros.




Weiterführende Links:
   Deutsche Homepage zum Film: http://www.kindertransport.de
   The Kindertransport Association: http://www.kindertransport.org


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