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e-politik.de - Artikel
( Artikel-Nr: 1556 )Zeit zum Handeln: Taten statt Worte Autor : Philip Alexander Hiersemenzel Vor allem eines ist auf der 38. Münchener Sicherheitskonferenz deutlich geworden: In Punkto Sicherheitspolitik ist jetzt für die Europäer die Zeit zum Handeln gekommen. Philip Alexander Hiersemenzel kommentiert. Zurecht wurde auf der diesjährigen Sicherheitskonferenz der desolate Zustand der europäischen und gerade der deutschen Streitkräfte kritisiert und das nicht nur von amerikanischer Seite. Aber anstatt etwas zu tun versucht der angeschlagene deutsche Verteidigungsminister der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen. Scharpings Hinweise auf die angeblich so hohen Lasten, die die Europäer trügen, auf die begrenzten militärischen Ambitionen des alten Kontinents und das bisher Erreichte sind teils unseriös, teils am eigentlichen Problem vorbeiargumentiert. Peinliche Lage der Europäer Wie NATO-Generalsekretär Robertson richtigerweise erklärte, verfügen die Europäer nur auf dem Papier über beeindruckende Armeen. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Die Europäer schaffen es kaum die 50.000 auf dem Balkan stationierten Soldaten aufrechtzuerhalten. Auch ist kaum ein europäisches Land ist in der Lage, eine größere Anzahl effektiver Streitkräfte außerhalb der eigenen Grenzen einzusetzen oder gar über Monate oder Jahre zu entsenden. Zu mehr als "zum Alteisen einsammeln in Mazedonien taugt die NATO zur Zeit nicht", war hier dazu zu hören. Das ist zwar polemisch, doch leider im Grunde wahr. Dabei benötigt Europa gerade jetzt die Fähigkeit wirkungsvoll in Konflikte einzugreifen, sie zu beenden oder gar gleich zu verhindern. Und das wissen die europäischen Staatsmänner auch sehr genau. Die sich im Aufbau befindliche EU-Eingreiftruppe ist hier im Prinzip der richtige Weg. Nur leider eben wieder von zu vielen Worten und zu wenig Taten begleitet. Großspurig hatte die EU 1999 auf ihrem Gipfel in Helsinki angegekündigt, die EU-Truppe bis 2003 einsatzfähig zu machen. Doch die Verpflichtungen, die die europäischen Regierungschefs eingingen, werden nur unzureichend erfüllt. Erst im Herbst bestätigte eine NATO-Studie, dass die Europäer die wichtigsten ihrer selbst gesetzten Ziele nicht erreichen werden. Stattdessen benötigt Europa nach wie vor den großen Bruder USA, um bedeutende Operationen zu bewegen, zu kommandieren und mit ausreichend Proviant zu versorgen. Europas Militär ist wie ein altersschwacher, blinder und tauber Gigant, der zudem hinkt. Die Allianz muss fortbestehen Diesen Zustand zu beseitigen liegt im Interesse aller Beteiligten auf beiden Seiten des Atlantiks. Nur wenn Europa in der Lage ist, auch ohne die Amerikaner zu handeln, kann die transatlantische Allianz fortbestehen. Ansonsten wird die Allianz auf lange Sicht politisch wie militärisch zerbrechen. Militärisch, weil die immer größer werdende technologische Schere gemeinsames Handeln praktisch unmöglich machen wird. Politisch aber, weil nur diejenigen, die willens und in der Lage sind zu handeln, auch Einfluss auf die politische Strategie Washingtons haben können. Die Meinung dessen, der nichts beisteuern kann oder will, wird denjenigen, der handeln will oder muss, zunehmend weniger interessieren. Mit katastrophalen Folgen: Die USA würden in Unilateralismus verfallen und auf europäische Befindlichkeiten keine Rücksicht mehr nehmen. Die Europäer würden sich gleichzeitig immer weiter von den USA entfremden. Die Spaltung des Bündnisses wäre einzig eine Frage der Zeit und würde auch für Europa selbst zur Zerreißprobe. Staaten, die wie England kulturell und politisch nahe an Amerika stehen, könnten sich endgültig aus Europa verabschieden und damit einen Prozess der Renationalisierung in ganz Europa einleiten. Die europäische Friedensordnung, die dem Kontinent über 60 Jahre Sicherheit und Wohlstand garantiert hat, wäre perdu. Demonstranten überzeugen Deshalb ist es die entscheidende Aufgabe gerade der deutschen Politiker, diesen Zusammenhang den Menschen zu vermitteln. Stattdessen wählen unsere Politiker aber lieber den einfacheren, scheinbar schmerzfreieren Weg. Dabei gehören Demonstranten, die "Geld für Arbeitsplätze und nicht für den Krieg" fordern, überzeugt und nicht weggesperrt. Überzeugt davon, dass solcherlei Milchmädchenrechnungen nicht aufgehen. Mehr staatliche Intervention in der Wirtschaft schafft keine Arbeitsplätze, sie vernichtet sie. Und geringere Militärausgaben schaffen keinen Frieden, sondern Krieg. Sie schaffen Krieg, weil skrupellose Diktatoren kein Interesse an Frieden haben, sondern nur ein Interesse kennen: mehr Macht und Wohlstand für sich selbst - koste es was es wolle Bild: Copyright liegt bei der NATO
E-mail: redaktion@e-politik.de
Zur Dossierübersicht: Die 38. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik
Weiterführende Links:
Die GASP im Internet: http://ue.eu.int/pesc/home.asp?lang=de
Bericht zum selben Thema: http://www.e-politik.de/beitrag.cfm?beitrag_ID=1550
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